10 Jahre Förderverein frauenHAFT e.V.
10 Jahre Förderverein frauenHAFT e.V.

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10 Jahre Förderverein frauenHAFT e.V.

In der örtlichen Presse wurde schon oft über den Förderverein frauenHAFT e.V. und die von ihm unterstützten Kunstausstellungen berichtet. Viele Aichacher haben die künstlerischen Werke und Texte, die in den verschiedenen Freizeitgruppen der Justizvollzugsanstalt Aichach von den dort inhaftierten Mädchen und Frauen entstanden sind, in zahlreichen öffentlichen Ausstellungen bewundert. Dieses Jahr feiert der Förderverein frauenHAFT e.V. sein 10-jähriges Bestehen. Dies ist ein schöner Anlass, sich an die Anfänge zu erinnern und zusammenzutragen, was bis jetzt erreicht werden konnte.

Im Frühling 2012 fragte Herr Bürgermeister Klaus Habermann bei der JVA Aichach an, ob wir die Fensterscheiben des Rathaus Adventskalenders von inhaftierten Frauen gestalten lassen könnten. Viele Gefangene waren sofort Feuer und Flamme für dieses Projekt und es entstanden 24 weihnachtliche Fenstermotive mit hierzu passenden Texten. Die Begeisterung für die Kunst- und Kreativ-Schreibgruppen sprach sich in der JVA schnell herum und es gab mehr und mehr Anmeldungen für die bereits bestehenden Freizeitangebote.

Zu gerne wollten wir noch weitere Gruppen anbieten, doch die Finanzierung gestaltete sich zunehmend schwierig. So entstand die Idee eines Fördervereins. Am 13. Januar 2013 gründeten Mitarbeiter der JVA Aichach frauenHAFT e.V. als gemeinnützigen Verein zur Förderung kultureller, freizeitgestaltender und therapeutischer Angebote in Haft. Den Vereinsvorstand haben seitdem Frau Kerstin Weger und Frau Margrit Wucher-Blaszczak inne. Herr Bürgermeister Habermann wurde Schirmherr des Vereins. Sehr ermutigend waren die Anschubfinanzierungen, die wir von der Förderstiftung der Sparkasse Aichach-Schrobenhausen, dem Rotary Club Schrobenhausen-Aichach sowie weiteren Spendern erhielten. Der Kunstverein Aichach e.V. unterstützte uns des Öfteren, indem er Kontakte zu Referenten und Juroren vermittelte. Zielsetzung war seit der Vereinsgründung, den Resozialisierungsauftrag an inhaftierten Mädchen und Frauen der JVA Aichach mit einem breiten kunstpädagogischen und persönlichkeitsfördernden Angebot zu unterstützen. Wir wollten den Inhaftierten ermöglichen, dass sie in dieser besonderen Lebenssituation sinnvolle Freizeitaktivitäten erlernen, künstlerische Potenziale entdecken und somit ihre Persönlichkeit und Sozialkompetenz weiter entwickeln, sich konstruktiv mit der Freiheitsstrafe auseinanderzusetzen und sich so auf ein Leben nach der Haft vorbereiten zu können. Das Freizeitangebot findet sehr großen Anklang und wird als enorme Unterstützung und Bereicherung des Haftalltags erlebt. Mit unserer Arbeit eröffnen wir den Frauen in einem geschützten Rahmen die Möglichkeit, durch Kunst, Literatur und Musik einen Zugang zu sich selbst und den eigenen, oft verborgenen Potenzialen zu finden und erfüllende Freizeitaktivitäten zu erlernen. Sie gehen über die künstlerische Kreativität neue Wege, um mit Leere, Langeweile und Stress umzugehen, mehr Selbstbewusstsein zu entwickeln und Bewältigungsstrategien zu generieren.

Der Förderverein erhielt zwei Auszeichnungen: 2017 den Ellen Ammann-Preis des Katholischen Deutschen Frauenbundes und 2019 den Kulturförderpreis der Stadt Aichach. Außerdem gewann frauenHAFT e.V. 2019 ein Stipendium bei dem bundesweiten Wettbewerb “startsocial“ unter der Schirmherrschaft der damaligen Bundeskanzlerin Frau Dr. Angela Merkel.

Mittlerweile gehören mehrere Kunstgruppen, Kreatives Schreiben, Musikworkshops, Gesangs- und Tanzgruppen sowie Bewegungstherapien zu den vom Verein frauenHAFT e.V. unterstützten Freizeitangeboten. In der 10-jährigen Vereinsgeschichte wurden, trotz der Coronapandemie, die die Vereinsaktivitäten fast vollständig zum Erliegen brachte, ca. 3 800 Kursplätze an inhaftierte Mädchen und Frauen im Alter von 14 bis 75 Jahren vergeben. Seit 2013 konnten 18 Kunstausstellungen, unter anderem im Sisi-Schloss Unterwittelsbach, im Amtsgericht Aichach, im Justizpalast Augsburg, im Stadtmuseum Aichach und auf der Aichacher Kunstmeile, abgehalten werden. Zwei weitere Male, 2016 und 2019, wurde der Aichacher Rathaus Adventskalender von den inhaftierten Frauen gestaltet. Durch die öffentlichen Ausstellungen von Werken aus den Kunst- und Schreibgruppen der JVA Aichach erhalten die teilnehmenden Frauen wie auch die Gesellschaft außerhalb der Gefängnismauern die Gelegenheit, in einen künstlerischen Kontakt zu treten. Die nächste große Kunstausstellung ist für Herbst 2025 im Sisi-Schloss Unterwittelsbach geplant.

Während der Zeit im Gefängnis sind die Inhaftierten hinter dicken Mauern untergebracht. Nach der Entlassung sollen sie wieder Fuß in der Gesellschaft fassen. Hier setzten die resozialisierenden Effekte unserer Freizeitangebote an. Je stabiler die Frauen ihr Leben nach der Inhaftierung meistern können, desto mehr profitieren sie, ihre Familien und letztendlich wir alle davon.

Zitate:

„Es gibt hier auch eine Welt der Farben, Fantasie und Wortspielereien, in die man im Kunstkurs oder Schreibworkshop für zwei Stunden in der Woche abtauchen kann. Dort kann man Kraft und Freude tanken. Ein Glücksgefühl, das ich mitnehme in den Haftalltag, das meinen Aufenthalt im Gefängnis positiv beeinflusst bis hin zur Entlassung in mein Leben in Freiheit.“

„Hier in Haft sind die kreativen Möglichkeiten begrenzt. In den Kunstkursen darf ich viel lernen, die Zeit vergeht wie im Flug. Wenn ein tolles Bild dabei entsteht, ist es pure Freude für mich! An den Kunstkursen teilnehmen zu dürfen ist ein Highlight für mich im sonst so tristen Haftalltag. Dafür bin ich dankbar.“

„Die Beschäftigung mit der Kunst holte mich aus einem tiefen Loch und entfachte in meinem Herzen ein Feuer der Freude. Sie zeigte mir sogar eine Zukunftsperspektive auf. Es ist schön, in der Kunstgruppe weitere kreative Frauen zu treffen.“

„Teilnehmen an Kunstkursen während der Haftzeit ist wie ein Fenster zu öffnen um frische Luft einzuatmen.
6 Jahre habe ich etwas anderes studiert, jetzt studiere ich 6 Jahre lang mein Inneres, indem ich durch Malen und Schreiben mich selbst exploriere.
Wenn ich den Pinsel in der Hand nehme, verschwindet alles Negative um mich herum und ich schwelge in Empfindungen und Träumen.“
Text/Foto/Kerstin Weger

Bürgerreporter:in:

Irene Rung aus Aichach

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