Pfingsten mal ganz anders - Pfingsten 2008

Pfingsten - und die Seele atmet auf!

Liebe Leserin, lieber Leser!
“Lasst uns das Gebet sprechen, das uns unser Herr und Bruder Jesus Christus gelehrt hat.”
Diese Aufforderung kennen Sie aus dem Gottesdienst. Alle sprechen dann gemeinsam: “Vater unser im Himmel ...” Eigentlich ist das ja nichts Außergewöhnliches.
Aber einmal war ich ganz wo anders. Da geschah etwas, was ich vorher so noch nie erlebt hatte.
Ich betete das mir vertraute “Vater unser”.
Direkt neben mir betete es jemand in Englisch. Französisch war deutlich zu hören - klar, ich war ja in Südfrankreich. Dazu kam aber auch Irisch, Spanisch, Baskisch, Dänisch, Norwegisch, Finnisch, Polnisch, Russisch, Griechisch, Portugiesisch, Holländisch, Schwedisch, Italienisch, Hebräisch, Arabisch und ... die Sprachen der afrikanischen Teilnehmer aus Tansania, Südafrika, Ruanda und Burundi. Vor kurzem war dort ein großer Völkermord gewesen.
Hier beteten sie miteinander. Dieses gemeinsame Vaterunser werde ich nicht mehr vergessen. Trotz der unterschiedlichen Sprachen waren wir miteinander verbunden. Das Vaterunser ist eben doch ein Gebet, das die Welt umspannt. So erlebte ich den letzten großen Gottesdienst am Ende meiner Pilgerwoche. Wir alle waren auf dem Pilgerweg der Jugend unterwegs - zu Gast bei der ökumenischen Bruderschaft in Taize.
Miteinander waren wir verbunden in Jesus Christus, unserem Herrn und Bruder. Ihm verdanken wir dieses Gebet. Und das Wunderbare: Wir alle schlossen das Vaterunser gemeinsam mit Amen ab - für mich war es so, als hätte sich das Pfingstwunder noch einmal ereignet.
Diesen Gottesdienst erlebten Menschen aus Völkern, die vor kurzem oder auch vor einem halben Jahrhundert im Krieg einander bekämpften, Menschen aus 24 verschiedenen Nationen.
In den gemeinsamen Gesprächen war das auch immer wieder Thema - die Vorurteile, die wir über den anderen hegen und pflegen und wie wir sie überwinden können. In Taize war das gemeinsame Beten eigentlich nichts ungewöhnliches, doch für alle anwesenden Pilger war es äußerst ungewöhnlich, aber auch äußerst verbindend.
Ich denke, das gemeinsame Beten, das Beten füreinander und das Beten für andere ist wichtig. Auch so können wir die gemeinsame Zukunft beeinflussen.
Vor nun bald 20 Jahren haben Friedensgebete im Osten die Mauer zu Fall gebracht und keiner hätte mit Umwälzungen in einem solchen Ausmaß in Europa gerechnet. Wir als Christen und als Menschen stehen in der Pflicht, für die weitere und hoffentlich friedvollere Entwicklung hier, in Europa und weltweit zu beten und uns zu einzusetzen. Wir können durch unser Gebet und unser Engagement die Welt mitgestalten. Wir tragen ein Stück Weltverantwortung. Und vor allem, wenn wir beten, haben wir unmittelbaren Zutritt zum Herrn der Welt, zu seinem Regierungssitz. Dessen sollten wir uns bewusst sein. Bitte, Herr, lehre uns beten.
Wenn Sie also in diesen Tagen mal bewusst ein Vaterunser beten - ich mache das gerne einfach mal so -, dann seien Sie sich bewusst, es wird bestimmt in diesem Augenblick an ganz vielen Orten der Welt auch gebetet - und zwar in den verschiedensten Sprachen. Und denken Sie daran: “Wir alle sprechen eine Sprache, wenn ein Menschen den anderen liebt.” (Aus EG 564.3) Ihnen ein begeisterndes, beflügelndes Pfingstfest und eine behütete Zeit: Machen Sie’s gut!

Ihr Pfarrer Markus Maiwald aus Meitingen

Bürgerreporter:in:

Markus Christian Maiwald aus Augsburg

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