Historisches Glockengeläut zur Friedberger Zeit
Eine klangvolle Geschichte vom Anfang des 18. Jahrhunderts bis 1917

- Abnehmen der Glocken 1939, aus Verkündbücher
- hochgeladen von Joachim Meyer
Glocken im 18. Jahrhundert
Am Ende des schrecklichen Dreißigjährigen Kriegs stand mit der Stadt auch die Pfarrkirche St. Jakob als Ruine da. Der Wiederaufbau zögerte sich hinaus, auch aus Geldmangel. Selbst Kirchen aus dem Bistum Passau leisteten Beiträge für den Wiederaufbau, der auf den alten, ausgeglühten Fundamenten vollzogen wurde. Weil angeblich die Friedberger das Geläut zum Gottesdienst nicht hören konnten, und auf Betreiben der Friedberger Uhrmacher wurde der Kirchturm auf den ausgebrannten schwachen Fundamenten des alten Turmes 1701 auf die stattliche Höhe von 232 Fuß, etwa 68 Meter, erhöht, „so daß er die Gegend weitum hoch überragte.“ Bald bekam er drei Glocken. „Zwei derselben waren im Jahre 1712 von Johannes Weber zu Augsburg gegossen worden; auf der einen stand: A fvlgvre et tempestate libera nos domine Jesv Christe (Vor Blitz und Ungewitter befreie uns Herr Jesus Christus); an der andern: Ave Maria gratia plena (Gegrüßet seist du Maria, voll der Gnade), das Stadtwappen mit dem Kreuze, darunter: In hoc signo (Unter diesem Zeichen), das Bild Christi darunter: Pater ignosce illis (Vater verzeih ihnen), das Bild der heil. Jakobus mit: S. Iacobe ora pro nobis (Hl. Jakobus, bitte für uns); die dritte, gegossen 1867 von Andreas Schmidt in Augsburg, zeigte Christus am Kreuze sammt den Bildern und Namen der vier Evangelisten.“ (nach Steichele, S. 79 und S. 80)
Läutordnung
Die Läutordnung bestimmte das Läuten der Glocken, zu welchem Anlass sie gemeinsam oder einzeln erklingen, z. B.: Die Ave Maria Glocke und Stundenglocke schlug zur vollen Stunde, vielleicht auch zur Viertelstunde. Der Stundenschlag zeigte die Zeit den Menschen, die keine Uhr besaßen. Sie rief zur Werktagsmesse und zur Messe an abgeschafften Feiertagen und ertönte zum Gebetläuten. Die größere Wetterglocke ertönte zum Ave-Maria-Läuten für einen Verstorbenen, zur Angst und Schiedung Christi und zum Wetterläuten in drei Absätzen.
An Festtagen wurde mit allen Glocken geläutet.
Glockenverluste
Nach dem Kirchturmeinsturz am 2. März 1868 konnten die drei Glocken aus dem Schutt geborgen werden. Sie wurden wiederhergestellt und im Pfarrgarten provisorisch aufgestellt. Sie läuteten zum letzten Mal, als Stadtpfarrer Johannes Schneider am 18. Oktober 1873 am Tag vor der Kirchenweihe das Allerheiligste in die neue Kirche trug. Dann wurden sie eingeschmolzen. Im selben Jahr waren für 93 000 Gulden in der Gießerei Joh. Hermann in Memmingen für die Pfarrkirche vier neue Glocken gegossen worden: die Ave Maria- und Stundenglocke (40 Zentner, Ton C), die Trauerglocke (18 Zentner schwer, Ton E), die Wetterglocke (11 Zentner schwer, Ton G) und die Messglocke (5 Zentner schwer, Ton C). (Steichele, S. 82). Sie erklangen zum ersten Mal am 19. Oktober 1873, dem Kirchweihfest. Im 1. Weltkrieg mussten sie am 26. August 1917 abgenommen werden. Der Friedberger Gemeindebote schrieb am selben Tag: „da pochte die eiserne Gewalt des unseligen Weltkrieges auch an die liebgewonnenen Glocken unserer Stadt und ließ die zwei größten davon kurz vor Kriegsende noch in den Schmelzofen wandern.“ (Friedberger Gemeindebote, 26. August 1917, Heimatverein online).
Text: Gabriele und Dr. Hubert Raab





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