Trauer verarbeiten statt verdrängen

Trauergruppe St. Vinzenz-Hospiz

„Ich habe nicht mehr viele Freunde seit mein Mann gestorben ist. Keiner will mit Krankheit oder gar der Trauer konfrontiert werden. Das passt nicht in unsere Gesellschaft.“ Frau Zauner weiß wovon sie spricht. Vor sechs Monaten hat sie ihren Mann verloren, den sie über einen langen Zeitraum während seiner Krankheit gepflegt hat. Doppelt schwer wiegt der Verlust, wenn in der Trauerzeit niemand da ist, der helfen kann oder möchte.
Frau Zauner findet Trost und Beistand in der Trauergruppe des St. Vinzenz-Hospizes. Maria Neher, die die Gruppe leitet, bietet allen Betroffenen, gleich welcher Konfession, in diesem Rahmen Unterstützung und Begleitung an. Seit vielen Jahren ist sie schon für als Hospizhelferin tätig und hat sich schließlich zusätzlich für die zweijährige Ausbildung zur Trauerbegleiterin entschlossen. „Für die Trauerarbeit ist das Trösten durch Geduld und Zuwendung wichtig, ebenso wie das Zuhören können ohne zu werten, Geduld und die richtige Wahrnehmung.“
Die Teilnehmer der Trauergruppe hatten zum Teil schon während der Sterbephase eines Angehörigen Kontakt zum Hospiz, manche sind aber auch auf anderen Wegen auf das Angebot aufmerksam geworden, das allen Trauernden offen steht. Allen gemeinsam ist, dass sie zum Einstieg in Einzelgesprächen beraten wurden. „Manchmal ist es auch noch zu früh für eine Gruppe. Meist vergehen etwa vier Monate nach dem Todesfall, bis der richtige Zeitpunkt für die Trauerarbeit gekommen ist.“ Genau darin besteht oftmals auch das Problem für die Mitmenschen. „Die richtige Trauer beginnt erst dann, wenn die anderen meinen, dass sie doch schon fast vorbei sein sollte“, erklärt Maria Neher. Aber die Trauer geht andere Wege und durchläuft dabei verschiedene Schritte. Der Verlust eines Angehörigen bedeutet zunächst einen Schock, dann folgt eine Art Chaoszustand. „Erst später wacht man langsam auf und akzeptiert den tatsächlichen Verlust“, beschreiben Betroffene ihre Erfahrungen. „Und erst mit dem Akzeptieren beginnt die richtige Trauer“, erklärt Maria Neher.
Unterstützt wird sie von Lilo Müller, die ebenfalls langjährige Erfahrung als Hospizhelferin mitbringt. „Den Satz ‚Das Leben geht weiter’ hören Trauernde oft, aber das hilft nicht. In der Gruppe können Betroffene langsam wieder Boden unter den Füßen gewinnen. Es sind mehrere da, die Gleiches erfahren haben, und das macht es zumindest ein kleines Stück leichter.“ Nach und nach lernen die Teilnehmer sich wieder an kleinen Dingen zu erfreuen und damit geht das Leben eben doch weiter.
Einmal im Monat trifft sich die Gruppe, die zur Zeit nur aus Teilnehmerinnen besteht. Das ist aber nicht die Regel, denn manchmal sind auch Männer dabei. „Männer trauern anders“, erklärt Maria Neher. „Das hat seinen Ursprung in der Erziehung, denn Männer wurden früher dazu erzogen zu funktionieren und keine Gefühle zu zeigen. Ich kann nur an die jüngere Generation appellieren auch Jungen das Weinen und Trauern zu erlauben.“
Großen Wert legen Lilo Müller und Maria Neher darauf, dass die Gruppe nicht nur ein Kaffeekränzchen ist. Zwar gibt es anfangs zur Auflockerung Kaffee und Kuchen, aber danach wird ein gut vorbereitetes Thema besprochen und bearbeitet. Das Treffen ist durchaus auch keine traurige Veranstaltung. Natürlich fließen hier und da einmal Tränen und Maria Neher besteht darauf, „dass das auch gut ist. Es ist nicht schlimm, wenn jemand weinen muss, denn manches löst sich.“ Aber es darf auch gemeinsam gelacht werden und davon profitieren alle. „Auch Lachen ist in der Trauer möglich, das gehört zusammen“, bestätigt Maria Neher.
Ein weiteres Angebot für Trauernde sind die monatlich abgehaltenen Gedenkgottesdienste für Verstorbene im St. Vinzenz-Hospiz. Schon seit vielen Jahren zelebriert Prälat Dr. Maginot diesen Gottesdienst in der Kapelle des Hospizes. Die Feier wird immer gut angenommen und erfreut sich großer Beteiligung durch Angehörige, Verwandte und Freunde der Verstorbenen, die hier noch einmal Gelegenheit haben, im Gebet der Verstorbenen zu gedenken. Auch das anschließende Beisammensein mit Imbiss wird von vielen Besuchern als wertvoll empfunden. Der nächste Gedenkgottesdienst findet am 5. August 2006 jeweils um 16.00 Uhr im St. Vinzenz-Hospiz in der Nebelhornstraße 25 in Augsburg statt.
Wer Interesse an der Trauergruppe hat oder die Möglichkeit eines Einzelgesprächs wahrnehmen möchte, wird unter der Telefonnummer (0821) 2 61 65 0 Hilfe finden.

myheimat-Team:

Dagmar Weindl aus Friedberg

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