Martinssingen - Türen dicht und Ohren auf Durchzug?

Region Hannover - In wenigen Tagen sind sie wieder unterwegs von Haustür zu Haustür, die kindlichen Martinssänger. Stimmgewaltig, nuschelnd oder zart trällern sie ihr Liedchen und bitten um „milde“ Gaben. Dabei muss man zwischen dem Martinisingen am 10.11., das evangelischer Natur ist, und dem katholischen Martinssingen einen Tag später unterscheiden. Ersteres ist dem Reformator Martin Luther gewidmet, der am 10. November 1483 das Licht der Welt erblickte, und hat hier im protestantisch geprägten Norden Deutschlands seinen Ursprung. Das Martinssingen am 11. November bezieht sich dagegen auf den Heiligen Martin, Bischof von Tours. Wohl jeder kennt die Überlieferung in der er, im tiefsten Winter und noch als Reitersoldat der römischen Garde, seinen Mantel teilte und die Hälfte einem armen, unbekleideten Mann überließ.

So unterschiedlich wie das besingen der Protagonisten ist auch die Erklärung des Brauches, um kleine Geschenke zu bitten. Landarbeiter und Dienstpersonal wurden im Mittelalter traditionell am 10. November über den Winter entlassen. Für diese meist ärmlichen und in dieser Zeit ohne Einkommen dastehenden Gruppen galt es nun, die kommenden, kalten Monate zu überstehen. Die Kinder der mittellosen Leute zogen an diesem Tag von Haus zu Haus und bettelten bei wohlhabenden Bauern und Bürgern um Lebensmittel, die für den Wintervorrat eingelagert werden konnten. Später wandelten sich die Gaben zu symbolischen Spenden und heute gibt es überwiegend Süßigkeiten und Obst. Die Protestanten erklärten dann aber nach und nach das „Bettelmotiv“ ihres Martinisingen mit der Übernahme von Gebräuchen der frühzeitlichen Mönchsorden.

Das vorgetragene Liedgut ist so individuell wie die kleingewachsenen Interpreten. Der Zuhörer freut sich über eine vielfältige Auswahl an Texten wie zum Beispiel „Als Martin noch ein Knabe war“ über „Martin Luther singen wir“ bis hin zu „Mattenmären“. Wobei sich letzteres im Laufe der Jahre aus einem Fehler in der Aussprache entwickelt hat. Heißt es doch eigentlich Mattenherrn, kommt aus dem Plattdeutschen und bedeutet Martin mein Herr.

Bürgerreporter:in:

Karsten Hein aus Barsinghausen

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