Interview mit Spider Murphy Gang-Sänger Günther Sigl

Spider Murphy Gang beim 'Kille'

WP:
Günther, hast Du vorher schon mal was von Meitingen gehört?

GS:
Nein, erst als es in unserem Tourplan aufgetaucht ist. Ich weiß aber, dass es zwischen Landsberg am Lech und Augsburg sowohl Ober- als auch Untermeitingen gibt, und man die beiden keinesfalls mit Meitingen verwechseln sollte (grinst).

WP:
Trotzdem habt ihr gleich hergefunden?

GS:
Das ist der Vorteil wenn man ein Navigationssystem im Auto hat.

WP:
In einem früheren Interview hast Du gemeint, dass Du lieber „Sandler“ geworden wärst und Barny hätte nichts dagegen gehabt ständig am Ungererbad herum zu gammeln. Was hat Euch denn von all dem abgehalten?

GS:
Der Erfolg. Das haben wir aber trotzdem alles Ende der 60er und 70er gemacht. An den Wochenenden haben wir in Ami-Kasernen gespielt, und unter der Woche konnte man uns dann am Ungererbad oder im Sommer an der Isar finden.

WP:
Und im Winter?

GS:
Da sitzt man dann in den Kneipen rum… Nein, im Ernst: Im Proberaum haben wir natürlich schon auch geübt.

WP:
Du hast eigentlich Bankkaufmann gelernt,…

GS:
Ja, aber das war mir dann doch etwas zu fad’. Dann kam mir der Gedanke Musik zu machen. Der Gedanke wich dann grenzenlosem Enthusiasmus. Anfangs war es nicht einfach Geld damit zu verdienen. Da musste man noch nebenher als Ausfahrer oder Lagerarbeiter jobben. Was man halt so als Bankkaufmann macht (lacht).

WP:
Denkst Du Bands in der heutigen Zeit haben es leichter Auftritte zu bekommen?

GS:
Als ich in den 60ern angefangen habe, da war es echt super. Da kam gerade die Beatzeit auf, und in jeder Kneipe hat eine Band gespielt, und jeder hat eine Band gegründet. Man hat mit einer Wandergitarre angefangen und später zwei Tonabnehmer dran gebastelt. Wir hatten noch über’s Radio gespielt. Einfach einen Bananenstecker eingestöpselt und Papa’s Radio ruiniert. Wir hatten zu unserem Jubiläum die Sportfreunde Stiller aus München dabei. Eine ganz junge Band. Bei denen ist es auch nicht anders. Auch die haben ihren Übungsraum irgendwo in einem Keller. Heutzutage gibt es eher diese „Hallenkultur“. Früher wurde mehr in Kneipen gespielt. Wir sind mit unserem Rock’N’Roll in die Münchener Jazzkneipe mehr oder weniger reingeplatzt. In Schwabing gibt’s gerade noch das Schwabinger Podium, das war’s dann aber auch schon mit spielbaren Lokalitäten.

WP:
Nächstes Jahr habt ihr 30jähriges Bandjubiläum. Mit welchen Überraschungen können die Fans rechnen?

GS:
Wir wollen eine Jubiläumstour durch München machen. Zwei Konzerte im Zirkus Krone mit Gästen und dann vielleicht noch Unplugged im Prinzregenten Theater oder im Deutschen Theater. Eventuell noch ein Konzert im Hofbräuhaus, denn die alten Wirthäuser haben ja meist auch alle einen Saal mit dabei. Wir wollen in den Münchener Traditionshäusern spielen. Der Löwenbräukeller ist auch noch angedacht.

WP:
Wie ist Euer Verhältnis zur Münchener Schickeria?

GS:
Ich habe letztens in der Münchener Beilage der Süddeutschen Zeitung gelesen, wer denn so angesagt ist als Partygast in der Münchener Schickeria. Ich bin natürlich nicht dabei. Früher war’s halt so, dass man schon bei den Türstehern abgewiesen worden ist.

WP:
Wurde man später als SMG-Frontmann eher reingelassen?

GS:
Später dann schon, ja ja. Gerade nach unseren Konzerten hat man uns sogar eingeladen. Da wollte man sich halt auch etwas mit Prominenz schmücken. Aber ich reiß mich da nicht drum. Erstens bin ich eh kaum noch in der Münchener Szene unterwegs und zweitens geh’ ich ja auch schon stark auf die 60 zu (grinst). Da wird man ruhiger.

WP:
Hat die SMG eigentlich Werbeverträge mit der Sexindustrie? Die Frage drängt sich nämlich auf wenn man sich einige Texte durchliest. Bei „Skandal im Sperrbezirk“ geht’s um Telefonsex, bei „Große blaue Augen“ um Pornozeitschriften, „Ich schau Dich an“ handelt von Peepshows, „Wo bist Du“ von Partnervermittlung, usw… Für damalige Zeiten ja eher Tabu-Themen.

GS:
Sex ist gerade für junge Männer sehr wohl ein Thema. Das hat mich schon immer beschäftigt. Ich bin in Landsberg in die katholische Knabenschule gegangen, dann habe ich meine Jugend in Karlsruhe verbracht, da hatte ich auch keine Mädchen in der Klasse, und später in der Handelsschule waren auch nur Jungen. Wäre ich nicht mit meinen beiden Schwestern aufgewachsen, hätte ich gar nicht gewusst wie’s überhaupt ausschaut in der Welt. Nein, ich habe immer aktuelle Themen in München aufgegriffen. Als der Stadtrat nach Stuttgart gefahren ist, um ein kommunales Puff zu inspizieren, ob das auch für München in Frage käme. Und ob „Skandal im Sperrbezirk“ oder die „Schickeria“… Damals kamen die ersten Peepshows groß raus. Das alles habe ich beobachtet. Ich bin eigentlich ein Chronist der Stadt. Früher waren es die Barden, heute beäugen die Künstler das Sozialleben kritisch.

WP:
Gab es oder gibt es die Rosi aus „Skandal im Sperrbezirk“ eigentlich wirklich?

GS:
Komischerweise gibt es viele Rosis in diesem Metier. Wahrscheinlich ist es ein guter Name. Die haben ja meistens Künstlernamen die Damen - „Künstlernamen die Damen“, ich glaub da mache ich jetzt auch einen Song draus (scherzend). Nein. Der Name hat sich einfach angeboten. Rosi, ruf’ mich an.

WP:
Die „32-16-8“ habt ihr aber nicht von jemandem geklaut, den ihr nicht mögt, in der Hoffnung, dass derjenige keine ruhige Minute mehr hat, oder?

GS:
In München gibt’s die Nummer nicht, das haben wir vorher überprüft. Aber in kleineren Städten schon. Was zur Folge hatte, dass wir einige Nummernänderungen bezahlt haben und ein paar älteren Damen Blumensträuße zugeschickt haben. Wir wussten ja nicht, dass es ein bundesweiter Hit wird. Es musste sich halt auf „…die ganze Nacht“ reimen. Also stand die Acht schon mal fest. Und dann wurde nach vorne einfach verdoppelt. Also: 16 und dann 32. So einfach war das.

WP:
Ihr habt Eure Platten sogar in Spanien, Brasilien und Japan verkauft. Habt ihr dort auch getourt?

GS:
Wir sind nie über den deutschsprachigen Raum hinaus gekommen. „Peep, Peep“ hat sich in Brasilien sehr gut verkauft, weil das bei denen eine bestimmte Bedeutung hat.

WP:
Deutsche Texte und Deutschrock sind im Moment mehr im Kommen denn je. Gibt’s eine aktuelle Band, die Du hörst?

GS:
Die härteren Sachen, wie Rammstein oder die Böhsen Onkelz, bekomme ich eher über meinen Sohn mit. Ansonsten finde ich die Sportfreunde Stiller, Juli und Tokio Hotel ganz gut. Es ist ja toll wenn die ganz jungen Bands so rauskommen. Die Beatles waren ja auch total jung. Es ist schon fast eine zweite Neue Deutsche Welle.

WP:
Wenn man, wie ihr, aus München kommt, ist man garantiert Fußball-Fan. Fragt sich nur ob FC oder 60er?

GS:
Wir sind fast alle FC Bayern Fans. Wir haben ja bei den Champions-League-Finalen in Barcelona und Mailand unter anderem vor 30.000 Bayern-Fans gespielt. Das war schon ein tolles Erlebnis für uns, als die alle bei „Skandal im Sperrbezirk“ und „Schickeria“ mitgesungen haben. Aber auch den 60ern drücken wir die Daumen, dass sie nicht absteigen müssen. Klar fiebert man mit den Münchener Vereinen mit.

WP:
Die Fußball-WM steht vor der Tür. Hast Du Karten?

GS:
Nein, ich habe an keiner Verlosung teilgenommen, also auch keine Karte. Wenn ich noch für das Eröffnungsspiel oder das Finale welche bekommen würde wäre das toll. Aber ich hab’ keine Ahnung wo oder wie man jetzt noch an Karten rankommt. Ich könnte vielleicht schon irgendwelche Kanäle auftun, aber das ist mir alles zu blöd. Ich schau’s mir lieber daheim im Fernsehen an, oder mit Freunden in der Kneipe. Das macht genauso viel Spaß.

WP:
Wie sieht Dein Wunschfinale aus?

GS:
Wieder Deutschland gegen Brasilien. Wäre schon gut wenn die Deutschen bis in’s Finale kämen, sonst ist für uns ja die Spannung raus. Aber ob sie diesmal wieder so viel Glück haben...?

Bürgerreporter:in:

Wolfgang Prokoph aus Meitingen

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