Zum Ort der Schmiede in Diedorfs Mitte

Brennöfen, in denen mit kräftigem Luftzug Holzkohle und Eisenerzbohnen zu Eisenschlacke reduziert wird
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Steppach-Vogelsang:

Als am Anfang des 20. Jhdts Kutschen und Pferdefuhrwerke vorsichtig den Sandberg von Steppach Richtung Ulm mit angezogenen Bremsen herunterholperten, als in der entgegengesetzten Richtung Postreiter mit Depeschen nach Augsburg hinaufstürmten, mußte wohl manche Reise ungewollt in Vogelsang unterbrochen werden.
Ein Pferd lahmte, wurde ausgeschirrt und zielstebig zum nächsten Ort geführt.

Diedorf:

Dort mitten im Zentrum des Ortes an der Kreuzung von heutiger Lindenstrasse und Hauptstraße genau unterhalb des alten Barockkirchleins mit dem Storchennest lag die alte Schmiede.
Im Hinterhof des Gebäudes, in dem heute das internationale Maskenmuseum am Abend seine Türen für Gruselführungen öffnet, war der Schmied am Werken. Der helle Rhythmus heftiger und monotoner Schläge mag noch vor einem Jahrhundert den Reisenden von Vogelsang bis zur Werkstatt des Dorfschmiedes geleitet haben .
Die Räume existieren immer noch.
Auch von der alten Einrichtung ist noch manches vorhanden.
Allerdings hat sich anstelle des Hufschmieds ein zeitgemäss angepasster Berufszweig dort schon in der Mitte des letzten Jahrhunderts eingenistet.
Die Installationsfirma Rother folgte ab 1986 dem Schwiegersohn des alten Schmiedes Lutz, Herrn Hondl, in die alten Werkstätten nach.
Bis zur Pensionierung von Herrn Rother sollen die Räume im Erdgeschoß auch an ihn noch weiter vermietet werden.
Dann aber sollen diese Räume zum Kleinen Schmiedemuseum unter der Regie des Maskenmuseums umgebaut und in das Museumskonzept integriert werden.

Was haben denn Schmiede mit den Masken zu tun?
Einmal ein körperlich so aufreibender Beruf und auf der anderen Seite all der Schalk und der Unsinn, den wir im Allgemeinen mit Masken in Verbindung bringen.
Hier in unserer Kultur gibt es da freilich keine Zusammenhänge.
Unser Maskenmuseum versteht sich aber auch als ein Haus der Völker und möchte Perspektiven und Verbindungen über die engen Grenzen unseres gewohnten Erlebens hinaus aufzeigen.
Wir möchten Brauchtum global verstehen.
Lassen Sie uns also ein wenig gemeinsam auf Reisen gehen.
Lassen Sie uns auf dem Rücken der Pferde, die der Hufschmied soeben neu beschlagen hat, die ja schon wieder mit voller Energie aufwiehern, noch ein gutes Stück über Augsburg hinausreiten:

Irgendwo in Afrika:

Hell klingende Schläge hallen durch die langsam sich herabsenkende Nacht im Süden von Burkina Faso.
Funken sprühen auf unter dem stetigen Rhythmus des schweren Hammers im Dreiländereck Ghana, Burkina und Elfenbeinküste.
Um das kleine Feuer im Einödhof ausserhalb des nächsten Marktfleckens Banfora huschen dunkle Gestalten geschäftig hin und her.
Wir werden diese Nacht und den nächsten Tag nahe beim Ort der Schmiede ausserhalb des Ortes verbringen.
Alles wirkt geheimnisvoll - ein wenig fröstelt uns.
Gelten doch die Schmiede als mächtiger, als mit dem Übernatürlichen in Verbindung stehender Berufszweig.
Sie beherschen die Kraft, dem kaum zu bezwingenden Feuer zu gebieten.
Gerne zeigen sie dem eher zweifelnd dreinschauenden Besucher, wie sie furchtlos mit glühendem Eisen die heraus gestreckte Zunge berühren.
Mit dieser Kraft können sie auch heilen: Gefährlich eiternde Wunden brennen Sie aus und können all den Hilfesuchenden so meist ohne teure Antibiotika helfen. Das schmerzt freilich furchtbar und die Angst vor den Heilern ist deshalb enorm. Vielleicht bewahrt aber auch gerade diese schreckliche Angst davor, krank zu werden oder sich mit einer Krankheit abzufinden. Vielleicht werden so aufgerüttelt in unserem Körper ja besondere Botenstoffe frei, die helfen, die Krankheit selbst zu besiegen
Gefährlich ist es auf jeden Fall, mit den Schmieden zusammen zu wohnen.
Schnell fliegt ein Funke ins ausgetrocknete Dach der Strohhütten.
Damit sie nicht das ganze Dorf gefährden, werden sie angewiesen, weit ausserhalb des gesicherten Dorfes zu leben.
Gleiches gilt freilich auch für die Töpfer.

Wir schlüpfen heute nacht schon früh in unser Zelt. Nicht so sehr ,um uns vor den Moskitos zu schützen. Seltsamerweise scheinen ja diese lästigen Blutsauger auch dem Gehöft der Schmiede und ihren Feuern eher fernzubleiben. Keine Sorge vor Malaria treibt uns also auf unsere Luftmatratzen, Nein, aber morgen kommen die Initianden.
Morgen kommen die Knaben zum heiligen abgeschlossenen Hain in die Nähe der Schmiede.
Dort sollen Sie von den Maskenträgern mit dem gefährlichen Aussehen von Urwaldgeistern auf Ihren Mut und Ihre Eignung zum Mannestum geprüft werden.
Die Zeremonie wird von den Schmieden geleitet und soll auch noch die ganze nächste Nacht dauern. Da muß man ausgeschlafen sein.

Banfora :

Es ist noch früher Morgen. Trommeln wecken uns aus dem Schlaf.
Die Knaben werden noch zu früher Morgenstunde in der Dämmerung aus dem Dorf gebracht. Dann ,wenn weder die Geister der Nacht noch die gleissend brennende Sonne der Sahelzone ihnen schaden könnte.
Ihre Körper sind durch lange Enthaltsamkeit im Urwaldlager ausgezehrt und durch jeden schädlichen Einfluß aus der unwägbaren Natur stark gefährdet. Wie eine Schlange, die ihre alte und viel zu kleine Haut abgestreift hat und jetzt noch nicht durch die Neue geschützt werden kann, muß sich der Heranwachsende kurz vor dem Mannesalter vor jeder Gefahr durch seine Umwelt im heiligen Hain als Zufluchtsort schützen.
Für den Weg dorthin hat er sich aus Raphiafasern einen Schutzanzug geflochten.
Die Urwaldgeister sollen diesen Weg in Masken begleiten.
Im Gehöft der Schmiede herrscht heute morgen noch etwas größerer Umtrieb.
Ein paar wenige der alten Masken, die von den Schmieden geschnitzt wurden , sind unbemerkt beschädigt worden.
Versteckt aufgehoben unter dem Strohdach des Fetischhauses haben trotz aller Vorsicht Termiten ein wenig der Oberfläche abgetragen.
Eine teilweise Neufärbung in schwarzglänzender Farbe tut Not.
Dazu wird der zu färbende Gegenstand zunächst mit einem stark säurehaltigen Pflanzensaft überzogen.
Dann taucht der Schnitzer die Maske in den eisenhaltigen Schlamm der kleinen Tümpel und dünnen Rinnsale, die in dieser trockenen Gegend eher selten sind.
Beide Substanzen verbinden sich zu einem glänzend schwarzen Farbüberzug.
Ergänzt mit roter Farbe aus zerriebenem Rotholz und weissem Kaolinschlamm
sieht die Maske wie neu aus.
Eine weitere Maske wurde erst kürzlich neu hergestellt. Mit der Dechsel, einem kleinen Querbeil, wurde Sie aus einem Stück Kapok von einem der Schmiede geschnitzt. Ein rauhes Blatt diente als Schleifpapier. Auch diese bekam noch schnell Ihren Farbbelag.
Von den Vorbereitungen der Jugendlichen während des Tages bekommen wir nicht viel mit. Im Heiligen Hain haben wir Uneingeweihte nichts zu suchen.
Es ist Abend.
Wir warten gespannt.
Die Jugendlichen sollen im Schutze des Dunkels von den Schmieden unter den neu reparierten Masken in das Dorf zurückgeführt werden.
Alle Dorfbewohner sind heraus gekommen, um die neu gereiften Männer zu begrüßen und sie ins Dorf zu begleiten.
Wir warten.
Stimmen im Dunkel um uns herum. Die Leute sind beisammen, um sich interessante Neuigkeiten zu erzählen: in Gurunsi, der Sprache der Gru-sprechenden Völker. Unser Dolmetscher spricht nur Dioula , die Sprache der Handel treibenden Völker. Auserdem schläft er längst und vrbreitet selig sägende Geräusche neben uns in der Dunkelheit.
Wir bleiben stark und warten.

Nochmals Banfora:

Es ist kühl, die Nacht ist vorbei und wohl auch der Umzug der Initianden, den wir wohl auch schlafend verpasst haben.

Ich habe davon geträumt, wie wohl meine neue Museumsschmiede in Diedorf aussehen könnte.
Das Museumsgebäude wurde jetzt privat gekauft .
Die Gemeinde Diedorf hat ja kein Interesse: das neue Gebäude des Gymnasiums Diedorf 5km vom Gymnasium Neusäß entfernt, wird viel Geld kosten.

Bürgerreporter:in:

Haus der Kulturen michael stöhr aus Diedorf

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