Hainhofen damals
HAINHOFENS DUNKELSTE GASSE

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Ein Blick zurück auf einen Weg mit wenig Licht und viel Schatten

Auf dem alten Foto blicken wir in das Dorf Hainhofen vor 60 Jahren und sehen die Biegung der Ottmarshauser Straße am Hohen Schloß. Den Kinderwagen konnte man damals noch gefahrlos auf der ungeteerten Straße für einen Schnappschuß mit der guten alten „Agfa Optima“ abstellen, ohne den Kleinen dem Risiko auszusetzen, daß im nächsten Moment ein Auto um die Ecke preschen würde.

Rechts sieht man ein Stückchen der Grünanlage, auf der sich heute der Parkplatz des Neuen Feuerwehrhauses befindet. Dahinter die Zufahrt zum Schloß, in dem zu dieser Zeit ein Altenheim untergebracht war. Die Schloßmauer ist noch von vielen gesunden Kastanien umringt, dazwischen gab es eine Ruhebank und daneben einen Schaukasten, in dem die wichtigsten amtlichen Bekanntmachungen des Dorfes ausgehängt wurden. Der elektrische Schaltschrank rechts diente mutigen Lausbuben als willkommene Aufstiegshilfe auf die Mauer und die Bäume.

A propos elektrischer Strom: auf der linken Seite steht noch das legendäre „Turaheisle“, auf Hochdeutsch das „Turmhäuschen“. So ein turmartiges Transformatorenhaus gab es fast in jedem Dorf zur Stromverteilung. In manchen Ortschaften kann man sie sogar heute noch antreffen. Für uns Dorfkinder war es beliebter Treffpunkt und Spielplatz für „Fangus“ und „Versteckus“, nur der sehnlichste Wunsch einmal in das stets geheimnisvoll brummende Gebäude reingucken zu dürfen, wurde uns nie erfüllt. Der Turm war lange Zeit die einzige Bebauung auf der östlichen Seite der Ottmarshauser Straße, zur Schmutter hin gab es nur Wiesen, Krautgärten und den freien Blick bis hinüber zum Lohwald.

Zwischen dem Häusle und dem Hohen Schloß führt der heutige „Kirchenweg“ hinunter zum „Badsteg“, der aktuell durch einen Neubau ersetzt wird und weiter nach Westheim. Diese idyllische Allee war im Sommer auch tagsüber stockfinster wie ein langer Tunnel. Auf der rechten Seite wurde sie begrenzt durch die Schloßmauer, sowie durch zahlreiche Kastanienbäume und Haselnußsträucher. Auf der linken Seite zog sich zusätzlich eine blickdichte, hohe Thujahecke vom Duraheisle bis zum Steg hinunter. Für Kinder im Volksschulalter war die schattige, hohle Gasse ein willkommener Abenteuerspielplatz und die biegsamen, wohlduftenden Thujabäume luden immer wieder zu riskanten Kletterübungen ein. Die älteren „Halbstarken“ erschienen eher zu nächtlicher Stunde, aber die hatten auch mehr Interesse an biegsamen, wohlduftenden Mädchen und riskanten Fingerübungen.

Auf der alten Aufnahme kann man noch gut erkennen, wie rabenschwarz diese Allee selbst an einem sonnengefluteten Sommertag war. Besonders finster präsentierte sie sich allerdings im dunkelsten Kapitels der deutschen Geschichte. Während der Nazizeit gehörte es zur falsch verstandenen dorfpolitischen Ehre, seinem Führer zu huldigen, indem man wenigstens eine Straße im Ort nach ihm benannte und so hieß die düstere Gasse denn für eine unglückselige Zeit lang „Adolf-Hitler-Allee“. Vielleicht ist es gut, daß der Große Diktator nie im unbedeutenden schwäbischen Hainhofen vorbeischaute, denn ich bezweifle, daß ihm dieser halbschattige Weg zur Ehre gereicht hätte, vor allem wenn er den offen Graben gesehen oder schlimmer noch gerochen hätte, der hinter der Thujahecke Richtung Schmutter floß und der nebst Regenwasser so manch übel riechende Abwässer und gelegentlich auch Schlachtabfälle mit sich führte. Ich befürchte, da hätten die Hainhofer ihrem Führer ganz schön gestunken!

Bürgerreporter:in:

Helmut Weinl aus Neusäß

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