Das Freibad von Friedrichsdorf

Am Freibad von Friedrichsdorf
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Am 26.4.2025 bot die Stadt Friedrichsdorf zwei Führungen zur Technik im Freibad an. Die Führungen waren sehr interessant. Drei Mitarbeiter der Stadt berichteten über unterschiedliche Themen zum Freibadbetrieb. Dabei konnte man vieles lernen, was man beim Baden nicht mitbekommt.

Beim ersten Teil der Führung ging es um das Becken und seinen Inhalt.

Das Becken wird im Frühling mit Wasser befüllt. Das geht natürlich nicht so schnell wie beim Gartenteich, da im Becken sehr viel Wasser drin ist. Das Wasser kommt übers Trinkwassernetz und muss vor der Eröffnung erst einmal bearbeitet werden. Es ist nämlich in jedem Falle deutlich zu kühl zum Baden und könnte eine Temperatur von 8 Grad Celsius haben. Das Aufheizen übernimmt zum großen Teil eine Gasheizung. Eine kleine Unterstützung bieten Solarfelder auf dem südlichen Gebäude.
Daneben muss das Wasser mit verschiedenen Stoffen versetzt werden, um die gesetzlichen Anforderungen an Badewasser zu erfüllen. Diese Anforderungen sind höher als bei Trinkwasser. Bestimmte Keime dürfen beispielsweise im Trinkwasser in kleinen Mengen vorhanden sein, im Badewasser aber gar nicht. Beim Versetzen des Wassers mit Zusatzstoffen ist zudem zu beachten, dass die Inhaltsstoffe je nach Quelle variieren können. Das Wasser fürs Freibad kann je nach aktuellem Angebot von unterschiedlichen Bezugsquellen stammen.

Vor der Aufnahme des Badbetriebs ist zudem eine Überprüfung der Wasserqualität durchs Gesundheitsamt nötig. Man braucht also eine gewisse Vorlaufzeit, bis das Wasser zum Baden bereit ist. Eine spontane Vorverlegung des Eröffnungstermins wegen tollen Badewetters ist damit ausgeschlossen.

Während des Badebetriebs ist die Zufuhr von Frischwasser vorgeschrieben. Mindestens 30 Liter pro Badegast und Tag müssen es im Durchschnitt sein. An Tagen mit hohem Besucheraufkommen kann in der Regel nicht die errechnete Frischwassermenge zugeführt werden. Diese muss dann über mehrere Tage gestreckt werden.

Nach der Badesaison bleibt das Wasser im Becken. Ins Wasser werden spezielle Zusätze gegeben, um beispielsweise Kalkränder durch verdunstendes Wasser zu verhindern. An den Rändern werden teilweise flüssigkeitsgefüllte Kunststoffteile eingesetzt, die Schäden am Becken durch eine sich ausdehnende Eisfläche verhindern sollen, indem sie dem Druck des Eises nachgeben.

Erst im nächsten Jahr wird das Wasser abgelassen. Ein positiver Effekt davon ist, dass die Kanäle, durch die das Wasser fließt, gut durchgespült werden. Nach dem Ablassen können Arbeiten durchgeführt werden, die ein leeres Becken erfordern.

Das Becken sollte aber nicht länger als acht Wochen leer sein, da in dieser Zeit die Wände einseitig durch einen Druck von außen belastet werden. Bei gefülltem Becken sorgt das Wasser für den entsprechenden Gegendruck von der anderen Seite.

Manche Veränderungen im Schwimmbad werden wegen Änderungen von Vorschriften nötig. So mussten beispielsweise die Abdeckungen der Überlaufrinne an den Ausstiegen gelb gefärbt werden, als die Verpflichung zu so einer Kennzeichnung eingeführt wurde. Die Schilder für die Angabe der Beckentiefe mussten ausgetauscht werden, als nur noch die genaue Tiefe beim Schild angegeben werden durfte und kein Bereich aus maximaler und minimaler Tiefe.

Unsinnige Vorschriften für Schwimmbäder können übrigens auch gravierende Einschränkungen zur Folge haben. Beim Freibad von Biedenkopf musste wegen einer wirklich blödsinnigen Vorschrift der 3-Meter-Turm abgebaut werden. Bei einer Kontrolle wurde nämlich festgestellt, dass durch Umbauten am Becken die Wassertiefe beim Sprungturm statt der erforderlichen 3,5 Meter nur noch 3,45 Meter betrug. Das hätte man nur durch eine aufwändige Erhöhung des Beckenrandes korrigieren können. Hingegen hätte eine Verkleinerung des Sprungturms das Problem nicht beheben können, da die Mindesttiefe von 3,5 Metern schon beim Überschreiten der Höhe von einem Meter gilt. Wahrscheinlich wollten sich die Gesetzgeber nicht mit der für eine sinnvolle Vorschrift nötigen Mathematik beschäftigen.

An den Sprungtürmen in Friedrichsdorf finden sich gelblich gefärbte matte Plexiglasscheiben. Diese waren mal durchsichtig. Durch Umwelteinflüsse wie die UV-Strahlung haben sie jedoch im Laufe der Zeit ihre Durchsichtigkeit verloren.

Ein weiterer Teil der Führung beschäftigte sich mit den Grünanlagen. Diese brauchen wie alles im Freibad viel Pflege und sollen nicht nur zur Verschönerung, sondern auch als Biotope dienen, damit beispielsweise auch in Zukunft noch Hirschkäfer auf dem Schwimmbadgelände leben. Auch der Klimawandel ist zu beachten: Beim Ersetzen von Bäumen müssen Arten verwendet werden, die heißere Sommer überleben können.

Für die jüngeren Besucher gibt es hinter der Sprunganlage einen kleinen Naschgarten, in dem Pflanzen wie Erdbeeren mit essbaren Früchten wachsen. Wer Erdbeeren mag, findet aber auch sehr kräftige Pflanzen in Töpfen im Eingangsbereich.

Der größte Teil der Führung fand in den tiefer gelegenen Räumen für die Technik statt. Der Zugang befindet sich zwischen dem Schwimmbad und den angrenzenden Wohnblocks. Große Teile der Technik stammen noch aus der Zeit des großen Umbaus Ende der 80er Jahre. Natürlich ist auch die Elektronisierung und Digitalisierung nicht am Freibad vorbeigegangen, wie ein Blick in Schaltschränke oder auf Messgeräte zeigt. Ein Beispiel für Modernisierung sind die Pumpen, welche früher nur zwei Betriebsmodi hatten, nämlich Anlaufen und Volllast, was beim Betrieb mit Drehstrom durch Stern- und Dreiecksschaltung möglich ist. Dadurch wurde unnötig Energie verbraucht. Bei den heutigen Pumpen kann die Drehzahl durch Veränderung der Frequenz des Stroms geregelt werden. Damit muss die Pumpe nur die gerade benötigte Leistung erbringen. Ein weiterer Vorteil der neuen Pumpen besteht darin, dass sie durch das Beckenwasser gekühlt werden. Das führt die Abwärme nicht nur gut ab, sondern sorgt auch noch für eine Erwärmung des Wassers.

Es gibt einige kleinere Pumpen, die zur Zuführung von hypochloriger Säure (HOCl) zum Beckenwasser dienen und nur wenige Jahre halten. An anderer Stelle finden sich mehrere recht leistungsfähige Pumpen zum Umwälzen des Beckenwassers. Die verwendeten Modelle der Firma "Herborner Pumpen" sollen sehr robust sein und eine gute Beschichtung haben, an der sich kein Rost bildet. In den Pumpen befindet sich ein grober Filter, der die größeren im Wasser treibenden Teile abfischt. Beim Öffnen eines solchen Filters fanden sich dort viele Pflanzenteile, aber auch Folienstücke oder ein Stück Klebeband hatten es bis in den Filter geschafft. Es gibt eine noch etwas stärkere Pumpe, die für Wasserspiele im Aktionsbecken genutzt wird.

Das Chlor für die Chlorierung des Wassers kann in verschiedenen Formen bereitgestellt werden. Es gibt Chlorgranulat, welches zwar praktisch ist, aber den großen Nachteil hat, dass sehr große Mengen benötigt werden, für die im Freibad kein Platz ist. Man kann Chlor in den üblich Druckflaschen beziehen. Von denen müssten sehr viele bereitstehen, weil der Verbrauch zu hoch ist. Stattdessen hat man zwei richtige Große Chlorbehälter, die etwa für zwei Wochen reichen. Sobald ein Behälter leer ist, wird dieser ausgewechselt, damit immer Chlor zur Verfügung steht.

Beim Einbringen des Chlors entstehen hypochloriger Säure und Salzsäure. Letztere stellt ein Problem dar, da sie viele Materialien angreift. Außerdem gast sie aus und kann damit viele Anlagenteile rosten lassen. Um die Salzsäure zu neutralsieren, wird Marmorkies verwendet.

Zum Filtern des Wassers dienen einige sehr große Behälter, die beim Umbau des Freibads über die noch offene Decke eingehoben wurden. Wenn diese mal ausgetauscht werden müssen, wird das aufwändig.

Im Aktionsbecken gibt es eine Sprudelanlage, bei der Luft von unten ins Becken geblasen wird, damit es schön sprudelt. Wegen des großen Energieverbrauchs ist sie aber nicht dauerhaft, sondern nur zeitweise eingeschaltet. Die Sprudelanlage war viele Jahre nicht in Betrieb, weil sie defektt war und man sie vergessen hatte. Die vorletzte Winterpause ist für die Reparatur genutzt worden, sodass Freibadbesucher sich wieder an dem Blubbern erfreuen können.

Die fürs Schwimmbad nötige Ausbildung ist nicht einfach, da zahlreiche Fachgebiete abzudecken sind. Diese erstrecken sich von der Wartung und Reparatur der Technik bis zur Betreuung der Besucher. Bei der Prüfung fällt die Hälfte der Auszubildenden durch. Bei verkürzter Ausbildungszeit liegt die Durchfallquote sogar bei 80 Prozent. Den Mitarbeitern im Freibad scheint der Job aber wirklich Spaß zu machen.

Für die Betreuung der Technik muss man zudem eine gewisse Leidenschaft mitbringen. Während der Führung herrschte eine angenehme Temperatur bei der Technik. Im Sommer ist das nicht so, da soll es dort ziemlich warm in Kombination mit einer hohen Luftfeuchte sein.

Das Freibad in Friedrichsdorf schließt in der Regel um 20 Uhr. Das Becken wird natürlich schon rechtzeitig vorher geräumt, so dass die mögliche Badezeit in der Praxis etwas kürzer ist. Dank dieser Öffnungszeiten haben auch diejenigen, die ihren Arbeitsplatz nicht schon am frühen Nachmittag verlassen können, auch noch eine gute Gelegenheit zum Baden nach der Arbeit.

Viele Menschen fragen sich, wozu die jährlich zweimal stattfindenden Zeitumstellungen dienen. Das Freidbad liefert eine Antwort: Damit man auch im August noch schön bis 20 Uhr Baden kann. Ohne die vorgestellten Uhren wäre es gegen Ende der Saison nämlich schon zu früh dunkel. Hinzu kommt, dass es sich insbesondere im Spätsommer beim Sonnenuntergang stark abkühlt. Da ist es gut, wenn die Sonne etwas später untergeht. Zumal an den späteren Augusttagen die Sonne schon vor Ende der Badezeit so tief steht, dass große Teile der Anlage im Schatten liegen. Dann kann man sich nicht mehr auf einer Bank in der Sonne aufwärmen. Sommerzeit fürs ganze Jahr wäre auch nicht praktisch, da es in der Zeit rund um den Jahreswechsel erst sehr spät hell würde.

Das Freibad bietet nicht nur Abkühlung in den wärmer werdenden Sommern, sondern hat auch eine wichtige soziale Funktion. Beim Baden können sich Bürger aller Generationen treffen.

Links
Im Hallenbad von Oberursel: https://www.myheimat.de/oberursel/c-freizeit/das-taunabad-in-oberursel_a2703605
Im Hallenbad von Stadtallendorf vor dem Umbau: https://www.myheimat.de/stadtallendorf/c-sport/im-stadtallendorfer-hallenbad-zum-letzten-mal_a2668893
Im Hallenbad von Stadtallendorf nach dem Umbau: https://www.myheimat.de/stadtallendorf/c-sport/eroeffnung-alldomare_a2808544

Der Trimmpark von Friedrichsdorf: https://www.myheimat.de/friedrichsdorf/c-sport/der-trimmpark-von-friedrichsdorf_a3136277

Bürgerreporter:in:

Sören-Helge Zaschke aus Stadtallendorf

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