Aufstöberung einer uralten Göttin: Frau Perchta

Doppelmaske der Perchta
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„Wenn´D jetzt net folgscht ,dann kummt heutnu di Percht, Bule !“

Das hat dann geholfen, obwohl man als Kind ja gar nicht wußte, wer denn jetzt diese Percht überhaupt war .
Bei uns im Schwäbischen war es dann wohl eher der Knecht Rupprecht, der pelzig dunkle Gesell, der „rauhe Percht“, der den Nikolaus begleitete.
Dort droben in den hohen Alpentälern aber, im Salzburgischen, im Ennstal und Rauris da kannten die Kinder wohl schon noch diesen Brauch, in der die Frau Perchta die Hauptrolle spielte.
Gleich nach Weihnachten hies es dann, gar kräftig und fein säuberlich den Boden schrubben , die Stub´n auskehr´n und die Betten aus schütteln und so allerhand andere Plackerei in Haus und Hof, damit´s auch alles recht wird, bis dann kurz vor Epiphanias die edle Frau in ihrer Bettlerkleidung plötzlich mal am späten Abend an der Stubentür geklopft hat und tief gebückt , zielstrebig aber ganz mucksmäuschen still von Zimmer zu Zimmer geschlichen ist, überall hineingerochen und -geschaut hat, den Kopf hin und herwiegend wie im Zweifel und dann gleich wieder hinaus in den tiefen Schnee.
Vorher hat sie noch dreimal auf den Boden das Kreuz gezeichnet mit ihrer Rute, eine dunkle kleine Gestalt, die sich dann gleich wieder ohne Aufschub und Rast geschäftig aber mühsam ihren Weg durch das Dunkel bahnte und bald selber wieder zum Dunkel wurde vielleicht auf dem Weg zum nächsten Nachbarn. Ehrfürchtig haben ihr dort die Eltern nach geschaut und waren´s zufrieden.

Die Frau Percht , woher war sie gekommen, wohin so schnell wieder verschwunden. Manchmal haben dann die Kinder dann aber auch ein paar Äpfel, Mandeln oder Dörrpflaumen auf der Bank draußen vor dem Haus vor gefunden, wenn sie wieder weg war.
Die Eltern haben erzählt, daß dort im Rauris die Percht mit einer großen Schere herumliefe und ,wenn man nicht richtig sauber gemacht hätte, dann würde sie einem den Bauch auf schneiden und den ganzen Kehrricht vom alten Jahr da in den Bauch hinein stopfen.
Kein Wunder, wenn´s den Kindern da schon ein wenig gruselte. Auch nicht ,wenn man da an den Lostagen nach Weihnachten ein wenig ins Grübeln kam, ob man denn im alten Jahr alles richtig gemacht hatte.
War alles richtig bestellt, würde die Percht schon dafür sorgen, daß auf den Feldern das Korn im nächsten Frühjahr bald wieder an keimen würde und auch in den Ställen für Nachwuchs gesorgt wäre.
Sie war schon eine seltsame Frau, weil man ihr ja auch keine Fragen hätte stellen können, so schweigsam ,wie sie sich jedesmal gab. Vielleicht mal ein leises Schniefen oder bestätigendes Schnaufen, das war es auch schon an Zustimmung. Es heist ja: „Net gschimpft is eh gnug globt.“
Es hies ja auch, die Perchta hätte es schon immer gegeben noch vor dem Christentum, sie sei die alte Muttergöttin, zu der die heidnischen Bauern früher gebetet hätten.
Zweigesichtig sei sie so wie der römische Janus, der ja auch seinen Namen auf den Jahresbeginn, den Januar weitergegeben hätte. Obwohl ja noch keiner ihr jemals ins Gesicht gesehen hatte, das da im Dunkeln unter ihrem gebückten Haupt verborgen war, sagte man, daß diese gebrechliche Alte auch ein Gesicht besäße mit fröhlichen jungen und leuchtenden Augen und von großer Schönheit.
Die alte Göttin in ihrer hässlichen Gestalt im Winter erschiene auch manchmal im Frühjahr als junges wunderschönes Mädchen, das flink über die Almwiesen springe, die daraufhin voll frischer bunter Blumen ständen.
Die jungen Burschen in Südtirol , die hätten geschworen, daß sie es dieser Frühlingselfe gleichtun wollten und so sprangen sie hoch hinauf hüpfend in langer Reihe fröhlich und blumenbekränzt von Alm zu Alm und Hütte zu Hütte. Es hieß, je höher diese „Blumari“ im Val floriana und Val natisone sprängen, desto höher würde auch im nächsten Sommer das Getreide stehen.

So brächte die Percht im Frühling das Licht, die Sonne ,die Fruchtbarkeit und das Leben. Im Winter aber war sie zur Natur grausam und quälte alle mit Hunger und Krankheit. Für viele brachte sie aber auch die Erlösung vom Leiden und nahm sie auf unter ihrer stillen weissen Decke.

Doch woher wollten den die Almbauern das alles so wissen und es so für gegeben hinnehmen?

Es ist von Südtirol nicht mehr gar so weit nach Italien und über Slovenien und Kroatien auch nicht nach Griechenland.
In der Zeit der Antike gab es nur eine kurze Wegstunde weg von Athen einen Heiligen Ort: Eleysis.
Dort huldigte man der alten Göttin Demeter, der Ährengöttin, der Göttin der fruchtbaren Felder , die in vielen Kulturen des Mittelmeerraumes als Muttergöttin auch unter ganz vielen anderen Namen und als kleine vollbusige Steinfigürchen, als Idole verehrt wurde.
Auch ihrer Tochter Persephone wird dort Verehrung zuteil.
Springt Persephone mit fröhlichem Lachen über die Felder ,wachsen Blumen und das Korn gedeit..
Die jugendliche Göttin war von solcher Schönheit, daß der Gott der Unterwelt Hades sie in sein Reich entführte. Die Felder verdorren und die Naturverliert ihr ganzes Leben. Verzweifelt machte sich Demeter auf die Suche von Dorf zu Dorf verkleidet als alte gebückte Frau, immer auf der Suche, immer schweigsam, um sich nicht als Göttin zu verraten.
Nach unzähligen Jahren dauernder Suche kommt sie in die Unterwelt und ringt Hades das Versprechen ab, Persephone wenigstens für ein halbes Jahr jährlich auf die Erde zu lassen, damit die Natur dort sich wieder erholen und Früchte treiben kann.
Bei den eleysischen Mysterien wurde durch heilige Spiele und Umzüge Demeter und Persephone gehuldigt und durch die Aufführungen, der jährliche Lebensrythmus in Gang gehalten.

Eine Verballhornung und Verschleifung von Persephone ins slawisch einfachere Perchta wäre denkbar, ein Weiterleben des alten Kultes im Norden des Heilgtums in den Staaten des alten Balkans nach der Einführung des Christentums als Staatsreligion genauso wahrscheinlich wie die Verteufelung der heidnisch dionysischen Satyrn . Pan mit dem Bocksfuß und den Ziegenhörnern stammt aus diesen anderen Mysterienfeiern, die ebenso wie der Mitraskult vom Christentum werbungswirksam und pragmatisch verdrängt wurde.

Alte Feiertage wurden wie beim MenschärgereDichnicht-Spiel durch christliche Feiertage überlagert. Die "Heiligen Tage" der Kulte, für die der Jahreslauf und davon abhängig natürlich der Sonnenstand, die Sonnenleistung und die Fruchtbarkeit der Felder eine wichtige Rolle spielt: Winter- und Sommersonnwende mit Weihnachten und Johannistag, die Tage der Tag- und Nachtgleichen im Herbst und Frühjahr mit all den zu christlichen Feiertagen umgemünzten Fruchtbarkeitsfeiern: Ostern, Fronleichnam, Mariensverkündigung verschwanden im Laufe der Jahrhunderte.

Der in Hinsicht auf die Zahl seiner Anhänger dem Christentum überlegene Mitras-sonnenkult römischer Soldaten, dionysische und eleusinische Mysterien, denen man seinerzeit in Rom wegen ihrer Wiedergeburts- oder Auferstehungsversprechen sicherlich gleiche Zukunftschancen zugestehen konnte, wurden ab Konstantin einfach allmählich aus gehungert.
Kleine Reste wie der Perchtenbrauch wurden isoliert und unverstanden weiterhin geduldet.

So ersetzt heutzutage die Hexe Bephana (von Ephinias) abgeleitet in Südtirol und Italien die Perchta. Wie St. Nikolaus kommt sie in die Häuser um die Kinder auf ihre Bibelfestigkeit zu prüfen und dementsprechend zu belohnen oder zu bestrafen.
Der romantisierender Erzählung nach soll sie den Besuch der Hirten am Weihnachtstag verschlafen haben und so erst mit den heiligen drei Königen zu Epiphanias an der krippe erschienen sein.
Ob Perchta sich von Bephana und Bephana sich aus einer der unbedeutenden sabinischen Göttinen (Strenua) ableiten lässt (Wikipedia), scheint eher ganz unwahrscheinlich.

Bürgerreporter:in:

Maskenmuseum Michael Stöhr aus Diedorf

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