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Freiherr Franz von Dingelstedt (1814 - 1881), vierter Teil

Sein erster Roman "Die neuen Argonauten" brachte ihm sogar eine Ordnungsstrafe ein. Das sogenannte Handexemplar des Dichters befindet sich im Dingelstedt-Museum in Rinteln. Es enthält eine handschriftliche Randnotiz:

Geschrieben zu Fulda, Winter 1838/39
Vollendet am 7. März 1839.
Prozess darüber Sommer 1939.
Polizeiverhör 17. Aug. 1839.
Strafe von 20 Rthr. wegen Seite 262

In diesem Roman geht es um einen Kaufherrn und Marktmeister mit Namen Eusebius Trenttelfuß zu Gersfeld (gemeint ist Hersfeld), bei dessen seemännischer Passion es selbstverständlich ist, dass er für seine Brautfahrt nach Kesselstadt (gemeint ist Kassel) den Wasserweg auf einem "kornbeladenen Bock" fuldaabwärts wählt. Diese Fahrt entwickelt sich jedoch zu einer "verwickelten Odyssee", und als er endlich in Kassel ankommt, ist die Erwählte seines Herzens die Braut eines anderen. Auf der genannten Seite 262 schildert er nun die Ankunft des Eusebius Trenttelfuß im Hause der Auserwählten, als diese dort gerade in festlicher Gesellschaft Verlobung mit einem anderen feiert mit den Worten: "Eusebius Trenttelfuß! Der von den Todten auferstandene, am dritten Tage gen Kesselstadt gefahrene, welcher kam zu richten die Lebendigen und die Todten und zur rechten Hand seiner Zukünftigen zu sitzen! Eusebius!" Diese Zeilen hat Dingelstedt in seinem Handexemplar am Rand angestrichen und daneben geschrieben: "Theure Zeilen: 20 r. Pr. Ct."

Im "Auszug aus dem Protokolle kurfürstlicher Regierung der Provinz Fulda" vom 20. September 1839 heißt es: "Beschluß. Dem Herrn Gymnasiallehrer Dingelstedt dahier wird zur Vollziehung höheren Auftrags nicht nur eine ernste Zurechtweisung ertheilt, sondern derselbe auch zugleich in eine Ordnungsstrafe von zwanzig Thalern genommen, weil die auf Seite 262 des bezeichneten Buches vorkommende Profanirung heiliger Schriftworte nicht gerechtfertigt erachtet worden sey, diese ungeziemende Handlung aber dem Berufe eines Jugendlehrers ebenso sehr widerstreiten, als dadurch die für sein Amt nöthige öffentliche Achtung und das erforderliche Vertrauen beeinträchtigt werden, daher das disciplinarische Einschreiten gegen ihn nicht habe umgangen werden könne."

Dingelstedt legt gegen die verhängte Ordnungsstrafe am 14. Oktober 1839 Berufung ein und schreibt am 26. Oktober 1839 einen Brief an den Kurprinzen, in dem er die betreffenden Zeilen als „ein höchst unschuldiger“, ihm „absichtslos entschlüpfter Scherz, (...) der nur von pietistischer Frömmelei so arg mißgedeutet werden könne" bezeichnet. Gleichzeitig beschwert er sich in demselben Brief, dass ihm „die im Auslande (Jena) verliehene Doktorwürde“ noch immer nicht anerkannt worden sei, obwohl sich sein Direktor mehrmals für ihn verwendet habe. Am 7. Dezember 1839 beschließt das kurfürstliche Ministerium des Innern, dass eine Zurückziehung der erkannten und hinlänglich begründeten Ordnungsstrafe nicht stattfindet. Und weiter: „die Anerkennung einer im Kurstaat gesetzlich ungültigen akademischen Würde“ nicht nachgegeben werden könne. Es „bleibt demselben der Gebrauch des Doktortitels (...) überall und namentlich auf seinen im Kurstaat verlegten Schriften und bei Ankündigungen derselben bei Strafe untersagt!“

Sein ungebundenes Leben, welches mit dem Ernst und der Würde seines Berufes nicht in Einklang stand, verschaffte ihm inzwischen zahlreiche Gegner und Beschwerden bei seinem Schuldirektor Bach, der sich allerdings mit Dingelstedt ausgezeichnet verstand. Auch seine Schüler schwärmten für ihn und gingen für ihn durchs Feuer. Zum Unterricht kam er meistens eine viertel Stunde zu spät, in der folgenden viertel Stunde unterhielt er sich mit den unter dem Klassenfenster stehen gebliebenen Offizieren und in der restlichen halben Stunde begeisterte er seine Schüler mit seinem fesselnden Unterricht. Nach dem Tode von Direktor Bach wurde seine Stellung aber mehr und mehr unhaltbar. Schließlich kam er zu dem Entschluss, seinen Lehrer-Beruf ganz aufzugeben und Fulda zu verlassen.

Nachdem er Fulda verlassen hatte, widmete er sich ganz der Schriftstellerei. Er folgte zunächst dem Ruf in die Redaktion der "Allgemeinen Zeitung" nach Augsburg, die ihn alsbald als "reisenden Korrespondenten" nach Paris, Stuttgart und London sandte. In London lernte er dann seine spätere Ehefrau, die gefeierte Kammersängerin Jenny Lutzer kennen.

Fortsetzung folgt

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5 Kommentare

Über die "teuersten Zeilen" des Franz von Dingelstedt hast Du interessant berichtet. Was brachte ihm die Zeit im Ausland ? Das wirst Du uns doch sicher das nächste Mal erzählen.

Seinen Doktortitel im damaligen Ausland (Jena) hat Franz Dingelstedt meiner Meinung nach nicht wirklich interessiert. Und er ist wohl auch auf seltsame Weise zustande gekommen und wird nur selten erwähnt. Darauf werde ich auch nicht näher eingehen.

Aber ich glaube, der nächste Teil wird dich wahrscheinlich trotzdem interessieren. Wenn ich mich nicht irre, bist du als Sänger aktiv. Deshalb kennst du möglicherweise das Weserlied ("Hier hab ich so manches liebe mal mit meiner Laute gesessen...") Und darum geht es im fünften Teil.

Konsequente Rebellen hatten es immer schwer gegen das Establishment - bis heute hat sich da kaum etwas geändert! Ein dreifach Hoch auf Dingelstedt!

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