Männer - So schützt Ihr Euch vor Prostata-Krebs

Fakten und Hintergründe über die heimtückische Geißel des Mannes

von Uwe C Schoop, Köln

Im Laufe vieler Wochen in einem Kölner Krankenhaus und in einer Rehabilitationsklink in Bald Wildungen entstand diese Dokumentation aus eigenem Erleben. Basis waren zahlreiche Gespräche mit Ärzten und Therapeuten, ein intensives Quellenstudium und vor allem die fachliche und geduldige Begleitung meiner gemeinnützigen Arbeit durch meinen mich bis heute betreuenden Chirurgen PD Dr. med. Michael Waldner.

Die Dokumentation kann bei mir als pdf-Datei angefordert werden. Einfacher noch ist ein Download der gleichnamigen Broschüre über den Link: http://www.hohenlind.de/abteilungen/urologie/info_...
Möge dieser Text Risikoträger aufklären und Betroffenen helfen, ihre Krankheit informiert anzunehmen und optimal zu behandeln:

Bei fast 60.000 Männern in Deutschland wird jährlich eine Entartung der Prostata entdeckt. 12.000 Männer versterben jährlich daran. Damit ist das Prostatakarzinom vor Lungen-Darm- und Blasenkrebs die häufigste Krebserkrankung des Mannes geworden. Nach Berechnungen des Europäischen Krebsforschungsinstituts in Mailand nimmt die Zahl der entdeckten Prostatakarzinome jährlich um drei Prozent zu. Wohl deshalb, weil dieser Krebs überwiegend eine Alterskrankheit ist und Männer immer älter werden. Aber auch, weil die Medizin mit ihrer hohen Innovationsgeschwindkeit in allen Disziplinen die Diagnosechancen der Ärzte laufend verbessert. Ein gutes Allgemeinwissen über seine Geschlechtsorgane, über das Prostatakarzinom, über Vorsorge, Früherkennung, angemessene und bewährte Therapien sind daher der beste Selbstschutz für den gefährdeten und betroffenen Mann.

Prostatakrebs verursacht in der Frühphase kaum Beschwerden. Warnzeichen sind häufiges, schwieriges und /oder schmerzhaftes Wasserlassen geringer Mengen, Erektionsstörungen, schmerzhafte Ejakulationen mit träge fließendem Sperma, Sex-Unlust, sowie Blut im Urin und im Samenerguss. Bei einem dieser Symptome sollten Sie sofort Ihren Urologen aufsuchen.

Bleiben Sie passiv und abwartend, wird der Krebs die Prostata verlassen und sich in Form von Absiedlungen (Metastasen) im Körper verbreiten. Prostatakrebszellen siedeln sich gerne in den Knochen ab, vor allem im Bereich der Lendenwirbelsäule und des Beckens. Unerklärliche Rücken- und Gesäßschmerzen können ein Hinweis darauf sein. Auch die Lymphknoten im Leisten- und Beckenbereich sind beliebte Absiedlungsplätze von Prostatakrebszellen. Sind die Knoten befallen, kommt es zu Flüssigkeitsansammlungen (Lymphödemen) in den Beinen und im Hodensack. Begleitsymptome eines fortschrittenden Prostatakrebses sind später Fieber, Nachtschweiß, Abgeschlagenheit, Leistungsschwäche und ungewollter Gewichtsverlust. Lassen Sie es nicht soweit kommen!

Die Prostata ist ein kastaniengroßes Organ des erwachsenen Mannes, das direkt unter der Harnblase liegt und auf diesem Abschnitt die Harnröhre umschließt. Die Prostata besteht aus Drüsen- und Bindegewebe sowie aus Muskulatur und hat die Aufgabe, den Samen aus den Hoden des Mannes in den ihr benachbarten Samenbläschen mit einem schützenden, nährstoffreichen und dünnflüssigen Sekret zu umgeben. Dank dieses Sekrets kann der Samen im sauren Milieu der Scheide überleben, bis zur Gebärmutter vordringen und dort ein Ei befruchten. Bei der zu diesem Akt notwendigen Erektion des Gliedes verschließt die Prostata die Blase mithilfe des oberen, vegetativen (nicht vom Willen gesteuerten) Schließmuskels. Beim Orgasmus kann der Samen dann nicht in die Blase des Mannes gelangen, sondern wird durch kräftiges Zusammenziehen des Prostatamuskels ausschließlich durch Harnröhre und Penis in die Vagina der Frau gespritzt.

Kopierfehler sind nicht auszuschließen

Der erwachsene Mensch besteht aus rund 10 hoch 14 oder hundert Billionen Zellen (in Ziffern 100.000.000.000.000), die jede für sich exakt definierte Rechte und Pflichten hat. Dafür sorgt das menschliche Erbgut (Genom), das jede Zelle als DNA-Kette in sich trägt und bei ihrer Teilung einem sich öffnenden Reißverschluss gleich weitergibt. Die Organisation eines Körpers ist totalitär. Demokratie findet nicht statt. Jede Abweichung einer Zelle von den genetischen Vorgaben wird vom körpereigenen Immunsystem korrigiert und bei Misserfolg mit Vernichtung bestraft. Weiße Blutkörperchen eliminieren alle fremden und von den Erbanlagen abweichende Zellen. So sollte es jedenfalls sein. Da jede Zelle nach einer bestimmten Zeit abstirbt und per Teilung durch eine neue ersetzt wird, kann es bei Weitergabe der Erbinformationen nach mehreren Teilungen zu Kopierfehlern kommen. Meistens und vor allem in jungen Jahren wird der Körper damit fertig, indem er die entarteten Zellen korrigiert oder vernichtet. Aber auf immer noch rätselhafte Weise entstehen für die Abwehr des Körpers nicht oder zu spät erkennbare Mutanten, die sich unkontrolliert und schneller als gesunde Zellen teilen und dadurch vermehren.

Irgendwann verlassen diese malignen (bösartigen) Zellen ihren angestammten Funktionsverband, gründen Metastasen (Absiedlungen) in anderen Teilen des Körpers und bringen als „Krebs“ das hochdifferenzierte und ausbalancierte Körpersystem zum Kollabieren. Warum und wodurch Prostatakrebs entsteht, ist noch weitgehend unklar. Man weiß, dass sich ohne das männliche Geschlechtshormon Testosteron ein Prostatakarzinom nur selten entwickelt. So erkranken zum Beispiel Knaben, die vor der Pubertät beide Hoden verlieren und bei denen das dann fehlende Testosteron nicht medikamentös ersetzt wird, im fortgeschrittenen Alter nicht an Prostatakrebs. Nach US-amerikanischen Studien werden „Blacks“ (Dunkelhäutige) häufiger als „Whites“ (Hellhäutige) und Europäer häufiger als Menschen in Fernost von diesem Krebs befallen. Die Ursachenforschung läuft international auf Hochtouren. Untersucht werden Gene, Nahrung und Umwelteinflüsse.

Höhere Lebensqualität durch Vorsorge

Während die Entstehung von Prostatakrebszellen noch Rätsel aufwirft, weiß man über Vorsorge, Behandlung und Nachsorge des Prostatakrebses schon mehr. Äußerst hilfreich ist dabei das prostataspezifische Antigen (PSA), ein Molekül aus Zucker und Eiweiß, das von Prostatazellen, ob gesund oder bösartig, produziert und ausgeschieden wird. Es ist im Blut mit heutiger Analysetechnik ab etwa 0,01 ng/ml (0,01-millionstel Gramm pro Milliliter) nachweisbar. Diese Messgenauigkeit ist vergleichbar mit einem Eimer Tinte, den man in den Bodensee gießt und die Tinte nach voller Durchmischung mit dem Wasser zwischen Konstanz und Bregenz noch nachweisen kann.

Steigt der PSA-Wert im Blut, ist dies ein Zeichen für eine an Zellen und somit an Volumen zunehmende Prostata. Dies ist zum ersten Mal im Leben eines Mannes zu Beginn seiner Pubertät der Fall und zu dieser Zeit völlig natürlich und unkritisch. Beim älter werdenden Mann dagegen neigt die Prostata zur Schrumpfung. Dabei werden keine Zellen abgebaut, sondern das Gewebe verdichtet sich. Dieser Prozess findet meist im Inneren der Prostata statt. Dort erschwert die Verdichtung dann oft das Wasserlassen, weil die mittig durch die Prostata verlaufende Harnröhre eingeengt wird. Dagegen hilft letztendlich nur eine transurethale (durch Penis und Harnröhre) Ausschälung der Prostata. Steigt der PSA-Wert bei einem älteren Mann, deutet dies auf Volumenvergrößerung durch Zellteilung. Dann ist Vorsicht geboten. Ein besorgter Urologe wird dann umgehend eine transrektale, durch den Mastdarm erfolgende Ultraschalluntersuchung (TRUS) der Prostata durchführen, um ihr aktuelles Volumen zu bestimmen und sonografisch nach Anomalitäten zu suchen. Zusätzlich wird er die Prostata transrektal abtasten (DRU), um eine Geschwulst zu suchen. Da bösartiges Gewebe meist strukturell härter ist als gutartiges und sich Prostatakrebszellen gerne in den Randbereichen der Prostata ansiedeln, kann ein erfahrener Urologie ein Prostatakarzinom per DRU oft schon an seiner Härte erkennen.

Möglichst jährliche Screenings

Die Heilungschancen und Überlebensraten sind hoch, wenn der Prostatakrebs früh entdeckt wird. Deshalb sollten vor allem erblich vorbelastete Männer ungefähr ab dem 40. Lebensjahr mit regelmäßigen, mindestens jährlichen Früherkennungsuntersuchungen beginnen. Diese bestehen aus drei klassischen Diagnoseschritten: aus einer Blutprobe mit PSA-Analyse, aus dem rektalen Abtasten der Prostata (DRU) und aus einer rektal vorgenommen Ultraschallvermessung (TRUS) der Prostata. Falls die PSA-Analyse keine Klarheit bringt, bietet sich als weiterer Diagnoseschritt ein neuer molekularbiologischer Urintest der US-amerikanischen Firma Gen-Probe an. Hierzu massiert der Urologe zunächst rektal die Prostata, damit dem anschließend durch die Drüse fließenden Urin aus möglichst allen Bereihen derProstata Zellen beigemengt werden. Eine derart "abgereicherte" Urinprobe wird an ein Speziallabor von Gen-Probe gescickt, wo die im Urin gefundenen Prostatazellen nach PCA-3-Molekülen untersucht werden. PCA-3 ist ein prostataspezifisches Gen, das in bösartigen Prostatazellen hunderfach häufiger vorkommt als in gesunden. Das Ergbnis eines PCA-3-Tests wird in Maßzahlen ("Scores") angegeben. Je höher ein Score ausfällt, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit eines Karzinoms. Der PCA-3-Test kostet allerdings rund 330 Euro. Er muss noch privat bezahlt werden, da die gesetzliche Krankenverssicherung (GKV)m ihn noch nicht im Leistungskatalog hat. Aus den Ergebnissen eines solchen kombinierten Screenings kann ein erfahrener Urologe mit hoher Wahrscheinlichkeit den optimalen Handlungsbedarf ableiten.

Die PSA-Werte betragen statistisch im Mittel bei Männern zwischen 40 und 50 Jahren bis 2,5 ng/ml, zwischen 50 und 60 Jahren bis 3,5 ng/ml, zwischen 60 bis 70 Jahren bis 4,5 ng/ml und über 70 Jahre um die 6,5 ng/ml.

Merke: Nicht der einmal gemessene PSA-Wert gilt als Tumorindikator, sondern seine Veränderung zwischen zwei aufeinanderfolgenden Messungen. Verdoppelt oder vervielfacht er sich binnen einer kürzeren Messperiode, ist auf eine schnelle und damit krankhafte Zellteilung zu schließen. Dann sollte nach einigen Wochen eine neuerliche Messung erfolgen. Ist der PSA-Wert dann weiter gestiegen, kann nur eine Gewebeentnahme (Biopsie) aus der Prostata Gewissheit bringen, ob ein bösartiger Defekt der Drüsenzellen vorliegt. Biopsien erfolgen meist ambulant unter Vollnarkose oder mit örtlicher Betäubung. Dabei werden mit Hilfe von sechs bis 18 ultraschallgesteuert über den Enddarm in die Prostata eingebrachten dünnen Hohlnadeln zylindrische Gewebeproben gezogen, die anschließend vom Pathologen unter dem Mikroskop auf Gut und Böse untersucht werden. Diese „Stanzbiopsien“ sind am treffsichersten, wenn sie an möglichst vielen Stellen der Prostata entnommen werden. Nach einer solchen Biopsie hat der Patient einige Tage Blut in Urin und Ejakulat. Das ist unbedenklich und vergeht wieder. Wissenschaftlich unbewiesen ist übrigens der oft gehörte Verdacht, dass Biopsien Krebszellen aggressiver machen und in den Körper „auswandern“ lassen.

Verzichten Sie nicht auf die PSA-Analyse

Die Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) übernehmen aus Kostengründen erst ab dem 45. Lebensjahr des Mannes die Kosten für eine jährliche Prostata-Vorsorgeuntersuchung. Leider ohne PSA-Bestimmung. Verzichten Sie jedoch nicht auf die PSA-Analyse und entrichten Sie die vom Urologen für diese Zusatzleistung geforderten 25 bis 35 Euro aus eigener Tasche. Sie investieren so in ein längeres und erfülltes Leben. Sollte nach einer Vorsorgeuntersuchung bei Ihnen allerdings ein Verdacht auf ein Prostatakarzinom entstehen, dann übernimmt die GKV alle notwendigen Diagnose- und Behandlungskosten, auch die Kosten für einen PSA-Test.

Ein Prostatakarzinom wird vom Pathologen zum besseren interdisziplinären Verständnis und für eine optimale Therapieentscheidung nach dem T-N-M System bewertet – auch „Staging“ genannt:

· T - steht für die Tumorausbreitung in Prostata und Umgebung.
· N - bezeichnet Zahl und Ort der von Prostatakrebszellen bereits befallenen
regionären (benachbarten) Lymphknoten.
· M - steht für Fernmetastasen.

T1 - ist ein weder tastbarer noch sichtbarer aber durch eine Biopsie
(Gewebeentnahme) nachgewiesener Tumor.
T2 - ist ein auf die Prostata begrenzter Tumor, der die Kapsel der Prostata noch
nicht durchbrochen hat.
T3 - ist ein Tumor, der sich über die Prostatakapsel hinaus ausgebreitet hat.
T4 - ist ein Tumor, der bereits regionäre Körperteile wie Blasenhals, Mastdarm,
Beckenwand etc. infiltriert hat.

Ein „T2-N0-M0-Tumor“ ist somit ein Prostatakrebs, der die Kapsel der Prostata noch nicht durchbrochen und noch keine Metastasen in den regionären Lymphknoten sowie in anderen Körperteilen abgesiedelt hat.

Schnelle Teilung deutet meist auf Bösartigkeit

Wichtig für eine optimale Therapie ist allerdings auch das Wissen um die Bösartigkeit (Malignität) der Krebszellen. Ein Karzinom ist um so bösartiger, je wilder seine Gewebearchitektur ist und je schneller es sich teilt. Für die Bewertung der Bösartigkeit entwickelte der US-amerikanische Pathologe Donald Gleason im Jahre 1966 Maßzahlen (Scores) von 1 bis 5. Basis für diese „Scores“ sind die per Biopsie oder Operation gewonnenen Gewebeproben. Diese werden vom Pathologen unterm Mikroskop nach ihrer Architektur beurteilt. Dabei bewertet er die jeweils häufigste und die jeweils zweithäufigste Störung der Gewebestruktur mit Zahlen von 1 bis 5. Anschließend werden beide Zahlen addiert. Als Summen resultieren Gleason Scores (GS) mit Werten zwischen zwei und zehn (z.B 3 + 3 = 6).

Ältere Urologen arbeiten gerne noch mit der Malignitätsbestimmung (Grading) von Karzinomen, beginnend mit G1 (gering) über G2 (mittel) bis G3 (hoch). Die Gleason-Scores (GS) sind jedoch differenzierter und daher aussagekräftiger. Aus mehrjähriger Erfahrung signalisieren GS-Summen von

2-4 ein geringe Malignität, entsprechend G1 = low grade
5-6 eine mittlere Malignität, entsprechend G2 = intermedium grade
7-10 eine hohe Malignität, entsprechend G3 = high grade

Die Erfahrung zeigt, dass Karzinome bei jüngeren Männern in der Regel aggressiver sind, also sich schneller teilen als bei älteren Männern. Je nach Größe, Lage, Ausbreitung und Aggressivität des Karzinoms sowie des Alters des Mannes stehen dann folgende Therapien zur Entscheidung:

Die Radikale Prostatektomie (RP)
durch Unterbauchschnitt (vom Nabel bis zum Schambein), Dammschnitt oder per Laparoskopie (Schlüssellochmethode).

Der Klinikaufenthalt beträgt bis 14 Tage. Anschließend ist eine drei- bis vierwöchige Rehabilitation in einer Spezialklinik zur Wiedererlangung der Kontinenz und des psychischen Gleichgewichts empfehlenswert. Die erste Radikale Prostatektomie wurde 1896 in Wien durchgeführt und mit den Jahren weltweit verfeinert. Sie gilt als Prostatakrebstherapie mit den zeitlich längsten Erfahrungen und den besten Erfolgen. Die RP beinhaltet die komplette operative Entfernung der Prostata mit dem durch sie verlaufenden Harnröhrensegment, dem integrierten vegetativen oberen Schließmuskel, den Endstücken der Samenleiter, den benachbarten Samenbläschen und zahlreichen regionären Lymphknoten. Insbesondere bei fortgeschrittenen Tumoren, aber ohne vorher entdeckte Fernmetastasen, ist die RP die wohl sicherste Heilmethode, da noch während der Operation die regionären Lymphknoten auf Metastasen und die Schnittränder auf Tumorreste untersucht werden können.

Keine Angst vor Inkontinenz ...

Die einst nach einer RP von vielen Männern gefürchtete Inkontinenz (Urintröpfeln) gehört mittlerweile zu den Ausnahmefällen. Bei einer RP wird der in der Prostata direkt unter der Blase sitzende obere, vegetative (unwillkürliche) Schließmuskel mitentnommen. Nach der Anastomose (der Wiederverbindung der um das Prostatasegment verkürzten Harnröhre mit der Blase) muss dann der vorher unterhalb der Prostata vorhandene zweite jedoch willkürliche Schließmuskel die Stop-and-Go-Arbeit des Wasserlassens übernehmen. Das kann er in der Regel nicht auf Anhieb, sondern er muss es erst lernen. Ein dafür notwendiges Schließmuskel- und Beckenbodentraining beginnt daher meist gleich nach der Entfernung des zu Beginn der OP eingebrachten Blasenkatheters und wird in der Anschlussheilbehandlung (AHB) in einer urologischen Rehabilitationsklinik fortgesetzt. Die überwiegende Zahl der Patienten ist danach „trocken“.

Der Blasenkatheter sorgt die ersten Tage nach der OP dafür, dass die Anastomose in Ruhe dichtwachsen und kein Urin ins Bauchgewebe lecken kann. Nach etwa einer Woche wird die neue Blasen-Harnröhrenverbindung unter einem Röntgengerät mithilfe eines durch den Katheter in die Blase gepumpten Kontrastmittels auf Dichtheit geprüft. Ist sie dicht, wird der Katheter gezogen. In Ausnahmefällen kann es einige Zeit nach der RP zu einer Striktur (Narbenengstelle) in der Anastomose kommen, so dass das Wasserlassen schwieriger wird. Dies lässt sich durch eine Harnstrahlmessung nachweisen. Im Falle eines Falles muss das Problem durch transurethale Bougierung (Dehnung) oder durch Abhobelung bzw. Schlitzung behoben werden. Der Eingriff erfolgt durch Penis und Harnleiter unter Vollnarkose oder per Spinalanästhesie. Bei letzterer handelt es sich um eine Betäubung des Unterkörpers durch Einspritzen von Betäubungsmitteln in den Wirbelkörperkanal im Bereich der Lendenwirbelsäule.

... und keine Angst vor Impotenz

Auch die von allen Männern gefürchtete Impotenz nach einer RP, also die nicht mehr ausreichende Gliedversteifung nach der Operation, ist dank der am 26. April 1982 vom Urologen Patrick C. Walsh am Johns Hopkins Hospital in Baltimore (USA) erstmals durchgeführten nervschonenden Prostatektomie kein unausweichliches Schicksal mehr. Welsh demonstrierte der Fachwelt, wie man die beidseitig dicht an der Prostata vorbeilaufenden nervi erectile (Erektionsnerven) bei einer RP verschonen kann – vorausgesetzt natürlich, das Karzinom hat sie noch nicht befallen. Bei beidseitiger Schonung dieser Nerven ist mit bis zu 60-prozentiger Wiedergewinnung der natürlichen Gliedsteife zu rechnen. Bei einseitiger Schonung beträgt die Chance auf Wiedererlangung der Manneskraft noch bis 40 Prozent. Der nervschonende Operateur arbeitet dabei mit modernster Technik, mit Kopflicht und Lupe. Gleich nach der Operation, genauer, nach dem Entfernen des Blasenkatheters, wird von ihm eine Wiedergewinnung von Erektionen durch das Schwellkörpertraining nach dem „Kieler Therapiekonzept“ eingeleitet. Dieses Behandlungskonzept wurde von Professor Dr. Klaus-Peter Jünemann, Chefarzt der Urologischen Klinik des Universitätsklinikums Kiel, entwickelt.

Das Training beginnt mit der Gabe von kleinen Mengen an PDE-5-Hemmern (Levitra, Viagra, Cialis). Diese Mittel unterstützen bei Libido (sexuellem Verlangen) eine Erektion des Gliedes. Sie helfen dem Körper auch, die nächtlichen vegetativen Versteifungen des Gliedes wieder aufzunehmen, die für den Mann nötig sind, um die Schwellkörper seines Gliedes regelmäßig mit Sauerstoff zu versorgen und so elastisch zu halten. Viele Männer verspüren die letzte nächtliche vegetative Versteifung ihres Gliedes zusammen mit ihrem morgendlichen Blasendruck nach dem Aufwachen und nennen das Phänomen volkstümlich „Wasser- oder Morgenlatte“. Falls die PDE-5-Hemmer mangels Libido nicht die gewünschte Wirkung erzielen, kann mit Prostaglandinen nachgeholfen werden. Diese Gewebshormone, die auch ohne Libido, also ohne sexuelle Lust, eine Gliedversteifung hervorrufen, werden vom Patienten in einen der beiden oberen Schwellkörper des Penis gespritzt (SKAT = Schwell-Körper-Autoinjektions-Technik) oder als Schmelz-Tablette durch die Eichel in die Harnröhre geschoben (MUSE = Medizinisches Urethrales System für die Erektion). Das Kieler Schwellkörpertraining läuft über rund sechs Monate.

Orgasmus ja - Zeugung nein

Ein Orgasmus ist auch nach einer Radikalen Prostatektomie (RP) möglich. Denn die für das Hochgefühl des Mannes verantwortlichen Nervenbahnen werden beim Eingriff nicht tangiert. Da jedoch die Samenleiter bei der RP gekappt werden und die vorher von der Prostata produzierte Samenflüssigkeit nicht mehr vorhanden ist, verläuft der Orgasmus nach der Operation „trocken“. Es kann kein Samen mehr ausgestoßen werden. Eine SKAT-Behandlung mit bis zu zweistündiger Wirkung kostet rund 12 Euro, eine ähnlich effektive MUSE-Tablette etwa 17 Euro. Und eine Tablette mit einem PDE-5-Hemmer kostet je nach Dosierung zwischen drei und 13 Euro. Leider müssen die Kosten dafür vom Patienten selber getragen werden, da diese Erektionshilfen für Krankenkassen, Beihilfen und Gerichte Lifestyle-Präparate zur Lustförderung sind. Dass Potenz und Manneskraft wesentliche Stützen des männlichen Selbstbewusstseins sind, die den betroffenen Männern durch den Prostatakrebs genommen wurden, wollen die Entscheidungsträger in unserem Gesundheitssystem leider nicht so sehen.

Stützen des männlichen Selbstbewusstseins

Stellen Sie trotzdem einen Antrag auf eine sechsmonatige Kostenübernahme oder -beteiligung an PDE-5-Hemmern oder Prostaglandinen durch Ihre Krankenkasse, Krankenversicherung oder Beihilfe. Lassen Sie den Antrag von Ihrem Operateur spezifizieren und unterzeichnen. Antragsformulare und weitere detaillierte Informationen zum Schwellkörpertraining finden Sie in der Broschüre „Prostatakrebs…wie geht’ weiter?“ von Bayer HealthCare. Ihr Urologe besorgt sie Ihnen gerne. Und legen Sie gegen einen Ablehnungsbescheid binnen 30 Tagen schriftlich Widerspruch ein. Beziehen Sie sich dabei auf Urteile des Sozialgerichts Oldenburg (Az. S6KR87/03 v. 24.2.2004 und S6KR201/04 vom 19.10.2005). Merke: Man sollte die Flinte nie zu früh ins Korn werfen.

Übung macht den Meister, vor allem bei einer nervschonenden RP. Scheuen Sie sich nicht, Ihren Operateur im Vorgespräch nach seinen jährlich durchgeführten Radikalen Prostatektomien und seinen Erfahrungen damit zu fragen. Fragen Sie ihn auch, ob er Sie nervschonend operieren kann. Und bitten Sie bei Erfolg um eine Anschlußtherapie nach dem „Kieler Konzept“. Wichtig ist auch, ob Ihr Operateur die Qualität seiner Arbeit kontinuierlich überprüft, ob seine Patienten also auch später mit ihm über Patientenfragebögen oder über die Nachsorge in Kontakt bleiben. Langzeitstudien belegen übrigens, dass eine RP bei jüngeren und bei stabilen älteren Patienten mit einem örtlich begrenzten oder leicht fortgeschrittenen Tumor (bis T3a) ohne vor der Operation festgestellte Metastasen das längste Überleben bei höchstmöglicher Lebensqualität verspricht.

Die Hoch-Intensive Fokussierte Ultraschall-Therapie (HIFU): Hier werden die Krebszellen mit energiereichen Schallwellen zerstört.

Bei dieser aus Frankreich stammenden Therapie werden Ultraschallwellen wie durch eine Linse punktgenau auf den Karzinombereich fokussiert. Im „Brennpunkt“ der Wellen entstehen Temperaturen um 90 - 100 Grad, so dass die malignen (kranken) Zellen „verkochen“. Die Behandlung wird computergesteuert durchgeführt. Da der Patient sich dabei aus Sicherheitsgründen nicht bewegen darf, bevorzugen die meisten Chirurgen die Vollnarkose. Ist aus medzinischen Gründen nur eine Teilnarkose möglich, so empfiehlt sich eine Spinalanästhesie (Betäubung des Unterkörpers über eine Injektion ins Rückenmark) in Kombination mit einem ruhigstellenden Schlafmittel.

Die HIFU-Methode empfiehlt sich für Patienten mit einem lokal begrenztem Karzinom (bis T2) ohne bereits entdeckte Fernmetastasen (M0) und befallene Lymphknoten (N0). Das Grading des Karzinoms sollte den Gleason Score 3+4=7 noch nicht übersteigen. Die HIFU ist insbesondere für ältere Männer mit Begleiterkrankungen angesagt, für die eine RP mit zu hohen Risiken behaftet ist. Die HIFU ist überdies eine schonende Therapie-Alternative nach einem Wiederaufflammen eines Prostatakrebses (Rezidiv) nach einer Strahlenbehandlung, da dann eine operative Entfernung der Prostata nur noch schwer möglich ist. Die HIFU-Behandlung ist unblutig, nahezu schmerzlos, fast ohne Nebenwirkungen und kann wiederholt werden. Zur Vermeidung von Blasenentleerungsstörungen sollte vor einer HIFU allerdings eine Schälung der Prostata im Harnröhrenbereich erfolgen. Insgesamt reicht ein Klinikaufenthalt von fünf bis sechs Tagen. Findet eine HIFU-Behandlung stationär in einem Krankenhaus statt, übernimmt die PKV die Kosten. Leider gibt es bei dieser Therapie erst Erfahrungsdaten über gut zehn Jahre.

Eine weitere Behandlungstechnik ist die Radiotherapie: Hierbei werden die Krebszellen mit hochfrequenten und energiereichen radioaktiven Strahlen zerstört.

Die Radiotherapie ist eine unblutige und schmerzfreie Form der Krebstherapie, verlangt aber hohe Sorgfalt in Dosis und punktgenauer Fokussierung der eingesetzten Energie, um gesundes Nachbargewebe nicht über Gebühr zu belasten. Radioaktive Strahlen sind hochenergetische, elektromagnetische Wellen, die Veränderungen im Erbgut von menschlichen Zellen bewirken. Diese Veränderungen werden von nur schwach getroffenen gesunden Zellen meist wieder repariert. Voll getroffene maligne Zellen hingegen haben ein weniger gut funktionierendes Reparatursystem, so dass die durch die Strahlen erfolgten Erbgutveränderungen permanent bleiben und die Zellen spätestens bei ihrer nächsten Teilung sterben. Eine Bestrahlung kommt in der Regel dann in Betracht, wenn der behandelnde Urologe bzw. der Patient eine Radikale Operation und die damit verbundenen Risiken und Nebenwirkungen scheuen, vor allem, wenn der Allgemeinzustand des Patienten zu schlecht für eine Operation ist. Eine Bestrahlung ist allerdings auch dann sinnvoll, wenn bei einer Radikalen Prostatektomie festgestellt wird, dass der Tumor die Kapsel der Prostata bereits überschritten (T3) hat, oder dass malignes Gewebe nicht völlig entfernt werden konnte und noch in den Schnittrand hineinreicht (R1-Resektion).

Eine in den 80-er Jahren aus den USA übernommene Radiotherapie mit schwacher Strahlung und kurzen Klinikaufenthalten ist die Niedrig-Dosen-Raten-Brachtherapie (LDR). Bei ihr werden unter periduraler Teilnarkose (mithilfe eines über einen kleinen Schlauch ins untere Rückenmark eingebrachten Betäubungsmittels) bei transrektaler Ultraschallkontrolle (TRUS) bis zu 80 schwach radioaktiv strahlende Metallstifte (Seeds) ins Prostata-Karzinom eingepflanzt. Als Strahlenquelle werden Jod oder neuerdings Palladium genutzt. Die Strahlung wirkt nur im Radius von rund 1,5 mm um den Stift herum und sinkt im Laufe von einigen Monaten auf Null. Die Stifte verbleiben auf Dauer in der Prostata. Der Eingriff ist unblutig und verlangt in der Regel eine stationäre Behandlung von zwei Tagen. Am ersten Tag wird die Prostata per TRUS vermessen, damit der Strahlentherapeut weiß, wo in der Prostata er wie viele Seeds platzieren muss. Am zweiten Tag erfolgt dann die Implantation der Seeds. Nach der Erholung von der Betäubung kann der Patient die Klinik dann wieder verlassen. Allerdings muss er nach rund vier Wochen erneut vorstellig werden. Es steht eine CT (Computertomografie) an, mit deren Hilfe der Strahlentherapeut die Seeds überprüft. In einigen Fällen müssen Lage und Anzahl der Seeds korrigiert werden. Das erfordert einen weiteren Behandlungstag.

Die LDR sollte nur bei noch kleinen auf die Prostatakapsel beschränkten (bis T2) und gering aggressiven Karzinomen (bis GS 6) sowie einem PSA-Wert von unter 10 durchgeführt werden. Außerdem dürfen in der radiologischen Voruntersuchung keine Fernmetastasen entdeckt worden sein. Die schwache Strahlung der Seeds benötigt bis zur Abtötung maligner (bösartiger) Zellen eine gewisse Zeit. Sollte die Strahlungswirkung der Seeds zu früh nachlassen, sollten also Krebszellen in der Prostata überleben, dann werden die PSA-Werte des Patienten wieder steigen. Dann muss er perkutan (von außen durch die Haut) nachbestrahlt und zusätzlich mit einer kombinierten Chemo- und Hormontherapie nachbehandelt werden, um manifeste und vagabundierende Krebszellen bzw. Minimetastasen per Hormonentzug am Wachstum zu hindern und per Zellgift zu töten. Eine Radikale Prostatektomie ist nach vorheriger Bestrahlung der Prostata nur noch unter verschlechterten Bedingungen möglich.

Eine weitere Form der Radiotherapie ist die Hoch-Dosis-Raten-Brachytherapie (HDR):

Bei ihr werden, ebenfalls unter periduraler Teilnarkose übers Rückenmark, fünf bis 20 computertomografisch gesteuerte Hohlnadeln über eine Lochplatte durch den Damm (Körperbereich zwischen Darmausgang und Peniswurzel) ins Prostatakarzinom eingeführt und dann mit hochenergetischen Strahlenquellen (Iridium 192) nachgeladen. Daher auch der Begriff „Afterloading“ für diese Form der Strahlentherapie. Die Behandlung erfolgt in der Regel zwei- bis dreimal hintereinander mit einigen Wochen Abstand. Sie dauert jeweils rund vier Stunden, einschließlich der Erholungsphasen nach den Narkosen. Die HDR eignet sich besonders für Tumore, die aufgrund ihrer Ausdehnung nicht mehr für eine Operation geeignet sind aber noch keine Metastasen gebildet haben.
Bei der Brachytherapie (griechisch: brachys = nah/kurz) handelt es sich also um eine Radiotherapie, bei der die Strahlenquellen in der Nähe des zu bestrahlenden Organs platziert werden – also um eine Bestrahlung über kurze Abstände.

Im Anschluss an eine HDR wird zur Sicherheit oft noch adjuvant eine Perkutane Strahlentherapie durchgeführt. Dabei erfolgt die Bestrahlung des malignen Gewebes mithilfe eines Linearbeschleunigers von außen durch die Haut (perkutan) und über eine größere Distanz als bei der Brachytherapie. Die genaue Fokussierung und Stärke der Strahlen wird vorab vom Strahlentherapeuten per Computertomografie (CT) ermittelt und inStrahlenfelder eingeteilt. Aus den gewonnenen Daten lässt er für jedes Bestrahlungsfeld individuell Bleiblöcke gießen und in den Strahlerkopf einhängen. Diese sorgen dann dafür, dass die Strahlungsziele und Energiemengen optimal seinen Vorgaben entsprechen. Diese Behandlung wird in der Regel fünfmal die Woche, ambulant, über fünf bis sechs Wochen durchgeführt. Sie ist unblutig und schmerzlos aber nicht ohne sich später einstellende Nebenwirkungen, auf die wir noch zu sprechen kommen.

Eine alleinige Perkutane Strahlentherapie bei Prostatakrebs kommt meist nur für Männer infrage, die aufgrund von Begleiterkrankungen oder ihres hohen Alters nur noch mit Höchstrisiken betäubt und operiert werden können. Zusätzlich zur radiologischen Behandlung erhalten diese Patienten eine Hormonentzugstherapie, um das Karzinomwachstum zu bremsen. Die Langzeitüberlebensraten bei Radiotherapien sind statistisch denen der operativen Behandlung unterlegen. Außerdem drohen bei Strahlentherapien nach zwei bis drei Jahren dauerhafte Kontinenz- und Potenzbeschwerden. Ferner können im Langzeitverlauf, vor allem bei der perkutanen und der HDR-Strahlentherapie, Blasen- und Mastdarmkrebs auftreten. Eine aufmerksame Strahlentherapie-Nachsorge ist also zu empfehlen. Die geschilderten Kontinenz- und Potenzprobleme sind Folge der radioaktiven Bestrahlung der Prostata, einschließlich des oberen und des unteren Schließmuskels sowie der eng anliegenden Erektionsnerven.

Eine aus der Bestrahlung resultierende dauerhafte Inkontinenz kann nur noch mit Vorlagen oder mit einem chirurgisch eingepflanzten, künstlichen Schließmuskel erträglich gemacht werden. Ein dauerhafter Potenzverlust kann medikamentös mit den beschriebenen Prostaglandinen (SKAT oder MUSE) oder mechanisch behandelt werden. Eine Vakuumpumpe bewirkt eine Erektion per Unterdruck in einem Glaszylinder, in den der Penis gesteckt werden muss. Es gibt auch mechanisch-hydraulisch arbeitende Schwellkörper, die operativ als Implantate eingesetzt werden. Sprechen Sie dazu ausführlich mit Ihrem Urologen und entscheiden Sie dann gemeinsam.

Leider bleiben Restrisiken

Nach allen Prostatakrebs-Therapien bleiben leider Restrisiken für die Betroffenen. Denn trotz sauberster Operation und optimaler Bestrahlung können Minimetastasen (kleinste Krebszellenverbände) in Gewebe, Blut und Lymphe verblieben sein, die mit heutiger Medizin- und Biotechnik noch nicht entdeckt werden können. Diese unentdeckten und überlebenden Prostatakrebszellen können sich irgendwann teilen, also vermehren, und sich dann im Körper, vorzugsweise in den Knochen, in den Lymphknoten, in der Leber und in der Lunge als Metastasen absiedeln. In diesem Fall spricht man von einem Rezidiv (einem Wiederaufflammen der Krankheit).

Dies sollten Patienten bedenken, die sich z. B. nach einer erfolgreichen Radikalen Prostatektomie oder Bestrahlung für „Watchful Waiting“ (Kontrolliertes Abwarten) entscheiden. “Erfolgreich“ bedeutet in diesem Fall, dass kein PSA mehr gemessen wird. Unter „kontrolliert“ versteht man eine weiterführende regelmäßige PSA-Kontrolle. Prostatazellen teilen sich bei älteren und alten Männern verhältnismäßig langsam. Ein Rezidiv dürfte bei dieser Patientengruppe daher nicht von heute auf morgen stattfinden. Zu erkennen wäre ein Rezidiv an erneut messbaren und steigenden PSA-Werten. Die dann notwendig werdende neuerliche Therapie dürfte aufgrund der zwischenzeitlich fortgeschrittenen Forschung auf vermutlich höherem medizinischen Niveau als heute erfolgen. Allerdings sollte man bei diesem „Karzinom-Glücksspiel“ im Auge behalten, dass ein mit heutigen Methoden gerade wieder messbarer PSA-Wert von knapp unter 0,01 ng/ml im Blut bereits von zigtausend Krebszellen stammt - dass also bei der neuerlichen Entdeckung von PSA schon wieder ein potenter Feind bekämpft werden muss, der sich möglicherweise bereits abgesiedelt, also Metastasen gebildet hat.

Um das Restrisiko von rund 20 - 30 Prozent nach einer Radikalen Prostatektomie mit einem Tumor ab T3 gegen Null zu bringen, empfehlen auf Sicherheit bedachte Urologen ihren Patienten nach der OP daher eine adjuvante (nachfolgende) Therapie. Diese beginnt oft mit einer Nachbestrahlung der “entkernten” Prostatamulde mit einer schwachen und nahezu nebenwirkungsfreien Strahlendosis, um “unentdeckte” Tumorzellen in den Schnitträndern zu vernichten. Zusätzlich zur Bestrahlung unterwerfen die Urologen den Patienten einem Therapie-Mix aus Zellgiften (Chemotherapie) oder einer Hormonblockade (Testosteronentzug), um in Lymph- und Blutbahnen noch vagabundierende Prostata-Krebszellen zu vernichten. Als Hormone werden Botenstoffe bezeichnet, die in vielfältiger Weise unsere Köperfunktionen steuern. Das männliche Hormon Testosteron zum Beispiel wird auf Befehl des Hypothalamus (Zwischenhirns) und der Hypophyse (Hirnanhangdrüse) in beiden Hoden hergestellt. Es fördert das Wachstum der Prostatazellen (ob gut- oder bösartig). Der Entzug von Testosteron kann umgekehrt das Zellwachstum stoppen. Dies entdeckte vor rund 62 Jahren der Wissenschaftler Charles Huggins und erhielt dafür den Nobelpreis.

Für den Entzug von Testosteron gibt es zwei Möglichkeiten:

- die operative Kastration:
Hierbei wird das hormonproduzierende Hodengewebe entfernt. Hodenhülle und Nebenhoden bleiben erhalten, so dass äußerlich kaum eine Veränderung des Hodensacks festzustellen ist.

- die chemische Kastration:
Hierbei werden die aus dem Zwischenhirn auf die Hirnanhangdrüse wirkenden Substanzen zur Stimulierung der Hoden zur Testosteronbildung blockiert. Man nennt diese Therapie LHRH- Agonisten-Therapie. Sie erfolgt durch unter die Haut gesetzte Spritzen - einmal pro Monat oder alle drei Monate. Alternativ oder alternierend dazu können auch Antiandrogene verabreicht werden, die die Wirkung der in Hoden und Nebennierenrinde gebildeten Androgene (männliche Geschlechtshormone) blockieren. Die Antiandrogene besetzen die Anheftungsstellen des Testosterons an den Prostatazellen, so dass das wachstumsfördernde männliche Geschlechtshormon nicht mehr von der Prostatazelle aufgenommen werden kann.

Ein Testosteronentzug, ob operativ oder chemisch, hat allerdings nicht unerhebliche Nebenwirkungen. Da der Mann in seinen Nebennieren auch Östrogene (weibliche Hormone) produziert, sind diese plötzlich in der Überzahl. Das führt beim Mann zur Verminderung der Libido (des Geschlechtstriebs), zum Verlust der Erektion (Gliedversteifung), zu Hitzewallungen, zu Osteoporose (Knochenentkalkung), zu Abgeschlagenheit, zu Depressionen und zu schmerzhaftem Brustwachstum. Eine operative Kastration ist endgültig, eine chemische ist reversibel. Setzt man die chemische wieder ab, wird wieder Testosteron gebildet, kehrt die “Männlichkeit” zurück. Einzig die Brustschwellung ist nicht reversibel. Sie muss daher durch vorbeugende Bestrahlung der Brustdrüsen verhindert werden.In der Regel reagieren anfangs fast alle Prostatazellen auf den Hormonentzug mit Einstellung ihrer Teilung und somit einem Stopp ihres Wachstums. Dieser Effekt lässt jedoch im Laufe der Zeit nach. Die Zellen werden nach rund zwei Jahren hormontaub; es kommt zu einem Wiederaufflammen der Zellteilung (des Wachstums) und somit zu einem Fortschreiten der Krebserkrankung.

Um das vom Hormonentzug zeitweilig gestoppte Wachstum des Krebses in einen endgültigen Zelltod zu verwandeln wird daher von vielen Urologen die Chemohormontherapie - eine kombinierte Therapie aus Hormonentzug und Zytostatika (Zellgifte) eingesetzt. Zellgifte töten Tumorzellen, allerdings nur, wenn diese sich gerade in Teilung befinden. Ruhende Krebszellen werden nicht erreicht. Deshalb besteht eine Zellgifttherapie (Chemotherapie) aus mehreren Einzelbehandlungen (Zyklen), die sich bei Prostatakrebs über Monate hinziehen können. Dazwischen liegen längere Pausen, in denen sich das gesunde Gewebe erholen kann, bevor man mit einer neuerlichen Giftgabe weitere Krebszellen im Stadium der Teilung erreicht. Die meisten Zellgifte werden als Venen-Infusionen gegeben, manche auch als Tabletten verabreicht. Die Behandlung erfolgt meist ambulant; der Patient kann nach jeder Anwendung wieder nach Hause gehen. Aktuell setzt man als Zellgifte hocheffektive Taxane ein. Sie sind natürlichen Ursprungs und werden aus der Eibe gewonnen.

WEHRET DEN ANFÄNGEN

Vorsorge bleibt die wichtigste Waffe gegen die erstarkende Geißel des Mannes, den Prostatakrebs. Nur Vorsorge verspricht optimalen Schutz bei höchster Lebensqualität und ohne Nebenwirkungen. Dazu gehören eine ausgeglichene und maßvolle Ernährung, ausreichend Bewegung, Einhaltung des Normalgewichts, das familiäre Forschen nach erblichen Vorbelastungen und regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen ab dem 40. Lebensjahr mit PSA-Kontrolle, sonografischer Volumenbestimmung (TRUS) der Prostata und dem Abtastens der Drüse (DRU) auf der Suche nach Verhärtungen. 12.000 Prostatakrebs-Tote pro Jahr in Deutschland sind 12.000 Tote zu viel. Sie müssten nicht zu beklagen sein, wenn das Allgemeinwissen der Männer über ihren Unterleib weniger von Ignoranz, falscher Scham und Potenzgehabe, sondern mehr von Fakten, Vorsorge, Früherkennung und angemessener Therapie geprägt wäre. 60 Prozent der Frauen nutzen die kresbvorsorge. Dagegen nur 25 Prozent der Männer. Das sollte nicht so bleiben.

Geben Sie sich einen Ruck und auch Sie zum Urologen! Sie gewinnen daduch an Lebensqualität!

Fachliche Beratung:

Privatdozent Dr. med. Michael Waldner, Chefarzt der Urologischen Klinik des St. Elisabeth-Krankenhauses in Köln-Hohenlind / Akademisches Lehrkrankenhaus der Universität zu Köln

Quellen:

Bayer Health Care, Deutsche Krebshilfe (Blaue Ratgeber), Edap-Hifu, Heise Medizintechnik, Hoffmann-La Roche, Hoyer, Interdisziplinäres Tumorzentum des Klinikums der Universität Tübingen, Labor Limbach in Heidelberg, Novartis Pharma, Pfizer Pharma, Reha-Klinik Quellental in Bad Wildungen-Reinhardshausen (CA Professor Dr. Ullrich Otto), Sanofi-Aventis, Schwarz Pharma, STADApharm, Takeda Pharma, Urologische Klinik des St. Elisabeth-Krankenhauses in Köln-Hohenlind (CA PD Dr. Michael Waldner), Urologische Praxis der Klinik Links vom Rhein in Köln -Rodenklirchen (Dr. med. Rudolf Stratmeyer), Wilhelminenspital in Wien (Univ. Professor Dr. Othmar Zechner), und andere.

Text und Copyright:

Uwe C Schoop
Journalist (im DJV)
D-50997 Köln
uwe.schoop@t-online.de

Bürgerreporter:in:

Uwe C Schoop aus Köln

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