Hainhofen damals
WINTERFREUDEN ANNO DAZUMAL

Aufbruch zu einer Langlauftour Richtung "Schöne Aussich"
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AUFGESCHRIEBEN VON WOLFGANG STINGL

Als die Winter noch Winter waren, mit schön viel Schnee und Eis, trieb es uns Kinder voller Freude hinaus, diese winterlichen Elemente waren einfach herrlich um sich auszutoben und auf kreative Einfälle zu kommen. Die alltägliche Grundform war die Kugel, in kleinerer Ausführung Schneeball genannt, die nach tüchtiger Knetung ein ausgezeichnetes Wurfgeschoß abgab. Die tägliche Herausforderung war, die Treffsicherheit immer mehr zu verbessern, Ziele gab es im Umfeld genug, dass von besonderem Reiz auch menschliche Ziele waren, muss ich an dieser Stelle eingestehen, das Befüllen des Schneeballs mit Steinen war allerdings verpönt und festgestellte Verstöße gegen dieses Gesetz wurden mit der Befüllung der Mütze des Übeltäters mit Schnee oder mit einer intensiven Schneeabreibung bestraft. Bei entsprechender Teilnehmerzahl konnte sich auch ein Großereignis, die Schneeballschlacht, entwickeln. Mit größeren Kugeln ließen sich auch größere Projekte herstellen, besonders natürlich die Schneemänner, mit Kohleaugen und Karottennase. Um der heutigen Zeit Rechnung zu tragen, sage ich jetzt einfach mal, dass es vermutlich auch Schneefrauen gab.

Beliebte Großprojekte waren das Bauen von Iglus, in denen man das Leben der Eskimos nachempfinden konnte, und das Errichten von wehrhaften Schneeburgen, die mit Wasser übergossen und vereist wurden und dadurch besonders haltbar waren.

Zu den sportlichen Aktivitäten zählte in erster Linie das Schlittenfahren, einen Schlitten hatte eigentlich jedes Kind und ein paar geeignete Hänge gab es genug und auch auf den Dorfstraßen war damals selten mit gefährlichem Gegenverkehr zu rechnen. Sehr beliebt war das Kolonnenfahren mit mehreren zusammengehängten Schlitten, das bäuchlings fahren und absichtlich durchgeführte Stürze mit anschließendem Wälzen im Schnee.

Wenn man als Kind morgens erwachte und die Fensterscheibe war voller herrlicher, glitzender Eisblumen, dann wusste man, jetzt sind auch die ganzen Wiesen an der Schmutter eine einzige Eisfläche und das bietet eine weitere sportliche Betätigung an, „Eishockei“ spielen. Dieser Sport bedingt allerdings neben der vorhandenen Eisfläche das Vorhandensein einiger erforderlicher Utensilien, vor allen Dingen eines Schlägers. Hier war Improvisationskunst gefragt, die späteren käuflichen Modelle hatte damals noch niemand. Manche hatten Glück und fanden einen Ast, der in etwa Schlägerform hatte, luxuriöser war dann schon eine Stange, an der ein Holzbrett als Kelle angeschraubt war, das allerdings stark beansprucht wurde und deshalb öfter zu ersetzen war. Eigene Schlittschuhe hatten nur wenige Glückliche, aber das Rutschen auf dem Eis ging auch auf normalen Schuhsohlen, man musste halt gewisse Geschwindigkeitsdefizite in Kauf nehmen. Unentbehrlich war natürlich das eigentliche Spielgerät, der Puck. Dafür bewährten sich leere Kondensmilchdosen, die aber auch eine gewisse Tendenz zur Verformung hatten und öfter ersetzt werden mussten, wobei der Nachschub sehr leicht war, weil die damalige Werbung mit dem kuscheligen Bären, „nichts geht über….zum Kaffee“, zu guten Verkaufszahlen geführt hatte und in jedem Haushalt zu finden war. Der heutige Standard an Schutzpolsterungen war damals völlig unbekannt, Verletzungen waren oft materialbedingt, Risse durch Holzsplitter und blutende Wunden durch schrapnellartige Dosenmilchgeschosse waren unangenehm, aber zu tolerieren, kühlendes Eis stand ja ausreichend zur Verfügung.

Eine ganz persönliche Beziehung hatte ich zur sportlichen Betätigung des Skifahrens. So erinnere ich mich gerne, wie mir geholfen wurde, dass ich zu meinem ersten Paar Skier kam. Eigentlich war es ja anfangs nur ein einzelner Ski, aber da ich zwei Beine hatte und das Snowboard damals noch gänzlich unbekannt war, war dieser eine für sich ziemlich ungeeignet. Gefunden hatte ich diese Holzlatte beim Stöbern auf dem riesigen Dachboden des Bauernhofs meiner Oma. Die hochgebogene Spitze, die in der Mitte angebrachten Lederriemen mit Schnallen und das Loch in der Spitze als Wandaufhänger machten die Latte eindeutig als Ski erkennbar. Intensivste Suche auf dem, wie gesagt, sehr großen und nicht gerade übersichtlichen Dachboden, förderten leider das entsprechende zweite Exemplar auch nicht zu Tage. Es wusste auch niemand in der Verwandtschaft von dessen Verbleib, die Wahrscheinlichkeit der mehrfach geäußerten Vermutung, die Oma wird es wohl mal im Ofen verbrannt haben, war sehr groß, wurde von dieser aber nicht eingestanden. Immerhin bemerkte meine Oma meine Traurigkeit und schaffte es, dass ein Stammgast in ihrer Wirtschaft, der nebenbei noch Schreiner war, gegen das Entgelt von einigen gratis Halben Bier, mir einen völlig identischen zweiten Ski anfertigte und auch noch eine passende Bindung anbrachte. Befestigt an meinen damaligen Alltagsschuhen, den Gummistiefeln, konnte ich mich nunmehr auch diesem Wintersportvergnügen widmen, das zwar viel Freude und Spaß machte, aber nie zu einer größeren Karriere führte und daran war nicht nur das Sportmaterial schuld.

Aber wie in jedem Jahr stiegen allmählich wieder die Temperaturen an, die weiße Pracht schmolz dahin, schöne winterliche Erinnerungen blieben, aber auch der Frühling hielt viel Schönes und neue Herausforderungen für uns bereit.

Text: Wolfgang Stingl, Jahrgang 1949
Bilder: Archiv Fam. Weinl, Wittmann, Assum

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