Die letzten Baumbesetzer

Eiche Grandchild mit Plattform und zwei Bannern
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Am 10. Dezember kündigte sich an, dass dies der letzte Tag für die Eichen Grandpa und Grandchild werden würde, welche im Herrenwald auf der Trasse für die Autobahn A49 standen. Polizisten waren nämlich in den Wald gekommen und hatten das Gelände inspiziert. Ein Polizist soll zum Abschied gesagt haben: "Bis nächste Woche!" Worauf jemand geantwortet haben soll, dass sie ja wissen, was das bei der Polizei bedeute. Möglicherweise gab es in der Dunkelheit noch weiteren Polizeibesuch, da jemand mit einer hellen Taschenlampe in die Nähe kam, dann aber wieder verschwand.

Die Baumbesetzer, welche auf den Bäumen saßen, hatten an diesem Nachmittag Besuch von einem Umweltschützer aus dem Frankfurter Raum, welcher rund um Grandpa Wollfäden gespannt hat. Gegen 17:30 Uhr war es für ihn jedoch an der Zeit, sich auf den Heimweg zu machen, da der nächste Tag für ihn schon um 4 Uhr in der früh beginnen würde und er es sich bei seiner Tätigkeit in der Pflege nicht erlauben konnte, übermüdet zur Arbeit zu kommen.

Auf Grandpa befanden sich an diesem Abend ein männlicher und ein weiblicher Aktivist. Sie waren dort jedoch nicht allein: Auf der Südseite befanden sich kleine Baumhöhlen, die von Vögeln genutzt wurden. In einer davon konnte man das Gefieder einer Meise erkennen - die Aktivistin hatte sich sogar die Mühe gemacht, am Kletterseil hängend den Vogel in seiner Höhle zu fotografieren.

Am nächsten Tage rückten wie erwartet Polizei und Waldarbeiter an und fällten die Bäume. Grandchild fiel im 10:32 Uhr, Grandpa um 11:46 Uhr. Ob zu diesem Zeitpunkt eine der beiden Baumhöhlen auf der Südseite von einem Vogel besetzt war, ließ sich nicht mehr nachvollziehen, da der Baum genau auf diese Seite fiel.

Zur Baumbesetzung gibt es noch eine schöne Geschichte:
Es begab sich am Abend, dass ein Besucher aus der Herrenwaldsiedlung von den beiden Grandpa-Bewohnern gefragt wurde, ob er nicht ihre Wärmflaschen mit warmen Wasser füllen wollte. Er erklärte sich bereit, dies zu übernehmen, und machte sich mit drei Wärmflaschen und einer leeren Plastikflasche auf den Heimweg. Dabei dachte er sich, dass seine Mutter diese Aktion nicht gefallen würde. Schließlich war sie der Meinung, dass es schon längst überfällig war, dass die Waldbesetzer aus dem Wald wieder nach Hause ziehen, und sie pflegte zudem gewisse Vorurteile, die bei den Bürgern der Stadt beliebt waren.
Die Mutter verhielt sich jedoch nicht so, wie man hätte erwarten können. Stadtdessen fand sie, dass man den Baumbesetzern auch noch etwas Warmes zu trinken machen könnte. Kaffe als erste Idee wurde verworfen, weil man ja nicht wusste, ob es sich um Kaffeetrinker handelte. Tee schien die bessere Wahl. Allerdings war gerade nur ein einzige Teebeutel da. Deswegen wurde der Sohn zur Schwester geschickt, damit er etwas Tee hole.
Die Schwester saß gerade in der Badewanne. Sie war deswegen erst nicht begeistert über den spontanen Besuch. Als sie aber erfuhr, dass es um die Waldbesetzer ging, äußerte sie gleich, dass sie dafür gerne aus der Wanne käme, und suchte noch ein Päckchen mit Gummibärchen für die Aktivisten.
Währenddessen hatte die Mutter noch eine andere Idee: Man könnte ja das Wasser für die Wärmflaschen noch auf dem Herd erhitzen, damit es etwas heißer wird. So wurden die Wärmflaschen neu befüllt, und es gab noch eine Packung Spekulatius dazu.
So kam es, dass einige Stadtallendorfer ihren Baumbesetzern noch etwas Wärme bringen konnten. Hoffentlich gibt es ihnen auch in Zukunft Kraft, wenn sie sich wieder für die Umwelt einsetzen möchten.

Bürgerreporter:in:

Sören-Helge Zaschke aus Stadtallendorf

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