Nichts ist so, wie es scheint!/ Spruch des Tages 19. Juni 2020

Oft trügt der Schein und wir erkennen erst auf den zweiten Blick, was wirklich dahinter steckt.

Auszug aus dem Krimi Isarsilber
Kapitel 3: Dienstag, 23.4.2013, Sterntal

Ankunft in Bayern

Welser, der baufreudige Ministerpräsident von Berlinbrandenburg, hatte seinen Fahrer zum Flughafen bestellt, wo er den Wagen von ihm zu übernehmen gedachte, und der Fahrer freute sich auf den halbfreien Tag samt Abend in der bayrischen Hauptstadt. Er konnte seinem Chef den Wunsch, eigenhändig zu chauffieren, sehr gut nachfühlen – er war ja selber so begeistert von dieser Luxuskarosse, dass ihm seine jüngst angetretene Stelle tatsächlich Spaß machte. Unangenehm war nur, dass die Soundanlage der Limousine im Wesentlichen Wagneropern zu bieten hatte, die er nicht ausstehen konnte. Diesmal blieben sie ihm erspart, sein Chef reiste ohne ihn, fliegend, und er fuhr den ganzen Weg von Berlin nach München allein. Steuergeldverschleuderung, gewiss, aber auch reinster Genuss – ohne das gehörvernichtende Getöse hysterischer Sopranistinnen betrachtete er diese vergleichsweise harmlose, quasi nebenbei begangene Sünde des Chefs mit Milde. So fuhr er ganz ohne Heldengesang und Göttergedonner fröhlich und flott übers Land, ließ sich von ZZ Top und Led Zeppelin beschallen und war pünktlich am Flughafen „Franz Josef Strauß“.
Dort nahm er seinen Chef in Empfang, kutschierte ihn in die Innenstadt, parkte illegal hinter dem Rathaus, wo Harald Welser vom Oberbürgermeister erwartet wurde, übergab Wagenschlüssel und Papiere und empfahl sich.
Welser brachte einen weitgehend öden Tag in Gesellschaft diverser Vertreter des Deutschen Städtetags zu, doch der Gedanke an den Abend hielt ihn aufrecht. Und als auch noch das – zugegeben: delikate – Büffet überstanden war, begab er sich beschwingten Schritts treppab zu seinem Wagen, entfernte die hinter den Scheibenwischer geklemmte Zahlungsaufforderung der Landeshauptstadt und fuhr los. Stadtauswärts, nach Süden.

Die Personal- und Managementberatung Sterntal – trügt hier der Schein?

Innerhalb einer guten halben Stunde – phänomenal, dieser Wagen! S-Klasse natürlich, schwarz, alle Schikanen – ließ er sich zu der Adresse navigieren, an der die Personal- und Managementberatung Sterntal, kurz PMS, ihren Sitz hatte. Zu seiner Verblüffung aber stand er, als sein Navigationsgerät behauptete, er sei am Ziel angelangt, weder vor einem Bürogebäude noch vor einer schicken Villa aus der Zeit der letzten Jahrhundertwende. Sondern vor dem bekannten Designmuseum. Dessen Tor hoch und verschlossen war. Dahinter war alles dunkel, wie nicht anders zu erwarten; Museen schließen früh. Welser war sicher, dass ihn sein Lotse in die Irre, sprich: bayrische Wildnis geschickt hatte, und in einem Anfall von Jähzorn zückte er sein Telefon, um seinen Anwalt zu kontaktieren. Nicht mit mir!, sagte er sich, wer bin ich denn! Aus eigener leidvoller Erfahrung und daraus entsprungenen früheren Aktionen seines vielbeschäftigten Rechtsbeistands wusste er, dass die Präzision der Kartierung vom Autoadel abhing: Die oberen Ränge der kartografischen Hierarchie nahmen die Vorstände der Unternehmen ein, die serienmäßige Abnehmer der jeweiligen Navigationsgeräte waren, und daher waren Stuttgart, München, Wolfsburg und Ingolstadt die am präzisesten erfassten Orte in Deutschland. Hier unten in der bayrischen Provinz hingegen … Terra incognita, dachte Welser, hic sunt leones, und tippte, Zorn im Herzen, die Privatnummer seines Anwalts.

Wie es scheint doch kein Irrtum?

Dann fiel ihm ein, dass im Landkreis der Millionäre zweifellos auch etliche Vorstände und Aufsichtsräte von Automobilherstellern siedelten und Navigationsfehler, wie sie bei Billigfabrikaten serienmäßig zu erwarten waren, hier nicht vorkommen durften, löschte die Nummer wieder und wollte die PMS anrufen, doch im selben Moment öffnete sich ferngesteuert und lautlos das Tor. Wie gut, dass er nach dem ersten Telefonat noch einmal angerufen und sein Kennzeichen genannt hatte: B-W 1.

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Bürgerreporter:in:

Dantse Dantse aus Darmstadt

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