Wir kochen auch anders

Genussbotschafterin Stefanie Schleede (li) und ihr Kollege Burkhard Sendatzki (re) mit Julia Zichner neue Horizonte für gesunde und nachhaltiges Ernähren entdeckt. Foto:Jeutner-Archiv Stephanus-Stiftung
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Seminar der Sarah Wiener Stiftung für bewusstes Kochen und Essen in der Stephanus Kinder,- Jugend- und Familienhilfe Märkisch-Oderland

Kinder und Jugendliche machen heute immer seltener eigene Kocherfahrungen. Zuhause oder in Kita und Schule sehen sie ihr Essen meistens erst dann, wenn es vor ihnen auf dem Teller liegt. Deshalb wissen viele junge Menschen kaum etwas über frische Lebensmittel, ihre Herkunft und deren Zubereitung. Gleichzeitig nehmen Krankheiten wie Übergewicht oder Diabetes Typ 2 auch bei Kindern und Jugendlichen zu.

Um dieser Entwicklung entgegenzutreten, startete die Sarah Wiener Stiftung gemeinsam mit der BARMER die Initiative: „Ich kann kochen!“. In Deutschlands größter Initiative für praktische Ernährungsbildung von Kita- und Grundschulkindern werden Pädagogen und Erzieher von einem erfahrenen Trainerteam zu „Genussbotschaftern“ ausgebildet.
Seit kurzem gibt es auch in der Kinder,- Jugend- und Familienhilfe der Stephanus-Stiftung 17 solcher Genussbotschafter. Auf Anregung von Mitarbeiterin Denise Sawrthal-Kniesche fand am 21. Februar 2019 im Elisabethhaus in Eggersdorf ein Seminartag der Sarah Wiener Stiftung statt. „In den Wohngruppen kochen wir ja viel selbst“, sagt die Erziehungswissenschaftlerin. „Oft bestimmen dabei Zeit und Budget, ob etwas frisch gekocht oder nur aufgewärmt auf den Tisch kommt.“

Deshalb sei es wichtig, mit der Ernährungsbildung bei den Mitarbeitenden vor Ort anzusetzen. Das gelang mit Ernährungsberaterin Julia Zichner von der Sarah Wiener Stiftung. Die diplomierte Ökotrophologin vermittelte an diesem Tag Theorie und Praxis gleichermaßen. In der theoretischen Einführung ging es zunächst um die Frage: Wie entsteht Geschmack? „Essgewohnheiten und Geschmack werden bei Kindern schon sehr früh angelegt“, sagt Julia Zichner. „Mein Auftrag ist, zunächst bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern das Bewusstsein für gesunde und nachhaltige Ernährung zu stärken.“
Das gestärkte Bewusstsein und die veränderte Grundeinstellung solle dann an die Kinder und Jugendlichen in den Wohnbereichen weitergegeben werden, zum Beispiel durch gemeinsames einkaufen, kochen und essen.

„Selbst frisch kochen zu können macht viel Spaß und ist eine wichtige Alltagskompetenz. Durch einen genussvollen Umgang mit Essen lernen Kinder ihrem eigenen Körper und Geschmack zu vertrauen“, begründet Starköchin Sarah Wiener auf der Internetseite von „Ich kann kochen!“ ihre Initiative. Wie unterhaltsam und spannend das auch für Erwachsene sein kann, erlebten die Kolleginnen und Kollegen aus der Region Märkisch-Oderland in Eggersdorf.
In der geräumigen Küche des Elisabethhauses wurde es dabei ganz schön eng. Dicht gedrängt, doch mit der erfahrenen Anleitung von Julia Zichner, hatten alle etwas zu tun. Einige schüttelten Sahne so lange, bis daraus Butter wurde. Ergänzt mit frischen Kräutern und Gewürzen entstanden daraus zwei Buttersorten, die auf frischem Vollkornbrot als kleine Appetithappen sehr delikat schmeckten.
Andere waren damit beschäftigt, aus rohen Möhren, Sellerie, Kürbis und Roter Beete, vegetarische Buletten zu machen. Gebraten und an frischem Salat angerichtet, sah das nicht nur gut aus, es schmeckte auch noch richtig lecker. Ein süßes Dessert, Vanillequark mit Äpfeln und Zimt, rundete das Menü ab. Fleisch gab es an diesem Tag nicht und alle Lebensmittel hatten Bioqualität.

„Einkaufen im Bioladen können wir uns nur selten leisten“, sagt Denise Sawrthal-Kniesche. „Aber die Kinder und Jugendlichen sollen auch diesen Unterschied kennenlernen“, ist ihr wichtig. Denn das Budget für Lebensmittel in der Kinder- und Jugendhilfe ist begrenzt. Fünf Euro stehen pro Person und Tag zur Verfügung. Zum Vergleich: In der Altenhilfe steht pro Tag ein Lebensmitteleinsatz von mehr als sechs Euro zur Verfügung. Das bedeutet eine Herausforderung für die Mitarbeitenden.

Burkhard Sendatzki ist Erzieher und war einer von zwei Männern, die an diesem Seminar teilnahmen. In Grünheide betreut er in einer Wohngruppe sechs Kinder und Jugendliche im Alter von 12 bis 18 Jahren. „Ich möchte die Kinder und Jugendlichen behutsam an neue Esserfahrungen heranführen“, sagt Sendatzki. Dabei will er mit seinen Schützlingen auch einmal andere Gerichte ausprobieren und sie so zu genussvollen Experimenten motivieren.

Das ist genau das, was Denise Sawrthal-Kniesche mit diesem Tag erreichen wollte. Und ein weiterer Aspekt ist ihr wichtig: „Ich wünsche mir, dass wir künftig weniger Fertignahrung aus der Tüte oder tiefgefroren einkaufen, sondern viel mehr bewusst frische Lebensmittel“, sagt sie. Das gemeinsame Kochen und Essen solle auch dazu beitragen, dass Lebensmittel mehr Wertschätzung erfahren und weniger weggeschmissen wird.
In den Wohngruppen wird abends meist warm gegessen. Am Sonntagabend planen die Erzieherinnen und Erzieher mit den Kindern und Jugendlichen den Speisenplan der Woche. Dabei könne sich je nach Gruppenstärke jeder ein Essen für einen Tag der Woche wünschen. Begleitet von einem Erwachsenen ist dann jedes Kind bzw. jeder Jugendliche auch für den Einkauf und die Zubereitung verantwortlich.

„Die Erzieherinnen und Erzieher sollten mit eigenem guten Beispiel vorangehen“, sagt Julia Züchner. „Wenn sie mit innerer Überzeugung ganz entspannt vorleben, dass man aus frischen Lebensmitteln viele leckere Gerichte frisch zubereiten kann, lernen die Kinder und Jugendlichen schon sehr frühzeitig, ihren Geschmack auszuprägen.“ Es sei wichtig, Kinder am Kochen teilhaben zu lassen und sie in die Abläufe zu integrieren.

Wie gut die Abläufe beim Seminartag in Eggersdorf liefen, war an den reichlich gedeckten Tischen zu sehen. Die gemeinsam gekochten Speisen wurden auch gemeinsam bei anregenden Gesprächen gegessen. In einem weiteren theoretischen Teil am Nachmittag ging es dann auch noch um die Ernährungspyramide als Grundlage einer ausgewogenen Ernährung und wie wichtig die Auswahl der Lebensmittel ist.

Die Vision von Stiftungsgründerin Sarah Wiener ist eine Welt, in der sich alle Menschen verantwortungsbewusst, vielseitig und genussvoll ernähren, von klein auf und ungeachtet der sozialen Herkunft. Dieser Ansatz stößt bei den Märkisch-Oderländer Mitarbeitenden der Stephanus Kinder,- Jugend- und Familienhilfe auf offene Türen. Mit der Initiative von Denise Sawrthal-Kniesche können sie künftig gestärkter mit ihrer Arbeit an Sarah Wieners Vision mitwirken.

Martin Jeutner
Leiter Unternehmenskommunikation

Bürgerreporter:in:

Martin Jeutner aus Potsdam

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