Fotorecht: Wenn Italiener und Schweizer sich in Köln streiten

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Leider gibt es in Europa und der Welt die unterschiedlichsten Regeln zum Urheberrecht. Die ersten Ausflüge ins Fotorecht auf meinen MyHeimat-Seiten drehten sich dann auch um die Frage, inwieweit MyHeimatler eigentlich auf der sicheren Seite sind, wenn sie Fotos posten, die zwar nach deutschem Recht zulässig, aber möglicherweise nach den Gesetzen anderer Länder rechtswidrig sind. Es wurde gefragt, ob nicht urplötzlich eine Klageschrift von einem ausländischen Gericht im Briefkasten landen könnte.

Was für uns MyHeimatler damals noch eine theoretische Frage war, ist nun einem Schweizer passiert. Er bekam Gerichtspost aus Köln, obwohl er doch in der Schweiz ein Foto gepostet hatte, wegen den ein Italiener sich in seinem Urheberrecht verletzt sah.

Weshalb der Rechtsstreit nun vor einem deutschen Gericht ausgetragen wurde und nicht vor einem italienischen oder Schweizer Gerichtshof lässt sich aus dem Urteil nicht erkennen. Offenbar erschien dem Kläger das deutsche Recht am günstigsten für seine Ansprüche. Die Begründung, weshalb deutsche Gerichte bemüht wurden, ist relativ simpel:  das beanstandete Bild war auch in Deutschland per Internet aufrufbar.

Dieser Umstand genügte für das Landgericht Köln bereits, um unseren Schweizer wegen Verletzung des deutschen Urheberrechts verurteilen zu können. Daneben enthält die Entscheidung der 14. Zivilkammer allerdings noch weitere Ausführungen zum Fotorecht, die von allgemeinem Interesse sein dürften und eine Urteilsbesprechung rechtfertigen.  Aber erst einmal der Reihe nach.

Unser Schweizer ist ein Heilpraktiker, der auch in der Schweiz ansässig ist und dort seine Dienste anbietet. Er unterhält eine Webseite, auf der er seine Leistungen beschreibt und bewirbt. Unglücklicherweise postete er auf seiner Webseite auch ein Foto, welches der Italiener aufgenommen hatte.

Das Recht, zu Schadenersatz verurteilen zu können, leitete das Landgericht aus dem Umstand ab, dass die Webseite des Schweizer Heilpraktiker auch in Deutschland gelesen werden kann: „Es liegt … eine Verletzung des wegen des Territorialitätsprinzips vom Gericht nur anwendbaren deutschen Urheberrechts vor. Die Webseite des Klägers ist in deutscher Sprache verfasst. Sie adressiert damit grundsätzlich das gesamte deutschsprachige Publikum. Die Leistungen des Klägers sind auch nicht derart stationär und auf die Schweiz beschränkt, sodass auszuschließen ist, dass deutsche Internetnutzer die Webseite besuchen. Hinzu kommt, dass die konkrete Verletzung im Rahmen eines Blogs geschehen ist. Der Blog enthält offenbar Meditationstexte. Diese Inhalte sind ggf. auch für Internetnutzer aus Deutschland interessant. Ein ausreichender Inlandsbezug … liegt deshalb vor. Der Umstand, dass der Beklagte Italiener ist und in Italien seinen Wohnsitz hat, nicht aber in Deutschland, ist ebenso unerheblich wie der Umstand, dass der Kläger Schweizer mit Wohnsitz in der Schweiz ist. Die Entstehung von Rechten nach deutschem Urheberrecht ist nicht vom Wohnsitz oder Tätigkeitsgebiet des Urhebers abhängig“, heißt es in dem Urteil.

Es ist bestimmt nicht auszuschließen, dass auch Gerichte anderer Staaten ihre Zuständigkeit beja-hen, wenn dort Klage wegen der Veröffentlichung von Fotos erhoben und Schadenersatz wegen Urheberrechtsverstößen geltend gemacht wird. Wer also etwa einen Handy-Schnappschuss vom abendlich erleuchteten Eifelturm (die Lichtinstallation gilt als Kunstwerk) in Deutschland postet, könnte deshalb möglicherweise Ärger mit der französischen Justiz bekommen. Auch wenn eine Veröffentlichung in Deutschland völlig legal ist, es reicht vermutlich – nimm man die Gründe des Kölner Gerichts als Maßstab - aus, wenn die Webseite auch für Franzosen interessant ist.

Außer dieser doch etwas beunruhigenden Auslegung des sogenannten „Territorialitätsprinzips“ im Urheberrecht enthält das Urteil des Landgerichts Köln aber auch lesenswerte Ausführungen zu anderen Fragen des Fotorechts.

So setzten sich die Richter mit dem Unterschied zwischen einfachem Lichtbild und einem Lichtbild-werk auseinander.

„Eine Fotografie erreicht … den Schutz als Lichtbildwerk, wenn sie das Ergebnis der eigenen geistigen Schöpfung ihres Urhebers darstellt“, heißt es, auf Qualität oder Ästhetik kommt es nicht an. „Dies bedeutet, dass es eines besonderen Maßes an schöpferischer Gestaltung definitiv nicht bedarf und damit letztendlich auch durchschnittliche und unterdurchschnittliche fotografische Gestaltungen als Lichtbildwerke Schutz genießen, sofern eine unterscheidbare Gestaltung vorliegt und ein anderer Fotograf das Foto möglicherweise anders gestaltet hätte, also den Blickwinkel, den Ausschnitt oder die Beleuchtung anders gewählt, einen anderen Geschehensmo-ment festgehalten, die abgebildeten Personen anders gruppiert oder das Foto zu einem anderen Zeitpunkt aufgenommen hätte." Die Kammer des Landgerichts hatte deshalb keine Zweifel an einer eigenen geistigen Schöpfung des italienischen Fotografen. "Das Kriterium der persönlichen Schöpfung schließt nur Zufallsfotografien vom urheberrechtlichen Schutz aus. Individualität einer Fotografie liegt danach immer dann vor, wenn sie eine Aussage enthält, die auf Gestaltung beruht."

Den Schadenersatz berechnete der Fotograf nach einer von ihm selbst erstellten Preisliste. Er konnte allerdings nicht beweisen, dass er tatsächlich seine Fotos zu diesen Preisen verkauft. „Der bloße Verweis auf die Veröffentlichung einer Preisliste genügt dafür nicht. Insoweit hätte der Beklagte Rechnungen oder andere Nachweise der tatsächlich erfolgten Abrechnung nach dieser Preisliste vortragen und ggf. beweisen müssen“, meinen die Kölner Richter und schätzten den Schaden „unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls nach freier Überzeugung“ auf 500 Euro.

LG Köln 14. Urteil vom 20. Mai 2021 - Aktenzeichen: 14 O 167/20

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Bürgerreporter:in:

Jens Schade aus Hannover-Döhren-Wülfel-Mittelfeld

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