Verschwundene Mühlen im Westen Hannovers: Eine schaurige Sage rankt sich um die Ricklinger Mordmühle

Gedenksteine für zwei hannoversche Wassermühlen am Fußgängertunnel zum Friederikenplatz.
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  • Gedenksteine für zwei hannoversche Wassermühlen am Fußgängertunnel zum Friederikenplatz.
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Limmer ǀ Mitte ǀ Die Mühlen klappern schon lange nicht mehr am rauschenden (Ihme-)Bach. Mühlenromantik ist im Westen Hannovers längst passé. Nur noch in Wettbergen, Linden und Ahlem gibt es ehemaligen Windmühlen, wenn auch alle ohne Flügel und als Wohnung oder (Linden) als Gaststätte genutzt. Früher aber war das Müllerhandwerk von Ricklingen bis nach Limmer verbreitet. An der Ihme drehten sich Wasserräder und an der Leine knarrten mächtigen Mühlenflügel im Wind. Und manchmal lassen sich sogar noch letzte Spuren einstiger Mühlen finden.

Von der Ricklinger Mordmühle wird eine grausige Sage erzählt. Die Ihme trieb vor langer Zeit ein Mühlrad an, da, wo später die Landwehrschänke an der Göttinger Chaussee entstehen sollte. Dort soll, so flüsterten sich die alten Ricklinger zu, während des 30jährigen Krieges der Müllerssohn eines Tages mit einem Haufen Rauf- und Trunkenbolde gefeiert haben. Als am nächsten Morgen Bauern ihr Korn zum Mahlen brachten, fanden sie den Müller und seine Frau erschlagen in ihrem Blute liegen. Der missratene Sohn und seine Kumpane aber waren verschwunden. Seit diesen Tagen kümmerte sich niemand mehr um die Wassermühle und das Haus verfiel. Eine andere Legende weiß zu berichten, dass in der Mühle während der Hildesheimer Stiftsfehde (1519 und 1523) einst ein Herzog ermordet wurde.

Der frühere Stadtarchivar und Heimatforscher Helmut Zimmermann betrachtete beide Sagen mit Skepsis. „Der Name Mordmühle ist viel älter“, sagte er mir. Die Mühle ist mehrmals zwischen 1330 und 1704 in Urkunden erwähnt. Nach dieser Zeit muss sie eingegangen sein. Zimmermann damals: „Auf einer Karte aus dem Jahre 1722 ist sie jedenfalls nicht mehr eingezeichnet.“

Über ein Jahrhundert später sollten sich in Ricklingen dann wieder Mahlsteine drehen. An der Bauernwiese wurde 1875 eine neue Wassermühle erbaut. Sie war indes nur sechs Jahre lang in Betrieb. Aber noch lange danach rauschte die Ihme über die Reste des ehemaligen Mühlenwehres.

Eine lange Tradition hat die Müllerei in Limmer. Der große Windmühlenhügel am Ende der Straße Ratswiese erzählt davon. Hier am Leineufer drehten sich die Flügel einer hölzernen Bockwindmühle. Im Historischen Museum Hannover wird ein Gemälde aufbewahrt, dass diese Mühle darstellt. Der Maler E. Frederich hielt anno 1853 König Georg V. bei einem Ausflug auf der Leinwand fest und malte im Hintergrund auch die Limmer Mühle.

Diese in den Jahren 1784/85 erbaute Mühle war der Schlusspunkt einer langen Entwicklung. Der Mühlenforscher Wilhelm Kleeberg fand heraus, dass schon 1342 in Urkunden zwischen Limmer und dem verschollenen Dorf Erder ein „Mühlenwinkel“ erwähnt wurde. Später trieb der Wind eine Mühle an der heutigen Gabelung der Straßen Weiderstraße und Franz-Nause-Straße an.

Die Mühlenromantik endete in Limmer 1890. Damals verkaufte der Müller Konrad Fehrensen sein Mahlwerk an der Leine. Die Mühle wurde in Osterwald wieder aufgebaut und dort 1924 durch einen Sturm zerstört.

Was Ricklingen und Limmer recht ist, war den alten Hannover schon lange billig. „Aus Urkunden und Chroniken gewinnt man den Eindruck, als würde an dem nur 600 Meter langen Abschnitt zwischen Karmarsch- und Goethestraße eine Mühle neben der anderen gelegen haben“, beschrieb Helmut Zimmermann Alt-Hannover mühlenmäßig. Das wohl älteste Mahlwerk an der Leine war die Klickmühle. 1226 taucht sie als „molondinum hoinovere“ auf, erst 1896/97 wird sie abgebrochen. Drei Kornmühlen gehörten zu dieser Anlage. Neben den weiteren Mahlwerken der Danzelmühle, der Lohmühle, der Pulvermühle und der Stapelmühle durchfloss die Leine auch die Brückmühle. Eine Fliegerbombe zerstörte 1943 das Gebäude der Brückmühle, 1950 wurde die Ruine dann abgebrochen.

Später ergänzten Bockwindmühlen die Reihe der Wasserräder an der Leine. Um 1580 entstand ein hölzernes Windkraftwerk auf dem Himmelreich, 1676 folgte der Bau einer weiteren Windmühle in der Calenberger Neustadt. Von der ganzen Mühlenpracht ist wenig geblieben: Nur zwei Gedenksteine am Fußgängertunnel zum Friederikenplatz erinnern an die Renovierung der Brückmühle 1670 und der Klickmühle 1612.

Weitere Berichte zu Mühlen in Hannover:

Mühlen im Norden von Hannover Die Mühlen im Osten Hannovers

Und hier habe ich über die Mühlen im Süden von Hannover berichtet - bitte klicken

Gedenksteine für zwei hannoversche Wassermühlen am Fußgängertunnel zum Friederikenplatz.
An der Bauernwiese mit den Resten vom ehemaligen Mühlenwehr.
Bürgerreporter:in:

Jens Schade aus Hannover-Döhren-Wülfel-Mittelfeld

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