Zum 129. Todestag von Freiherr Franz von Dingelstedt

15. Mai 2010
Zentralfriedhof, Wien
Freiherr Franz von Dingelstedt, lebensgroße Statue im Burgtheater in Wien.
  • Freiherr Franz von Dingelstedt, lebensgroße Statue im Burgtheater in Wien.
  • hochgeladen von Horst Becker

Am 15. Mai 1881 verstarb in Wien Freiherr Franz von Dingelstedt (siehe auch Teil 7 meiner Dingelstedt-Biografie: http://www.myheimat.de/wohratal/kultur/freiherr-fr... ). Seine letzte Ruhe fand Dingelstedt neben seiner fünf Jahre zuvor verstorbenen Ehefrau Jenny, geb. Lutzer, in einem Ehrengrab auf dem Zentralfriedhof in Wien.

Während einer mehrtägigen Vereinsfahrt des MGV 1873 Halsdorf e.V. im Herbst des Jahres 2003 nach Wien nutzten viele Teilnehmer die Möglichkeit, das Grab des in Halsdorf geborenen berühmten Sohnes des Ortes zu besuchen.

Der Zentralfriedhof ist mit etwa drei Millionen Bestatteter und einer Fläche von etwa 2 Quadratkilometern der größte Wiener Friedhof. Er enthält etwa eintausend Ehrengräber, die großen Persönlichkeiten ehrenhalber gewidmet sind und in der Obhut der Stadt Wien liegen.

Nach einer kurzen Suche auf dem riesigen Gelände des Friedhofes fanden wir auch tatsächlich das gesuchte Grab. Ich erinnerte in einem kleinen Vortrag an den berühmt gewordenen Sohn unseres Heimatdorfes und zitierte eine kurze Stelle aus seinem unveröffentlichten Roman „Sieben Jahre“, die den Besuch Dingelstedts in Halsdorf beschreibt.

Damals hatte Franz Dingelstedt seinen hessischen Schuldienst als Gymnasiallehrer bereits beendet und er war in den Dienst des Königs Wilhelm von Württemberg eingetreten. Es war also in der Zeit zwischen 1841 und 1850, von der er später schrieb: „das war die gute alte Zeit, da die Welt von Eisenbahnen so wenig wußte, wie von Vereinen gegen Thierquälerei: Das liebe Vieh rackerte sich auf den steilen und staubigen Steigungen des Weges ehrlich ab, und der Mensch ging pomadig zu Fuß neben her. Die gesegnete Postschnecke – Dehlischankse auf althessisch – brauchte damals auf der Strecke zwischen Kassel und Frankfurt drei volle Tage und drei volle Nächte, und dreimal bloß umgeworfen, auf dem Vilbeler Berg, am Steinweg zu Marburg, und bei Melsungen, das galt für eine ausnehmend glückliche Fahrt. Auf dieser großen sehr belebten Heerstraße liegt in der Mitte, zwei Meilen von Marburg, ein Örtlein mit Namen Halsdorf“

Während einer solchen Reise besuchte er mindestens einmal auch seinen Geburtsort Halsdorf. Dieser Besuch in Halsdorf wird nun wie folgt geschildert (ich zitiere eine Notiz aus dem Nachlass des Geschichts- und Ahnenforschers Hilmar Milbradt): Marburg wurde heute ohne Aufenthalt im Nebel durchflogen. In den frühen Vormittagsstunden hielt der Eilwagen in Halsdorf. Der unverhoffte Besuch hatte sich schnell im Dorfe herumgesprochen, zumal noch der Postwagen vor dem Hause des Krämers Georg Metzger hielt. Die Leute steckten die Köpfe zusammen. Die hellblaue Uniform eines Württembergischen Hofrates in der Begleitung einer standesgemäßen Dienerschaft, war für Halsdorf etwas Außergewöhnliches und nicht Alltägliches. DAS war also der Sohn der jungen, allzu früh verstorbenen Johanna Henriette Charlotte Metzger, (also) der Neffe (des Krämers) Georg Metzger. Franz Dingelstedt besuchte sein Geburtshaus, den ehemaligen Rottmannschen Hof, in dem er am 30. Juni 1814 das Licht der Welt erblickte. Er schaute hinüber zur Kirche, wo ihn am 13. Juli (des gleichen Jahres) Johann Daniel Faust durch die Taufe in die christliche Kirche aufnahm. Nachdem die Pferde gewechselt waren, fuhren die Halsdorfer Bauern ihren großen Sohn gen Kassel bis Jesberg. Sie ahnten damals noch nicht, dass dieser später als Direktor des Wiener Burgtheaters ihr kleines, stilles Dorf in die Annalen der Literatur und Theatergeschichte eingehen ließ.

Im Anschluss an diesen kurzen Rückblick sangen die anwesenden Gesangsvereins-Mitglieder die Anfangszeilen des von Dingelstedt gedichteten Weserliedes.

Passend zum Todestag, hier abschließend ein Gedicht von Franz Dingelstedt:

Drei Schifflein treibt auf blauem Plan
Das Leben auf und ab.
Erst führt’s dieselben hoch hinan,
Dann abwärts bis ins Grab.
Und in die Kiele, bunt geschmückt,
Wird einmal jeder Mensch gedrückt.

Das erste der drei Schifflein ist
Nur wenig Spannen lang.
Darin auch du gefahren bist,
Bei andrer Leute Gang;
Das schaukelt sich in stiller Fluth,
Man liegt darin gewaltig gut.

Das zweite hat für Zweie Raum,
Du wirst mich schon versteh’n!
Verhüllt von der Gardine Saum,
Umkost von lindem Weh’n.
So treibt’s dahin auf linder Fluth,
Man liegt darin gewaltig gut.

Das dritt’ ist nur für einen Mann,
Ein schmaler, schwarzer Schrein;
Das sieht sich freilich traurig an,
Allein – du musst hinein.
Das geht dann unter in der Fluth,
Am End’ liegt man auch darin gut.

Meine weiteren Beiträge zu Franz Dingelstedt:
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Bürgerreporter:in:

Horst Becker aus Wohratal

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