Politik zwischen Populismus, Facebook und Fake News

Hochkarätig besetzt war die Populismus-Diskussion der FDP Aichach-Friedberg (v.l.n.r: Autor und BILD- Journalist Ralf Schuler, Radioredakteur Stefan Mack, Europawahl-Kandidat Joachim Pehlke, Medienethiker Klaus Dieter Altmeppen, Patrick Kügle (Vorsitzender der FDP Aichach), FDP-Kreisvorsitzender und Kreisrat Karlheinz Faller)
  • Hochkarätig besetzt war die Populismus-Diskussion der FDP Aichach-Friedberg (v.l.n.r: Autor und BILD- Journalist Ralf Schuler, Radioredakteur Stefan Mack, Europawahl-Kandidat Joachim Pehlke, Medienethiker Klaus Dieter Altmeppen, Patrick Kügle (Vorsitzender der FDP Aichach), FDP-Kreisvorsitzender und Kreisrat Karlheinz Faller)
  • hochgeladen von Thomas Quante

„Darf man bei Straftaten die Nationalität nennen?“: Hitzige Diskussion über die Verantwortung der Medien bei Podiumsdiskussion der Landkreis-FDP

Aichach, 20.05.2019. Wenn große Teile der Bevölkerung den Eindruck haben, dass ihre Sorgen von der Politik nicht ernst genommen werden, wird das schnell zu einem Problem für unsere Demokratie.“ Mit diesen Worten begrüßte der Aichacher FDP-Vorsitzende Patrick Kügle (41) die Teilnehmer an einer Podiumsdiskussion der Wittelsbacher Liberalen. Thema der Veranstaltung war das Erstarken populistischer Strömungen in zahlreichen EU-Staaten und die Verantwortung der Medien. Zahlreiche Gäste waren ins Aichacher Reh-staurant gekommen, um mit BILD- Politikredakteur Ralf Schuler (Berlin),
Medienexperte Prof. Dr. Klaus-Dieter Altmeppen (Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt), hitradio.rt1-Redaktionsleiter Stefan Mack (Augsburg) und Europawahl-Kandidat Joachim Pehlke (Friedberg) zu diskutieren.

„Politik muss die Themen aufgreifen, die die Menschen bewegen“
„Wenn man das Erstarken rechtspopulistischer Strömungen vermeiden will, müssen Politik und Medien die Themen aufgreifen, welche die Menschen bewegen“, war Ralf Schuler, Leiter der Parlamentsredaktion bei BILD, überzeugt. Populismus sei heute ein „politisches Schimpfwort“. Dabei war Populismus ursprünglich eine „demokratische Ur-Tugend“ sein. Was „das Volk“ (lateinisch: „populus“) bewege, gehöre in einer Demokratie auch in die politische Diskussion, so Sachbuchautor Schuler („Lasst uns Populisten sein ...10 Thesen für eine neue Streitkultur“, Herder Verlag).

Merkmale von Populisten seien es, einfache Lösungen für komplizierte Probleme bieten zu wollen sowie eine Anti-Haltung gegenüber dem „Establishment“. Das „Totschweigen ungeliebter Tendenzen und Meinungen“, wie man es bei der AFD versucht habe, sei mittlerweile keine Lösung mehr: „Im Zeitalter von Facebook und Co. haben die Medien ihre Meinungshoheit verloren. Diskussionen finden heute zunehmend online und in geschlossenen Gruppen statt.“ Ob allerdings die so genannten „Populisten“ tatsächlich auch die Meinung des Volkes vertreten, stünde auf einem anderen Blatt, meinte Schuler.

Erfolgsrezept: „Kriminalität, Konflikt, Krise“
„Verantwortung ist eine Idee, die das Geschäftsmodell mancher Medien bedroht“, sagte Prof. Dr. Klaus-Dieter Altmeppen. Er leitet das Zentrum für Ethik der Medien und der digitalen Gesellschaft an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt. „Auch wenn Gründer Mark Zuckerberg oft das Gegenteil behauptet: Facebook ist mittlerweile weit mehr als nur ein Technologie-Anbieter. Sondern selbst ein großes Medienunternehmen mit eigenen Interessen.“

Insofern seien – wie bei den Boulevard-Medien – auch in den sozialen Netzwerken vor allem diejenigen Inhalte erfolgreich, die Themen vereinfachen, zuspitzen, dramatisieren und emotionalisieren („wir gegen die anderen“). Zum Teil werde damit wissentlich Angst und Unsicherheit geschürt – etwa indem bei Straftaten (entgegen der Vorgaben des deutschen Pressekodex ́) die Herkunft der Täter genannt wird. Das Prinzip sei dabei ähnlich wie bei Nachrichtensendungen: „Kriminalität, Konflikt und Krise bringen Reichweite – und damit Erlöse.“

„Sagen, was ist“
„Natürlich nennen wir bei Straftaten auch die Herkunft der vermeintlichen Täter, wenn das für die Berichterstattung wichtig ist“, entgegnete hitradio.rt1-Redaktionsleiter Stefan Mack. „Als Radiosender verstehen wir uns als Anwalt unserer Hörer. Deshalb sehe ich es auch als unsere Verantwortung, die Fragen aufzugreifen, die die Region bewegen.“ Sonst entstünde schnell der Eindruck, die Medien würden unliebsame Themen ignorieren oder schlimmstenfalls „totschweigen“.

Als Radio-Journalist halte Mack es mit dem Leitspruch des SPIEGEL-Gründers Rudolf Augstein: „Sagen, was ist“. Dabei sei es Aufgabe der Medien, Informationen und Nachrichten in die „Sprache der Menschen“ zu übersetzen – „ohne über jedes Stöckchen zu springen, dass uns manchmal, etwa von rechtspopulistischen Gruppierungen, hingehalten wird“ (Mack).

„Politikversagen“ in der Flüchtlingsdebatte
Den Beginn eines Vertrauensverlustes der Medien bei manchen Bevölkerungskreisen – der in den „Lügenpresse“-Vorwürfen der AFD eskalierte – verortete der FDP-Europawahlkandidat Joachim Pehlke in das Jahr 2008. Die weltweite Finanzkrise, die Diskussionen um Bankenrettung, Griechenland-Subventionen und Flüchtlinge zeichneten das Bild einer gespaltenen Gesellschaft. „Hier hat die Politik eindeutig versagt“, bemerkte Pehlke.

Das Beispiel der rasenden Verbreitung von Falschmeldungen in den sozialen Netzwerken („Fake News“) zeige, wie sehr neue digitale Technologien eine Gesellschaft beeinflussen können. Das sei gerade bei Formen Künstlicher Intelligenz (KI) der Fall. „KI wird unsere Gesellschaft grundlegend revolutionieren – die Art, wie wir kommunizieren, aber auch unser gesamtes Arbeitsleben“, so Pehlke, selbst IT-Manager bei einem großen Telekommunikationsunternehmen.

Digitaler Kontoauszug für Nutzerdaten
Im Anschluss an die Beiträge der Referenten fand eine teilweise recht kontroverse Diskussionsrunde statt, bei der viele weitere Themen angesprochen wurden. So brachte der Eichstätter Journalismus-Professor Altmeppen den Vorschlag eines „digitalen Kontoauszuges“ über die Datennutzung ein: Wenn internationale Konzerne mit den Daten ihrer Nutzer Erlöse erwirtschaften, sei es naheliegend, dass die Nutzer als „Datenlieferanten“ auch an den Unternehmensgewinnen beteiligt würden, regte der Medienethik-Experte an.

Bürgerreporter:in:

Thomas Quante aus Friedberg

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