Ein Lehrerleben
Der „alte Vater Born“ vom Neuen Hammer bei Lanzingen

Hamert zwischen Lanzingen und der Rohrmühle
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Lanzingen. Der einzige Hinweis auf einen ehemals durch das Flüsschen Bieber angetriebenen Eisenhammer, zwischen Lanzingen und der Rohrmühle, ist heute nur noch die mundartliche Bezeichnung „Hamert“.

Der Bergbau wurde im Jahre 1494 erstmals in der Gemeinde Bieber erwähnt. Waren es zunächst Silber, Kupfer und Blei die in den Minen abgebaut wurden, so kamen später noch Eisen und Kobalt hinzu. Erst im 18. Jahrhundert entwickelte sich hieraus ein bedeutender und über die Grenzen des Spessarts hinaus bekannter Industriezweig. Dies war sicher auch der Grund für den Bau eines zweiten Bieberer Stabhammerwerkes.

Das neue Stabhammerwerk sollte auf halber Strecke zwischen dem Spessartdorf Lanzingen und der Rohrmühle, direkt an dem Flüsschen Bieber, entstehen. Noch heute hat die Gemarkung mundartlich den Namen „Hamert“, auch wenn nur noch Wohn- und Lagergebäude hinter einem Zaun hier zu sehen sind.

Im Bergarchiv Clausthal befindet sich eine Akte (Quelle:NLA Hannover BaCl Hann. 84e Nr. 1581), die über den Bau des 2. Bieberer Stabhammers bei dem Ort Lanzingen berichtet. Aus den Unterlagen geht u.a. hervor, dass mit dem Bau am 01. Mai 1812 begonnen wurde. In der Akte sind alle Löhne für Handwerkerarbeiten der Zimmerer, Holzfäller, Maurer, Ziegler, Schreiner, Schlosser, Fuhrleute aufgeführt, ebenso wie die Ausgaben für Grabungskosten und den Ankauf von Grundstücken. Die Bauarbeiten waren bereits am 31. Dezember 1812 beendet. Wie aus den Unterlagen weiterhin hervorgeht, wurde der Bau auf Befehl „…ihrer kaiserlichen Hoheit, der Frau Prinzessin Pauline, Prinzessin Borghese, Herzogin von Guastalla…“ ausgeführt (Schwester von Napoleon I., die von 1780-1825 lebte).

Nach gerade einmal 60 Jahren bot das Königliche Hüttenamt in der Aschaffenburger Zeitung vom 20. November 1872 das Eisenhammerwerk bei Lanzingen bereits zum Verkauf an.
                                                         

Als Hammerschmiedemeister war Johann Adam Born auf dem Eisenhammerwerk in Lanzingen tätig. Er war verheiratet mit Katharina geborene Beck aus Bieber, und in den Jahren 1841 bis 1853 wurden dem Ehepaar neun Kinder (4 Söhne und 5 Töchter) hier geboren, darunter auch am 07. Juni 1844 der Sohn Gottlieb Adam Born. Sein Leben schildern uns sowohl die Kirchenbücher der katholischen Kirche St. Johannes Evangelist in Marburg als auch eine Akte des Stadtarchivs Marburg (Quelle: StadtA MR, Marburg 3 C, 4341).

Von Ostern 1850 bis zum Jahre 1858 besuchte Gottlieb Adam Born die katholische Volksschule in Roßbach, um nach einer zweijährigen Vorbereitungszeit das katholische Lehrerseminar in Fulda von 1860 bis 1863 zu besuchen. Am 05. Juni 1863 bestand er hier seine erste Lehrerprüfung und am 27. und 28. September 1866 auch die zweite, praktische Prüfung .

Seinen 3jährigen Militärdienst leistete er vom 16. Oktober 1863 bis 16. Oktober 1866 in Hanau bei der 6. Kompagnie des 2. Kurhessischen Infanterie Regiments (später Infanterie Regiment Nr. 82).

Am 18. Dezember 1865 erhielt er als Lehrergehilfe seine erste Anstellung an der Schule in Somborn, wo er bis zum 15. Januar 1867 tätig war. Seine nächsten Lehrerstationen waren:

- 16. Januar 1867 bis 30. April 1867 Lehrer in Weiperz

- 10. Mai 1867 bis 15. Juni 1869 Lehrer in Pfaffenhausen

- 16. Juni 1869 bis 31. März 1873 Lehrer an der Knabenschule in Bad Orb.

Seine Lehrertätigkeit in Bad Orb wurde von seinem Einsatz während des Deutsch-Französischen Krieges von 1870/71 unterbrochen. Gottlieb Adam Born war vom 21. Juli 1870 bis zum 04. August 1871 bei der 2. Kompagnie des 2. Thüringischen Infanterieregiments Nr. 32 in Meiningen stationiert und nahm an den Schlachten bei

Weißenburg, Wörth, Sedan, Cheteaudun, Digny, Bretorocelles,
                                                 Orlèans und Beaugency

teil. Zum Unteroffizier wurde er am 11. August 1870 befördert und am 22. November 1870 mit dem Eisernen Kreuz 2. Klasse ausgezeichnet. Ein besonderer Tag im Leben des jungen Soldaten Gottlieb Adam Born war sicher der 01. März 1871, da er am Morgen dieses Tages am Einzug der deutschen Truppen in Paris teilnahm.

Im Jahre 1872 bewarb sich Lehrer Born um die Stelle an der katholischen Schule in Marburg, worauf ihm die Königliche Regierung Abteilung für Kirchen- und Schulsachen in Cassel mit ihrem Schreiben vom 15. Januar 1873 mitteilte: „Der 4. Knabenlehrer Gottlieb Adam Born zu Orb wird hierdurch zum Lehrer an der katholischen Schule zu Marburg ernannt. …“ So begann seine Lehrtätigkeit an der katholischen Schule in Marburg am 01. April 1873 (Quelle: StadtA MR, Marburg 3 C, 4341).

In der katholischen Kirche St. Johannes Evangelist in Marburg heiratete Gottlieb Adam Born seine Ehefrau Louise geborene Junk am 14. April 1874, und die drei Kinder: Maria Elisabeth, Karl Gottlieb und Anna Louise, wurden in den Jahren 1874 bis 1888 auch in der Nikolaistraße Haus Nr. 124 in Marburg geboren.

Zu Beginn seiner Tätigkeit an der katholischen Schule in Marburg besuchten 36 Kinder die einklassige Schule. Wie der Artikel des Bonifatiusboten am 14. Juni 1931 berichtet, hat Gottlieb Adam Born mit „zielstrebiger tatkräftiger Förderung“ die Schule so ausgebaut, dass sie von 234 Kindern besucht wurde und insgesamt 6 Lehrkräfte hier tätig waren. Am 02. November 1898 wurde er zum Hauptlehrer ernannt, und nach beinahe 40 jähriger Tätigkeit in Marburg trat Gottlieb Adam Born am 01. April 1912 in den wohlverdienten Ruhestand. Zu seiner Pensionierung wurde ihm der Kronen-Orden 4. Klasse verliehen, der anlässlich der Krönung König Wilhelms I. am 18. Oktober 1861 eingeführt wurde.

Der „rüstige alte Hauptlehrer Born, der Greis mit dem langwallenden silberweißen Vollbart und dem immer gütig-ernsten Blick“ (Zitat aus dem Artikel des Bonifatiusboten vom 14. Juni 1931) verstarb kurz vor seinem 87. Geburtstag am 03. Juni 1931 im Haus in der Nikolaistraße 4 in Marburg/Lahn. Auf der Sterbeurkunde ist die Unterschrift seiner Tochter Anna Louise zu sehen, die ebenfalls als Lehrerin tätig war.

Bürgerreporter:in:

Hans-Christoph Nahrgang aus Kirchhain

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