Einblick in die Vereinsgeschichte
Als das Bauamt Zusmarshausen das Kriegerdenkmal abreißen lassen wollte

Vorstand Lenzgeiger (2.v.l.) und zweiter Vorstand Heiko Mohr beim Dank mit Elisabeth und Friedrich Geiger | Foto: Ludwig Lenzgeiger
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Adelsried. Bei der diesjährigen Jahreshauptversammlung der Adelsrieder Krieger gab es durch den Vortrag zur Vereinsgeschichte des Ehepaars Geiger besondere Einblicke. So stand das Kriegerdenkmal, das heute den Radweg ziert, im Fokus der Baubürokratie.

Die Vorfreude war dem Vereinsvorsitzenden Helmut Lenzgeiger im Rahmen der Jahreshauptversammlung des Krieger- und Soldatenvereins schon bei der Ankündigung anzumerken. Er habe im Nachgang zum 100-jährigen Vereinsjubiläum endlich den seit Jahren gefassten Plan umgesetzt und das Protokollbuch für die Jahre 1920 bis 1976 an Kenner zur Auswertung weiter vermittelt. Diese Kenner fand er im Ehepaar Geiger, die sich beide seit Jahren um die Adelsrieder Dorfgeschichte verdient machen, und sich dadurch den Umgang mit der „deutschen Schrift“ und der Kurrentschrift angeeignet haben. So entstand im Laufe eines arbeitsintensiven halben Jahres ein facettenreicher Vortrag für die zahlreich erschienenen Vereinsmitglieder.

Wie Friedrich Geiger erläuterte, begann alles mit dem Plan zur Anschaffung einer Friedensglocke, der jedoch im Rahmen des ersten Treffens am 6. Januar 1920 umgewandelt wurde. Der Plan für ein Kriegerehrenmal nahm bei dieser Sitzung von gemeindlichen Honoratioren Gestalt an, wobei zunächst noch nicht an eine Vereinsgründung gedacht worden war. Groß waren nämlich laut Geiger die Bedenken, dass ein weiterer Verein im Dorf keine Zukunft habe, denn immerhin gab es – so das Protokoll der Versammlung – bereits „den Schützenverein und die Feuerwehr als Ortsvereine.“ Derlei Zurückhaltung wurde gleichwohl von den zügigen Entwicklungen des Jahres 1920 überlagert, denn schon am 30. Mai wurde das neue Ehrenmal eingeweiht, wobei die Musikkapelle von Unterschöneberg die musikalische Gestaltung übernahm. Die Adelsrieder Musikanten als Dorfverein nämlich gab es ebenfalls zu dieser Zeit noch nicht. Elisabeth Geiger trug überlieferte Gedichte der Feierlichkeit vor, mit denen Festjungfrauen und die stolzen Vereinsgründer ebenso wie die Soldatenvereine aus Horgau und Aystetten das Denkmal willkommen hießen. Zur Einweihung des Ehrenmals, das mit vier Fuhrwerken vom Zusmarshauser Steinmetz geliefert wurde, sprach der damalige Bürgermeister Wimmer einer aus heutiger Sicht pathetische Rede, in der er betonte, dass das Denkmal hier „nicht als Sieges- und Ruhmeszeichen steht, sondern als Symbol der Dankbarkeit und der Liebe“, mit dem Adelsried wie die ganze „müde Welt auf die Friedenstaube“ hoffe. Dem Ehepaar Geiger war es in diesem Zusammenhang wichtig, auf die derzeit für Europa unwahrscheinlich lange Zeit des Friedens und zugleich die derzeitigen Bedrohungen desselben zu verweisen.
So feierlich die Einweihung vonstattenging, so groß war der Skandal, der sich bereits im November 1920 ergab. Denn die Bezirksbaubehörde in Zusmarshausen stellte fest, dass ebenso eine Baugenehmigung fehlte wie sie durch ein Gutachten die künstlerische Gestaltung infragestellte. „Das Kriegerdenkmal ist eines der schlechtesten Beispiele, das jemals im Bezirk Augsburg ausgeführt wurde“, ließ das Amt verlauten. Die Empörung der Adelsrieder erfolgte umgehend, denn nur zwölf Tage nach dem Bescheid der Behörde traf sich der Gemeinderat am 14. November und trat einen Sturm der Entrüstung los. Der Protestbrief, der vom Bürgermeister, dem Gemeinderat und dem Pfarrer sowie der Kirchenstiftung unterzeichnet wurde, stellte eine „Verletzung der edelsten und heiligsten Gefühle“ der Gemeinde fest und erhob einen „hundertstimmigen Einspruch“. Die Botschaft dieses geharnischten Briefes wurde zudem durch das Vorsprechen einer Adelsrieder Delegation beim Ministerium in München unterstrichen. Der Erfolg gab den „Galliern“ aus dem Holzwinkel schließlich Recht, denn zwar bestand die Regierung von Schwaben auf der Feststellung, dass das „Denkmal als völlig verfehlt bezeichnet werden muss“, aber von einer Entfernung wurde abgesehen und nur kleine künstlerische Änderungen wurden vorgenommen. Stimmiger ist das Ensemble heute auch dadurch, dass links und rechts Stelen in den 1950er Jahren zum Gedenken an den 2. Weltkrieg angebracht wurden.
Das Ehepaar Geiger gab noch zahlreiche weitere ebenso unterhaltsame wie nachdenklich stimmende Einblicke in die Vereinsgeschichte: Über Filmabende, Vereinsausflüge, auch über die Gleichschaltung und damit Auflösung des Vereines im Zuge der NS-Zeit, die Wiederbegründung 1952 oder über die Anschaffung der ersten Vereinsfahne, zu deren Segnung 1921 laut Protokoll „eine Menschenmenge wie Adelsried noch nie geschaut“ zusammenkam.

Die zahlreichen Zuhörer dankten für den eindrucksvollen Vortrag ebenso wie für die Reinschrift der Protokolle als Geschenk an den Verein mit viel Applaus. Vorstand Lenzgeiger wiederum vergalt den beiden Forschern ihre große Mühe mit herzlichen Worten sowie einem Präsent zur Stärkung für die zukünftigen Projekte. In seinem Grußwort spannte Bürgermeister Bernhard den Bogen zur Gegenwart und konnte im Lichte der Diskussionen mit Zusmarshausen rund um die Umgehungsstraße durchaus den „gallischen Charakter“ des Dorfes wiederfinden.

Bürgerreporter:in:

Ludwig Lenzgeiger

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