66 Widukinds Runibergun

Jümmer vorwärts, Heimatbund Niedersachsen e.V.
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Widukinds Runibergun

Ein Quellenstudium ohne Scheuklappen
und ein starkes Indiz für Ronnenberg

Diese Chroniken berichten vom Ringen der Merowinger mit den Thüringern anno 530/531 und beschreiben die Lokalität der Kämpfe:

> Gregor von Tours, fränkische Texte ca 570
> Rudolf von Fulda, sächsische Texte ca 850
> Widukind von Corvey, sächsische Geschichte 968
> Quedlinburger Annalen, sächsischer Text ca 1000
> Ekkehardi chronikon universale, sächsischer Text im 11.Jh.

Grundsätzliche Angaben zur Lokalisierung:
Zunächst einmal unterscheiden alle fünf Chronisten zwischen einem ersten Waffengang und Endkämpfen, die später in der Unstrutregion stattfanden.
Beim Zeitzeugen Gregor wenden die geschlagenen Thüringer (dem ersten Schlachtfeld) den Rücken und fliehen zur Unstrut, um dort endgültig besiegt zu werden.
Die drei sächsischen Chronisten Widukind, Quedlinburger Annalen und Ekkehardi chronikon grenzen den Ort der ersten Schlacht näher ein, indem sie die Lokalität in den Raum „vor der Grenze der Thüringer“ bzw. den Merstemgau verlegen.
Zwei sächsische Autoren werden noch konkreter und benennen den Ort mit Runibergun (Widukind) und Runiberg (Ekkehardi Chronikon universale).
Der sächsische Annalist der Quedlinburger Annalen präzisiert obendrein die Örtlichkeit dieser Schlacht durch die Fixierung auf den „Marstemgau.“

Zusammenfassung:
Fünf Chronisten und Annalisten stimmen darin überein, dass die Kämpfe an der Unstrut erst nach ersten Waffengängen außerhalb des Reiches der Thüringer stattfanden.
Summa summarum sind das fünf Belege, von denen Prof. Martin Lintzel* in diesem Kontext feststellt, dass sie (die Texte der Chronisten und Annalisten) zum Beweis völlig ausreichen.

Fazit:
Bei der Vielzahl von Übereinstimmungen bestimmen also die Texte die Örtlichkeit völlig hinreichend und der thüringische Historiker wird 2004 unterstützt von M. Howell/W. Prevenier, die in ihrer „Werkstatt des Historikers“ auf S. 88/89 zur Quellenselektion folgende Feststellungen treffen:

> „Wenn zwei unabhängige Quellen in einer Sache übereinstimmen, erhöht sich die Verlässlichkeit beider beträchtlich.“
> „Wenn alle Quellen in Bezug auf ein Ereignis übereinstimmen, können Historiker das Ereignis als bewiesen betrachten.“

Das bedeutet, dass die Orte Runibergun/Runiberg ganz sicher nicht an der Unstrut zu suchen sind. Dagegen wird die Identität Ronnenbergs mit Runibergun in erheblichem Maße gestärkt.
Die Frage, ob Ronnenberg dann wirklich mit Runibergun 530 identisch ist, können weitere Indizien stützen. Letztlich aber werden erst archäologische Untersuchungen das Rätsel wirklich lösen.

Für Runibergun 968 bedarf es dagegen keiner archäologischen Unterstützung. Für diese Namensnennung steht Widukind als Zeitzeuge und nicht als Geschichtenerzähler in der Verantwortung.
Das heißt:
Ronnenberg ist erstmals 968 durch Widukind von Corvey als Runibergun belegt. Nähere Begründung s. meine Broschüre „Von Runibergun bis Ronnenberg“ S. 50.

Aber auch auf das noch strittige Datum 530 bezogen hat der Ronnenberger Raum im Gegensatz zur thüringischen Konkurrenz starke Indizien zu bieten:

Z.B:
> Ronnenberg lag unmittelbar am Kreuzpunkt von zwei vorgeschichtlichen Straßen, der dominanten West-Ost Achse, dem Hellweg vor dem Sandforde von Xanten an die Elbe und einer Nord-Süd Handelsstraße, also an einem strategisch hervorragenden Platz.
> Die wissenschaftlich belegte Wachtstation mit mehreren Nebengebäuden am Hellweg in Sichtweite zum Schnittpunkt der Heer- und Handelsstraßen.
> Der Thing (auf dem tempelartigen Gipsberg). Wissenschaftler wie Dr. Kurt Karpf, Villach (ein anerkannter Experte steinerner Baudenkmäler, in Kärnten der Herr über 1000 Steine) datiert die Seitenteile des Bonifatuisportales in das frühe Mittelalter, merowingische Arbeit.
> Das seit der Spätlaténezeit besiedelte Quellgebiet an den Beeken.
>.Strategische Vorteile für die Vorwärtsverteidigung der Thüringer (Engpass zwischen Benther- und Gehrdener Berg, weites Auffangbecken östlich davon).
> Ein spektakulärer Fund am Hellweg. Bei Bauarbeiten wurde ein Körpergrab, das Oberstück eines Schildbuckels und das Unterteil eines Gefäßes mit kugeligem Bauch entdeckt und archäologisch in das sechste J.H. datiert.. Nähere Einzelheiten dazu s. meine Broschüre „Von Runibergun bis Ronnenberg“, S. 43.
> Münzfunde in Gehrden, dort vergrabene römische Denare und Antoniniane- (A. Moser 2197, 2207).
> Einzelfunde von Münzen dieser Zeit in Benthe und Ronnenberg.
>.Das Reihengräberfeld von Anderten, Körperbestattungen, Krieger und Pferde (A. Moser 1746), lt. Dr.H. Schroller wohl vorsächsisch. Anderten lag an der West-Ost Achse, unmittelbar hinter der Leinefurt am Hohen Ufer in Hannover, damals bereits in Thüringen. Der Fluchtweg der Thüringer führte wegen der sumpfigen Leineaue zwangsläufig über das hohe Ufer. Es werden dort sowohl fränkische als auch thüringische Krieger bestattet sein.

*
Ausgewählte Schriften zur altsächsischen Stammesgeschichte, Band 1, S. 16, 21, 17, Anm. 100, 101.

Karl-Fr. Seemann
12.9.2011

NS
Vorabdruck eines Textbausteines der in Arbeit befindlichen Ortschronik Alt-Ronnenbergs.

Bürgerreporter:in:

Karl-Fr. Seemann aus Ronnenberg

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