“Dond datsch a raning süstem“

Dond datsch a raning süstem“
hat mir über die ábgewandte Schulter hinweg der schwarz verschleierte Mann zugeflüstert, der bei 60 Grad im Schatten unter unserem Auto lag und nun verzweifelt versuchte, ohne weiteres Werkzeug den Keilriemen wieder über die Antriebsscheibe der Lichtmaschine zu drehen, nachdem ich beim Selber Reparieren eines kleinen Loches im Kühler, aus dem Wasser getropft war, diesen abmontiert hatte, um besser hin zu kommen. Natürlich war mir der Mutternschlüssel abgebrochen, mitten drin hier in der Wüste.
“Dond datsch a raning süstem“
Das klang gut: Sicher Arabisch oder gar Targi, die Sprache der in tief schwarzblaue Gewänder gekleideten Tuareg im Norden Malis.
Wer täglich mit der Wüste um´s Überleben, um jeden Schluck Wasser kämpfen muß, hat sich und seinem Volk sicher eine Menge wichtiger Lebensweisheiten bewahrt.
“Dond datsch a raning süstem“, was das wohl heißen mochte? Vielleicht: „Nur wer am Abend einen klaren Blick auf das gewonnen hat, was der Sand und die flirrende Sonne des Tages vernebelt, kann seinem Weg folgen“, oder gar: „Wer zu ungestüm in die Wüste hineinläuft (hineinfährt), schießt über seine Möglichkeiten hinaus und geht im ewigen Sand verloren“ oder gar bezogen auf unseren kleinen Wasserverlust: „ Eher findet man in der Wüste ein Wasserloch als ein kluges Pferd( auf unser Auto bezogen)“
Die Weisheiten der Weisen unter den Armen der Welt, die Überlebensstrategien in den ungünstigsten Situationen entwickelt hatten, hatten uns (meine immer mitreisende Frau und mich) immer wieder verblüfft und zum genauen Mithören und Mitschreiben bei den abendlichen Gesprächen mit den Ältesten der Outdoor-zivilisationen angeregt.
Wie langweilig dagegen waren die Gespräche zu Hause über den neu angeschafften schnelleren Computer, die Spielekonsole mit der besseren Graphikkarte, das Auto mit der neuen Polychromlackierung und den blinkenden Lämpchen am Anzeigenbrett. Was war da so besonderes dran: ich glaube, ich hatte wirklich nicht aufgepasst. Wie hoch war da noch gleich der Kilojoulewert, den der neue Bauchfettwegtrainer bei den Nachbarn auf zu weisen hatte, wie teuer oder billig war die Stunde im Fitnessstudio gegenüber? Ab welchem Zeitpunkt machte sich der Erhalt eines Neuwagens auf Leasingbasis nicht mehr sinnvoll bezahlbar? Ab welchem Reibungsverlust sollte man das Integralzahnrad beim Mountainbike am besten aus wechseln oder sich aus Rentabilitätsgründen gleich ein Fahrrad der neuen Generation zulegen? Meine Gedanken waren abgeschweift. Und ich saß hinter dem Steuer unseres verrosteten Landrovers oder was immer das für ein Fahrzeug war, hatte soeben in den bisher reibungslosen Ablauf eines Keilriemens eingegriffen – unnötigerweise, wie sich ja heraus gestellt hatte : Der alte Karren lief ja vorzüglich!.....und sinnierte über die Weisheit des so schönen Targisprichwortes:
“Dond datsch a raning süstem“,

Bürgerreporter:in:

Haus der Kulturen michael stöhr aus Diedorf

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