Ein offener Brief an Papst Benedikt XVI anläßlich seines Deutschlandbesuches 2011

Lieber Bruder in Christo Benedikt XVI, sehr geehrter Bischof von Rom,
ich heiße Sie in Deutschland herzlich willkommen.

Klar werden Sie Sich wundern, dass ich Sie nicht heiliger Vater nenne,
aber ich bin ja Protestant.

Und Sie wissen ja als gebildeter Theologe,
was „unser“ Lutherischer Kirchenvater über manche Ihrer Amtsvorgänger gedacht hat
und wie er sie genannt hat, vor allem weil sie sich Dinge angemaßt haben, die nur Gott zustehen. Davon sind Sie und Ihre Kirche heute meilenweit entfernt.
Schön finde ich, dass wir uns schon weite Schritte entgegen gekommen sind. Ich erinnere nur an die gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre des lutherischen Weltbundes und der Katholischen Kirche.

Deswegen ist trotzdem meine Anrede Bruder in Christo keine Ehrabschneidung.
Sie wandeln ja in den Spuren des Nazareners.
Sie folgen Jesus Christus nach – und das in sehr exponierter Position, nämlich als Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche.

Der Titel „Heiliger Vater“ erklärt sich aus der Position in der Römisch-Katholischen Kirche und deren historischen Entstehung und Entwicklung.
Damit haben wir Lutheraner unsere Probleme,
da wir sowohl die mit Ihrem Amt verbundene apostolische Sukzession fragwürdig finden aufgrund eines anderen Kirchenverständnis – Luther spricht vom Priestertum aller Gläubigen, die Ordination gibt der „Ordnung“ halber und nicht weil Pfarrer heiliger sind als andere Christen, vielleicht manchmal ein wenig scheinheiliger (das kann schon sein) –
als auch wir den Unfehlbarkeitsanspruch Ihres Amtes nirgendwo biblisch begründen können und ihn theologisch problematisch finden.
Kein Menschen ist unfehlbar.
Wir sind allemal Sünder und Gerechtfertigte, würde Luther sagen, aber auf jeden Fall nicht unfehlbar. Widerspricht nicht dieser Unfehlbarkeitsanspruch dem biblischen Menschenbild?
Das ist auch für viele Evangelische Theologen des Pudels Kern, weswegen sich die Evangelische Kirchen und die Römisch-Katholische Kirche nicht noch weiter annähern können.
Ich würde mir wünschen, dass Ihr Amt ökumenischer verstehen würden als eine Amt der Liebe und des Friedens.
Die Liebe, die Liebe, die uns in Jesus Christus erschienen ist, lateinisch gesprochen die Caritas steht ja im Zentrum vieler Ihrer Reden und damit ganz logisch und in deren Folge der Frieden, denn Christus ist unser Frieden.
Doch dieser Frieden richtet keine Mauern auf und Grenzbefestigungen. Dieser Frieden will Mauern und Grenzen zwischen Menschen, Völkern, Rassen und Religionen niederreißen. Er will, dass wir die Mittel der Gewalt abbauen, dass wir Schwerter zu Pflugscharen machen. Mauern richten aber auch Gesetze, ja sogar Kirchengesetze auf.

Und deswegen will ich heute ganz klein und brav eine Lanze für gemischt konfessionelle Paare brechen. Ich will einen kleinen bescheidenen Wunsch aussprechen:
Könnten Sie es nicht erlauben, dass Sie gemeinsame zur Eucharistiefeier gehen dürfen – und zwar ganz offiziell und mit Ihrem Segen? Bisher ist das nicht erlaubt. Das fände ich schön.
Das wäre eine kleine Geste mit großer Wirkung, aber wahrscheinlich gibt es dagegen bedenken, aber ich will an den Frieden und die Liebe erinnern.
In Liebe sind die Ehepaare schon eins, aber auch wir als Menschen, die wir Jesus Christus nachfolgen, sind in ihm schon eins.

Paulus schreibt es so schön:
„Denn ihr seid alle durch den Glauben Gottes Kinder in Christus Jesus. Denn ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus angezogen. Hier ist nicht Jude noch Grieche, hier ist nicht Sklave noch Freier, hier ist nicht Mann noch Frau „ {ich würde ergänzen und mit weiteren Menschenpaaren fortfahren: nicht Katholik noch Lutheraner} „; denn ihr seid allesamt einer in Christus Jesus.“ (Gal. 3, 26-28)
Ja, ich wünsche mir nur die eine kleine Geste, dass gemischt konfessionelle Ehepaare gemeinsam zur Eucharistiefeier gehen können. Zum Abendmahl sind sie sowieso beide eingeladen, da ja nicht die Pfarrerin, der Pfarrer einlädt, sondern Jesus Christus.

Ich weiß, es wird weitere und viel größere Gesten geben.

Sie werden als Papst im Deutschen Bundestag sprechen.
Erstens finde ich gut, dass Sie sich erstens trauen, auch wenn Sie wieder Projektionsfläche für ganz viel Aggression und Eintäuschung bieten. Ich will nur eines benennen. Sie wissen, dass sehr viel Unrecht in früheren Jahren in Klöstern und durch Priester an Kindern geschehen ist. Sie wollen, dass das aufgeklärt, aufgearbeitet, geahndet und ausgesöhnt werden muss. Es soll in dieser Sache nichts unter den Teppich gekehrt werden. Und das geschieht heute hoffentlich nicht mehr. Das ist Vergangenheit, aber schwer drückt diese Vergangenheit.
Zweitens finde ich gut, dass Sie im Bundestag sprechen, weil ich hoffe, dass Sie damit auch weiteren Kirchen- und Religionsvertretern die Türen des Deutschen Bundestages geöffnet haben. Denn wir sind doch ein weltoffener Staat und ein weltoffenes Parlament, auch wenn es für manchen Abgeordneten schwer ist über seinen eigenen Schatten und seine schwierige Geschichte mit der römisch-katholischen Kirche zu springen. Schade finde ich es, wenn es rein ideologische Erwägungen sind, die die Abgeordneten umtreiben, Ihrer Rede fern zu bleiben.
Jetzt einen gesegneten Aufenthalt in Deutschland, vor allem auch eine gesegnete Begegnung mit den Vertretern meiner Kirche. Sie werden sich für mehr Gerechtigkeit einsetzen. Sie werden sich für einen Ausgleich zwischen Arm und Reich einsetzen innerhalb von Staaten, zwischen Staaten und Kontinenten. Ich bin auf Ihre Rede im Deutschen Bundestag, Ihre weiteren Worte und Gesten in diesem unsern schönen Land gespannt. Ihnen, lieber Bruder in Christo Benedikt XVI, werter Heiliger Vater, einen gesegneten Aufenthalt und eine behütete Zeit: Machen Sie es gut!

Ihr Bruder in Christo Markus, Ihr Pfarrer Maiwald aus Meitingen

Bürgerreporter:in:

Markus Christian Maiwald aus Augsburg

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