Der alte Vita-Parcours von Angersbach

Die ersten Vita-Parcours endeten mit einem Sprung in die Grube. Diese Übung wurde aber nach kurzer Zeit durch ein Balanciergerät ersetzt. In Angersbach fand sich im Jahr 2020 noch das Originalschild zur alten Übung.
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  • Die ersten Vita-Parcours endeten mit einem Sprung in die Grube. Diese Übung wurde aber nach kurzer Zeit durch ein Balanciergerät ersetzt. In Angersbach fand sich im Jahr 2020 noch das Originalschild zur alten Übung.
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Vor etwa 50 Jahren wurde im Wald südlich von Angersbach ein Trimmpfad angelegt. Von diesem ist heute nicht mehr viel übrig - aber bei der verbliebenen Ausstattung findet man auch extrem seltene Raritäten.

Verlauf
In OpenStreetMap sind verschiedene Wege im Wald bei Angersbach erfasst worden. Dabei handelt es sich vorwiegend um Strecken für Mountain-Biker (z.B. Retro MTB, Freeride MTB), aber es wurde auch ein Trimm-Dich-Pfad eingezeichnet. Der eingezeichnete Verlauf deckt sich aber nicht komplett mit den Fundstellen der alten Trimmstationen.

Der Trimmpfad liegt in einem Waldgebiet östlich der Rudloser Straße. Um dorthin zu kommen, kann man der Saarstraße bis zum Ende und dann den bergauf führenden Wegen bis zum Waldrand folgen. Ein gut ausgebauter Wirtschaftsweg führt in den Wald hinein. Nach einem kurzen Stück zweigt rechts ein in den Boden eingeschnittener Weg ein. An diesem befinden sich zwei Rampen, mit deren Hilfe die Mountain-Biker über den Weg springen können. Ein auf der anderen Seite befindlicher Baum wurde gepolstert, um vom Weg abgekommene Fahrer vor einem harten Aufprall zu schützen. Rechts gegenüber der Rampe befindet sich ein Schild zur Übung 19 des alten Vita-Parcours. Das Schild ist nicht mehr in bestem Zusdtand, da es ausgeblichen und unten etwas abgebrochen ist. Zudem ist es von irgendeinem pubertärem Jugendlichen mit einem Feuerzeug bearbeitet worden, um überdimensionale Penisse in die Grafik einzubauen. Zur Übung werden Holzstücke benötigt, die aber hier nicht vorhanden sind.

In Sichtweite sind schon die nächsten beiden Schilder vom Trimmpfad, welche zu den Übungen 3 und 4 gehören. Das Schild für Übung 3 (Tiefes Kniewippen mit Armschwingen vorwärts) hängt an einer Kiefer abseits des Weges. Vor dem Schild ist eine zugewachsene Wegetrasse zu erkennen. Das Schild zur Übung 4 hingegen hängt am Rande des bei Übung 19 beginnenden Weges. Beide Schilder sind auch schon recht stark ausgeblichen.

Im weiteren Verlauf findet man auch die Schilder der Übungen 5 und 7 am Wegesrand. Bei Übung 7 hatte sich so viel Schmutz auf dem Schild abgelagert, dass die Übungshinweise kaum noch erkennbar waren. Eine Ausnahme war der untere Bereich, wo schon jemand einen Teil der Verschmutzung abgekratzt hatte. Nach einer Reinigung zeigt sich das Schild jedoch in gutem Zustand, auch wenn im unteren Bereich der Grafik eine Bruchstelle ist.

Nach Übung 7 war bei dem Besuch des Trimmpfads erst einmal eine Überquerung oder Umgehung einer umgestürzten Fichte nötig. Dahinter befindet sich das einzige noch benutzbare Trimmgerät vom Vita-Parcours. Von den ursprünglich zwei Klimmzugstangen ist aber nur noch eine vorhanden, und beim Schild mit der Übung fehlt der untere Teil mit den Wiederholungsangaben. Der mittlere Pfosten des Geräts ist am Boden an einer Metallschiene mit zwei großen Schrauben befestigt, die man auch zum Festschrauben von Eisenbahnschienen verwenden könnte.

Nach Station 8 macht der Trimmpfad erst einmal eine Biegung um 180 Grad um einen Erdwall. Nach rechts geht ein Weg zum Ortsrand ab, welcher dort als Rentner-Pfad ausgeschildert ist.

Station 9 liegt recht nahe an Station 8, ist aber nicht mehr nutzbar. Vom Trimmgerät für die Übung "Flanke über Hindernis" stehen nur noch zwei Pfosten. Das Schild an der Station hingegen befindet sich noch in sehr gutem Zustand.

Danach verläuft der Trimmpfad entlang eines nach rechts abfallenden Hangs. Hinter zwei über dem Weg liegenden Bäumen, unter denen man bequem durchgehen kann, ist die Position von Station 10. Von dieser sind aber nur noch zwei Betonfundamente im Boden übrig, in welchen früher das Trimmgerät stand.

Weitere Reste vom Trimmpfad finden sich erst einmal nicht. Man kann spekulieren, ob ein Baumstamm oder zwei Holzklötze am Wegesrand zum Trimmen an den Positionen früherer Stationen hinterlassen wurden.

Möglicherweise verlief der Trimmpfad nun nach links an der Grenze zwischen Laub- und Nadelwald. Bis zur nächsten Kreuzung finden sich keine weiteren Spuren. Vor der Kreuzung befindet sich aber links ein mit Farbe übersprühter Wegweiser. Man kann hier einer Mountain-Bike-Trasse folgen und findet zwischen den Bäumen Station 15 (In Stütz springen). Das Übungsschild ist gut erhalten und wie bei Station 9 kaum ausgeblichen, aber das Gerät ist marode und nicht mehr nutzbar.

Der wirkliche Verlauf des Trimmpfads lässt sich hier nicht mehr nachvollziehen. Der nächste Wegweiser hängt so, dass man ihn von der Montain-Bike-Strecke aus nicht sehen kann. Er ist noch gut erhalten.

Ein Stück weiter lagen Teile vom Schild zur Übung 2 zwischen irgendwelchen Holzresten. Allerdings fehlten einige Stücke. Es ließ sich nicht mehr nachvollziehen, wo das Schild einmal befestigt war.

Auf dem Weg zur am Anfang gefundenen Rampe findet sich noch das Schild zur Übung 20 - Sprung in Grube. Das Schild ist schon ausgeblichen. Es lässt sich nicht mehr feststellen, wo die Sprungrube war.

Seltene Ausstattung
Auf den ersten Blick sind Reste von einem Vita-Parcours nichts Ungewöhnliches. Früher gab es in Deutschland zahlreichen Vita-Parcours. Von diesen sind zwar die meisten nicht mehr vorhanden aber man findet durchaus noch Exemplare mit Originalschildern in gutem Zustand. Dabei ist noch anzumerken, dass die Originalschilder bis zum Jahr 2010 vom Hersteller angeboten wurden, sodass über 30 Jahre die Möglichkeit bestand, beschädigte Schilder durch gleiche Exemplare auszutauschen.

Der Vita-Parcours in Angersbach muss allerdings schon relativ früh angelegt und nicht mehr erneuert worden sein. Darauf deutet die Beschilderung hin, welche sich bei genauem Hinsehen von der typischen Ausstattung unterscheidet: Auf den normalerweise üblichen Schildern findet sich oben der Text "eine Idee der Vita Lebensversicherungs-AG", welcher hier fehlt. Das Vita-Logo ist zudem leicht verändert. Unten rechts findet sich der Hinweis "Knipp-Plastics Offenbach a.M.", welcher später durch "Knipp-Plastics Diezenbach/Hessen" ersetzt wurde. Bei anderen Vita-Parcours findet man oft keine Schilder im alten Design oder nur einzelne Exemplare.

Neben diesen grafischen Details gibt es einen wichtigen Unterschied zwischen den ersten und den späteren Vita-Parcours: An den Stationen 6, 16, 19 und 20 wurden zunächst andere Übungen als bei der weit verbreiteten Variante durchgeführt. Von der Übung "Rumpfdrehschwingen links und rechts seitwärts" ist das nächste bekannte Vorkommen in Oftersheim (bei Heidelberg), während die Übung "Sprung in Grube" bei bekannten Vita-Parcours in der Umgebung gar nicht zu finden ist und bisher auch kein Foto von einem Originalschild im Internet auffindbar war.

Rekonstruktion
Aus den Fundstellen lässt sich leider nicht mehr rekonstuieren, wo genau der Vita-Parcours einmal verlief. Den Beginn des Trimmpfads würde man normalerweise am Waldrand erwarten - dazu passen allerdings nicht die Fundorte der Schilder für die Übungen 2 und 20. Es lässt sich auch nicht mehr überall nachvollziehen, wo der Trimmpfad lag, zumal sich die Trasse nicht unbedingt von der Umgebung abgehoben haben muss. Zudem wurden mögliche Spuren auch durch das Anlegen der Mountain-Bike-Trassen verwischt.

Die besonders seltenen Schilder zu den Übungen 19 und 20 sind leider in keinem so gutem Zustand mehr, dass man sich das Aussehen in gutem Erhaltungszustand vorstellen kann. Den ursprünglichen Blauton kann man teilweise noch sichtbar machen, indem man die Schilder anfeuchtet. Glückerlicherweise gibt es aber digitale Zeichenprogramme, die es mit etwas Fleißarbeit erlauben, eine realistisch wirkende Rekonstruktion des früheren Zustands zu erstellen.

Leider sind die Schilder in Angersbach nicht sehr gut befestigt. Es wurde kein Holzträger unter das Schild gelegt, und teilweise hängen sie nur noch an einer Schraube. Das erhöht das Risiko, dass diese seltenen Exemplare vorzeitig verloren gehen.

Bürgerreporter:in:

Sören-Helge Zaschke aus Stadtallendorf

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