Polen abseits der Europameisterschaft: Josef Hulka ,der Allrounder

Der Josef mit dem Teufel und dem Stern
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Freitag, 8.Juni 2012, ein Vorort von Kyviec, ganz im Süden Polens, Eröffnungsspiel der Europameisterschaft: Polen gegen Griechenland. Zu Gast bei Josef Hulka

Der Fernseher bleibt aus. Ein passiv konsumierender Fusssballfan ist der Josef wirklich nicht. Ganz im Gegenteil: Der Josef ist Aktiver. Trotz der 86 Jahre die er nun auf dem Buckel hat ist er rund um die Uhr sprühend voller Ideen und immer aktiv. Josef ist ein Macher!
Wo Josef ist, ist immer was los. Da wird Geschichte neu geschrieben.
Josef gestaltet die Geschichte. Josef Hulka ist Allroundkünstler.

Soeben ist er hinter die kleine Architekturbühne gekrochen, in deren Hinterraum die Geburt Christi mit kunstvoll geschnitzten Figuren nach gebaut ist. Josef hat alles selber gemacht: Den imposanten Architekturaufbau im Stil der orthodoxen Kirchenburgen, die mit polnischen Miniaturtrachten bekleideten Figürchen von Maria und Josef und die vielfältige Inneneinrichtung der Bühne. Eine Bühne? Ja, denn Josef hat durch einen Schlitz im Boden soeben die Figuren der heiligen drei Könige mit dem Stern in die Szene hineingeschoben.

Von diesen Sternen hat der Josef schon viele ganz große richtig zum Herumtragen gebastelt. Die können mit Kerzen beleuchtet die Sternsinger an Epiphanias von Haus zu Haus begleiten.
Und diese Sterne haben in der Mitte eine Aufhängung, damit man den beleuchteten Stern auch drehen kann. Und worauf der Josef jetzt aber besonders stolz ist: Auch die kleine Krippe mit ihren Figuren wird so in der Mitte aufgehängt, dass man sie immer noch gerade hängend sehen kann, auch wenn sich der ganze Stern dreht. Dafür sorgt ein Gewicht im unteren Teil der Figurengruppe. Darauf muß man mal drauf kommen.

Vor lauter Staunen habe ich ganz vergessen, dass die Heiligen drei Könige vom Josef längst durch die Hirten mit Ihren Schafen ersetzt wurden und ein Engel ist auch noch gerade mit in der Szene erschienen. Mit flinker Hand bewegt Josef alle Figuren schnell mehrfach quer durch das Architekturstück. Auch der Turon tritt auf, die phantastische Figur der Habergeiss, wie man im Bayrischen dazu sagt, deren Figur wohl noch auf dionysische Kulte oder die Mithrasverehrung zurückgeht, deren Funktion beim fasnächtlichen Bettelgang aber war, die Wurst vom Wirtshaustisch zu stibitzen. Jetzt wird’s aber spannend. Josef frohlockt schon hörbar juchzend hinter der Kulisse, als er den König Herodes und den römischen Statthalter Pilatus durch den Schlitz in die Bühne hineinschiebt. Denn kaum haben sich beide erst ein wenig im Raum um gesehen, kommt schon grollend – man hört wieder den Josef - der Tod mit in die Szene, der mit gekonntem Sensenhieb beide hinweg mäht. Josef hat gleich so stark aus geholt, dass dem Herodes der Kopf von der Bühne rollt und auf den Holzboden klackert. Den braucht er jetzt auch nicht mehr, denn schon erscheint der Teufel, der ihn mit seinem Dreizack vehement von der Bühne schiebt. Aus is, gor is !! Applaus!! Der Josef kommt strahlend hinter der Bühne hervorgekrabbelt. Die Gerechtigkeit hat gesiegt!
Gleich geht es schon weiter, Josef braucht keine Pause:
Stolz präsentiert er uns jetzt die gleichen Schauspieler – jetzt aber als Maske.
Josef kann alles. Der Turon, den er hoch bis an die Decke hält, klappert bissig und verärgert mit dem Unterkiefer, den Josef über ein Schnürchen auf und zu bewegt. Wenn man deren Kopf an einer langen Stange durchs Wirtshausfenster streckte, konnten die Kinder draussen im Schnee durch Ziehen der Schnur schnelle Beute machen. Auch der bleiche Tod als kantige Holzmaske und der rotgesichtige Teufel mit den Kuhhörnern wurde vom Josef schon mehrfach und immer wieder geschnitzt, weil man diese Masken für den Faschings-umzug als Vorboten für die Passionszeit genauso braucht wie auch den König Herodes, den Pilatus mit der römischen Hakennase und die Rabbiner mit ihren Backenbärten.
Josef ist Allrounder. Seit seine Frau vor 3 Jahren verstorben ist, malt Josef auch noch die Motive der Hinterglasbilder, wie sie (auch sie war Künstlerin) es ihm bei gebracht hat.
Schnitzen hat er aber schon immer gekonnt. Ob es jetzt die Kerbschnittmuster sind, mit denen er seine Kästchen und Tabletts verziert oder diese großen Feldkreuze, ob es die kleinen aber kompakten ausdrucksstarken Heiligen sind, die von den Touristen so gerne gekauft werden.
Josef hat schon alles mal gemacht und das immer verlässlich und gut.
Auch ein Buch hat er schon geschrieben, das er jetzt für uns signiert: „Moje Zyeie“ Das heisst auf polnisch natürlich: Mein Leben (ISBN 978-83-926705-5-1)
Schreiben ist im nicht ganz so leicht gefallen wie alles andere und so schaut er uns beim Signieren auch so ein bisschen unsicher von unten her an. Was soll ich da reinschreiben?
Aber gleich strahlt er wieder, wenn man ihn hier ein wenig berät.
Und das sieht man diesem glücklich lachenden Gesicht, das trotz aller Falten eher jung als alt wirkt, wirklich an: Arbeiten hat Josef Hulka immer Spass gemacht.

Bürgerreporter:in:

Haus der Kulturen michael stöhr aus Diedorf

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