Gibt es eine Hannoversche Schweiz?

Kaum zu glauben. Das ist nicht in der Schweiz, sondern tatsächlich auf Hannovers höchstem Berg. Dort wird kräftig ins Horn geblasen.
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  • Kaum zu glauben. Das ist nicht in der Schweiz, sondern tatsächlich auf Hannovers höchstem Berg. Dort wird kräftig ins Horn geblasen.
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Es gibt eine echte Schweiz, eine Sächsische Schweiz, eine Fränkische Schweiz und eine Rühler Schweiz an der Weser. Ja, sogar unweit der Ostsee, man glaubt es kaum, gibt es die Holsteinische Schweiz. Fast überall gibt es irgendwo eine Schweiz. Doch gibt es auch eine Hannoversche Schweiz? Nein, die gibt es nicht. Jedenfalls ist mir das nicht bekannt. Unsere Landeshauptstadt liegt zwar im norddeutschen Flachland. Trotzdem gibt es im Stadtgebiet Berge, und das mag vielleicht so manchen Hannoveraner überraschen. Da gibt es zum Beispiel den Schneiderberg in der Nordstadt. Er wird wohl nicht viel mehr als fünf Meter hoch sein. An seinem Fuß steht allerdings nicht das Denkmal des Erstbesteigers, sondern das eines Bäckers, der durch seinen Einsatz einst die herrliche Herrenhäuser Lindenallee vor der Abholzung bewahrt hat. In Kirchrode gibt es einen namenlosen Berg, dessen Hang sich von den feuchten Mardalwiesen zur Kaiser-Wilhelm-Straße mit ihren feudalen Villen hinaufzieht. Der ist schon ein ganzes Stück höher. Mancher Radfahrer kommt dort ins Schwitzen, und die Straßenbahn nach Anderten muss sich schon ordentlich ins Zeug legen, um seine Höhe zu erklimmen. Ob man diese Erhöhungen allerdings als Berg bezeichnen kann, darüber lässt sich natürlich trefflich streiten.
Doch nun kommen wir zu den richtigen Bergen. Da ist zum Einen der Lindener Berg. Er verfehlt die Hundert-Meter-Marke nur um ganze 11 Meter und erhebt sich immerhin stolze 40 Meter über das umliegende Stadtniveaue. Das ist schon beachtlich, und so mancher Radfahrer muss sein Gefährt da schon schieben. Doch einen Nachteil hat der Lindener Berg. Von seinem Gipfel ist die Aussicht miserabel. Nur einen winzigen Panoramaausschnitt hat man Richtung Deister. Und das ist irgendwie ärgerlich, erwartet man doch von einem Berg einen unbegrenzten Blick ins weite Land. Einzig und allein die Sternengucker, die sich bei klarem Wetter jeden Donnerstagabend auf dem Wasserbehälter treffen, haben einen guten Blick, wenn sie zu fremden Welten hinaufschauen.
Anders ist das hingegen bei der stillgelegten, begrünten Müllkippe in Altwarmbüchen, die tatsächlich locker die Hundert-Meter-Marke knackt. Von diesem Gipfel ist die Aussicht neben dem Gipfelkreuz äußerst eindrucksvoll. Man blickt zwar nicht, wie es ein Wegweiser auf der Höhe anzeigt, bis zur Zugspitze und bis zum Watzman, und bis zum Kilimandscharo schon gar nicht. Doch immerhin auf die blaue Fläche des Altwarmbüchener Sees, den Telemax, die City und bis zum Deister hin. Und ein Gipfelkreuz wie auf den Alpengipfeln gibt es auch. Doch auch dieser wirkliche Berg hat einen Nachteil: Nur ein einziges Mal im Jahr kann man ihn schweißtreibend besteigen, nämlich am Entdeckertag. Und das ist äußerst schade.
Noch ein ganzes Stück weiter südlich liegt der Kronsberg. Und damit sind wir beim Höhepunkt der hannoverschen Berglandschaft angekommen, denn der erfüllt locker die Kriterien von freier Aussicht und jederzeitiger Besteigung. Vom Gipfelkreuz auf der höchsten Stelle des Exposchutts an der Wülferoder Straße, wo selbst die lebende Bergsteigerlegende Reinhold Messner zweimal gestanden hat, und immerhin stolze 118,2 Meter hoch - wenn auch drei Meter und 72 Zentimeter niedriger als die Müllkippe - kann man ganzjährig in die Runde schauen. Man überblickt, zwar nicht aus der Nähe, so doch aber ganz Hannover. Man erkennt die Kalihalde von Bokeloh am Steinhuder Meer und die von Hänigsen Richtung Celle. Man sieht noch höhere Berge: Den Benther Berg, den Gehrdener Berg, den langgezogenen Deister und viele Gipfel des Weser- und des Leineberglandes. Das ist schon großartig. Und dann kann man bei einigermaßen klarer Sicht noch einen Berg ausmachen, der sage und schreibe über tausend Meter hoch ist. Das ist gewaltig, und das ist natürlich der Brocken, der alle anderen Harzberge weit überragt. Wow!
Etwas Kurioses hat so mancher hannoversche Berg allerdings an sich. Als wir neulich mit unserem Besuch aus dem bergigeren Thüringen vor der weiten Feldfläche des Kronsberges standen, fragte uns dieser doch tatsächlich, wo denn überhaupt ein Berg sei. Wir versuchten es ihm verständlich zu machen. Aber wirklich verstand er es nicht. Doch für einen Hannoveraner ist der Kronsberg eindeutig ein Berg, kann man doch mit geübten Blick nun wirklich flach ansteigende Hänge wahrnehmen. Deswegen bin ich der Meinung, dass unsere Berglandschaft, auch wenn es anderswo höhere Berge gibt, schon irgendwie den Namen Hannoversche Schweiz verdient hätte. Und ich denke, dass mir da die meisten Hannoveraner uneingeschränkt zustimmen würden.

P. S.
Falls ich einen Berg vergessen habe, bitte ich um Mitteilung. Nicht immer gehe ich mit offenen Augen durch die Stadt, und manche Berge sind als solche auch für mich nicht erkennbar. Und nicht alles was auch Berg heißt, ist wirklich einer. So konnte ich zum Beispiel am Nackenberg in Kleefeld keinerlei Erhöhungen feststellen. Oder täusche ich mich da etwa?

Bürgerreporter:in:

Kurt Wolter aus Hannover-Bemerode-Kirchrode-Wülferode

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