Ein Haus des Friedens mitten im Krieg

Ein einigermaßen geregeltes „Familienleben“ sowie Schutz vor den Wirren des Bürgerkrieges finden knapp 100 Waisenkinder in einem von der Aichacher Hilfsorganisation Jemen Kinderhilfe e.V. angemieteten Haus in Taizz/Jemen. Jetzt müssen sie ihr Heim verlassen, weil der geflüchtete Eigentümer das Haus selbst benötigt. 
Fotos: Ali Al Sufi | Foto: Ali Al Sufi
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  • Ein einigermaßen geregeltes „Familienleben“ sowie Schutz vor den Wirren des Bürgerkrieges finden knapp 100 Waisenkinder in einem von der Aichacher Hilfsorganisation Jemen Kinderhilfe e.V. angemieteten Haus in Taizz/Jemen. Jetzt müssen sie ihr Heim verlassen, weil der geflüchtete Eigentümer das Haus selbst benötigt.
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Aichacher Jemenhilfe hat viele Schützlinge in dem gebeutelten Land. Viele von ihnen sind Kinder. Damit sie nun ein sicheres Zuhause bekommen, plant der Verein den Kauf eines Hauses. Dafür braucht er Unterstützung. 

Der Krieg im Jemen tobt unverändert und es ist kein Ende in Sicht. Amnesty International und die Vereinten Nationen sprechen von der weltweit größten humanitären Katastrophe. Laut Unicef stirbt im Jemen alle 10 Minuten ein Kind an den Folgen des Hungers. Fast zwei Millionen Kinder unter fünf Jahren sind akut mangelernährt. Hinzu kommen der Ausbruch von Cholera und Diphterie. Das Gesundheitssystem im Jemen ist zusammen gebrochen. Mehr als die Hälfte aller Krankenhäuser sind zerstört. Es fehlen Ärzte und Medikamente.
Die Aichacherin Aenne Rappel, Vorsitzende des Fördervereins Aktion Jemenhilfe und der Jemen Kinderhilfe, ist in ständigem Kontakt mit ihren jemenitischen Mitarbeitern in Taizz. Die Großstadt mit ehemals einer halben Million Einwohnern liegt im Bergland des Jemen, zwischen Sanaa im Norden und Aden im Süden, und ist durch saudische Bombenangriffe schwer gezeichnet. In ihrem Jahreszwischenbericht teilt Rappel mit: „Seit 2015 tobt dieser sinnlose Krieg nun schon, der nur Leid und Zerstörung bringt.“. Die Zahl der derzeit von ihrer Hilfsorganisation betreuten Kinder sei auf knapp 100 Waisen gestiegen. Davon sind 25 Mädchen, die in einer angemieteten Wohnung mit 10 Kriegswitwen leben. Eine davon sei Lehrerin. Diese unterrichte die Mädchen zu Hause. In einem von der Kinderhilfe angemieteten Haus leben derzeit 73 Buben verschiedenen Alters. Sie gehen, wann immer der Schulweg sicher und die Schule geöffnet ist, zur Schule oder Universität, sagt Rappel und ergänzt „Deren einziges Kapital ist die Bildung.“. Inzwischen seien auch alte Menschen, die alles verloren haben, Mitglieder der Wohngemeinschaft. „Wir versorgen alle mit Essen, Kleidern und dem Notwendigen.“, erklärt die Vereinsvorsitzende, die von „einer großen Familie“ spricht.
Die Nachricht von einem sehr traurigen Ereignis habe Rappel im Januar erreicht. Der 18jährige Abdu, einer ihrer langjährig betreuten Jungs, sei auf dem Weg zur Beerdigung seiner Stiefmutter von einem Huthi überfallen worden. Weil er sich gewehrt hatte, habe man ihn geschlagen und in ein Gefängnis gesteckt, wo er kurze Zeit später verstarb.
Rappel ist in großer Sorge um ihre Schützlinge. „Unsere Notlage hat sich inzwischen verschärft.“, klagt sie. Zum einen sei ihr langjähriger Ansprechpartner Scheich Sadeq schwer erkrankt und werde seit Jahresbeginn in Kairo behandelt. Ali, einer seiner Söhne, habe nun zusammen mit Adhan, einem zweiten examinierten Betriebswirtschaftler, die Leitung vor Ort übernommen. „Ich stehe in ständigem Kontakt mit den beiden. Sie verwalten die Gelder für die Kinder äußerst gewissenhaft.“, ist Rappel überzeugt.
Sorge bereite Rappel und ihrer Organisation auch, dass der Eigentümer des Hauses, in dem die Buben leben, wegen Eigenbedarf gekündigt habe. Dieser müsse Saudi-Arabien mit seiner Familie verlassen und nach Taizz zurückkehren. Nun suche man verzweifelt „ein Haus für die traumatisierten Kinder, die nach dem Tod ihrer Angehörigen bei uns eine neue Familie gefunden haben“, erklärt Rappel. Weil in Taizz keine geeigneten unbeschädigten Häuser zu mieten seien, habe sich ihre Hilfsorganisation in der Jahreshauptversammlung im Juni dieses Jahres entschlossen, ein eigenes Haus zu erwerben. „Ali und Adhan haben nun nach langer Suche in einem sicheren Stadtteil von Taizz ein geeignetes großes Haus mit Innenhof gefunden.“, berichtet Rappel. Dieses biete Platz für alle Buben und die Alten. Außerdem sei das Obergeschoß ausbaufähig, damit später auch die betreuten Mädchen und Frauen dort wohnen könnten. „Unsere jungen Männer wollen das in Eigenregie machen, zum Großteil mit Baumaterial aus den Trümmern zerstörter Häuser.“, sagt sie. Wie Rappel auf Nachfrage mitteilt, seien in Taizz seit Jahresbeginn keine größeren Bombenangriffe mehr zu verzeichnen. „Wir sind uns im Klaren darüber, dass in einem Kriegsgebiet immer die Gefahr eines Angriffs besteht. Aber sollen wir unsere Kinder etwa auf die Straße schicken?“, sagt sie. Ihre Mitstreiter in der Vorstandschaft sehen das genauso. Außerdem habe das Finanzamt Augsburg-Land (wegen der Gemeinnützigkeit) grünes Licht für den Ankauf des Hauses gegeben. „Wir sehen dies als Chance, langfristig einen Ort des Friedens für unsere Schützlinge zu schaffen.“ sagt Rappel zuversichtlich. „Deshalb wollen wir unser Kinderhaus auch ´Salam´, also ´Haus des Friedens´, nennen.“, ergänzt sie. Ihre Bitte um eine finanzielle Unterstützung für den Kauf des Kinderhauses richtet sich „an alle, denen es besser geht“ als ihren Waisenkindern in Taizz. 
Wer mit dem Kauf von Bausteinen zum Erwerb des Kinderhauses „Salam“ beisteuern möchte, kann dies tun mit einer Spende an Jemen Kinderhilfe e.V., Stichwort „Bausteine Kinderhaus“, Konto Stadtsparkasse Aichach-Schrobenhausen, IBAN DE49 7205 1210 0560 1916 45.
Weitere Informationen gibt es unter www.jemenhilfe-deutschland.de

Die aktuelle politische Lage im Jemen:


Die Menschen: 
Die Republik Jemen, im Süden der Arabischen Halbinsel, ist die Heimat von 30,5 Millionen Menschen. Seit Beginn des mittlerweile fünf Jahre andauernden Bürgerkriegs sind etwa 4 Millionen Menschen auf der Flucht. Mehr als 80 Prozent davon sind Flüchtlinge im eigenen Land.
Der Konflikt: Der bewaffnete Konflikt entstand aus historischen Spannungen, die nach dem sogenannten Arabischen Frühling im Jahr 2011 zu eskalieren begannen. Nord- und Südjemen hatten sich erst 1990 zu einem Staat zusammengeschlossen. Nun steht das Land erneut vor der Spaltung.
Der Norden: Die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen haben 2014 die Kontrolle über die Hauptstadt Sanaa und große Teile des Nordjemens übernommen. Seitdem werden sie von einer von Saudi-Arabien angeführten sunnitischen Militärallianz bekämpft.
Der Süden: In der Hafenstadt Aden haben innerhalb der bisherigen Anti-Huthi-Koalition die von den Emiraten trainierten Separatisten die Macht übernommen. Saudi-Arabien, das die Regierungstruppen des im Exil lebenden Präsidenten Hadi unterstützt, hat sich mittlerweile mit seinen Bodentruppen aus Aden zurückgezogen.

Bürgerreporter:in:

Manfred Zeiselmair aus Aichach

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