Freiherr Franz von Dingelstedt (1814 – 1881), erster Teil

Franz Dingelstedt wurde am 30. Juni 1814 in Halsdorf geboren und gilt als der berühmteste Sohn des Dorfes. Er stammte aus einfachen Verhältnissen und schaffte in einem bewegten und aufregenden Leben einen bemerkenswerten Aufstieg bis hin zum Intendanten des Hoftheaters und des Burgtheaters in Wien.

Seine Schulzeit verbrachte er in Rinteln und wurde von einem Mitschüler beschrieben als „(…) ein überaus zartes Bürschlein, mit schwanken, schmächtigen Beinen und Armen, klugen Augen, hübschem, bleichem, fast kränklichem Gesicht. Man hätte fürchten können, der nächste Windstoß werde ihn über den Haufen werfen; aber geistig stand er desto fester, und die meisten Lehrer waren seines Lobes voll.“ Wegen seiner eminenten Sprachkenntnisse und dichterischen Begabung galt er damals als eine Art „Wunderkind".

Mit siebzehn Jahren wurde Dingelstedt dann zum Sommersemester 1831 in die Landes-Universität Marburg eingeschrieben, um hier Theologie und Philosophie zu studieren. Ende April 1831 war er auf einer Postkutsche zusammen mit Rintelner Konabiturienten in Marburg eingetroffen. Kurze Zeit später trat er in das im August 1831 von "abgefallenen Westfalen" und "Studenten aus der Grafschaft Schaumburg" neu gegündete Corps der Schaumburger (Schaumburgia) ein und blieb den "blau-rot-schwarzen Farben" zeitlebens treu.

Während seiner Studienzeit in Marburg war Dingelstedt bekannt als ein "froher Zechkumpan" und litt unter ständiger Geldnot. Er bewohnte zusammen mit einem aus Rinteln bekannten Mitstudenten ein kleines Zimmer im Hause des Metzgers Brauer in der Wettergasse. In den Studentenverzeichnissen von 1831 bis 1834 ist der Wohnsitz allerdings zunächst bei Buchbinder Grimmel und später bei Buchbinder Creutzer angegeben. Vermutlich war der Metzger Brauer Hauseigentümer und die beiden Buchbinder seine Mieter, die wiederum Zimmer an Studenten weiter vermieteten. Aus seiner Studentenzeit in Marburg stammt das folgende Gedicht:

Es war doch eine schöne Zeit, und ihrer denk’ ich gerne
Liegt sie gleich hinter mir, so weit, wie dort die blaue Ferne.
Da gab’s statt flotter Extrapost und steifer Willkommensfeste
Nur wunde Füße, schmale Kost, ein Omnibus das beste.
Beim Bruder Studio sprach man ein, entdeckt auf offner Straße
Man schlief in einem Bett zu zwei’n und trank aus einem Glase.
Fand sich der Eine just zerlumpt und mit der Welt zerfallen,
so ward des andern Rock gepumpt, und alle paßten allen!
Statt Trinkgelds fing die Kellnerin ein Küßlein auf den Wangen.
Und reichte eines ihr nicht hin, auch mehrere auf Verlangen.
Ein Ränzchen war die einz’ge Last, die Quart die einz’ge Narbe
Die einz’ge Zierrath Band und Quast, von blau-rot-schwarzer Farbe.

Oft war er Gast im "Schützenpfuhl", bekannter als "Wirtshaus an der Lahn", die damalige Corps-Stammkneipe der Schaumburgia. Und mit den Frauen verstand er sich bestens. Sein Zimmerkamerad Adolf Vogel wird in den "Heimatblättern" zitiert: "Durch die Gewandtheit seines Auftretens und den Zauber seiner Persönlichkeit hatte er das Glück, sich die weiblichen Herzen aller Stände im Fluge zu erobern. Alle vier Wochen hatte sich Franz in ein neues Frauenzimmer verliebt“.

Aber ein so reiches und umfassendes Talent wie Franz Dingelstedt konnte vom Burschenleben allein nicht ausgefüllt werden, sein lebhafter Geist strebte nach Ausbildung und Vertiefung. Sein Theologisches Studium sagte ihm jedoch nicht zu. Für ihn bedeutete die geistliche Laufbahn eine innere Unwahrheit, zumal der Drang nach geistiger Anregung ihm die bloße Aussicht "Rektor der Bürgerschule von Obernkirchen" oder als "Dorfpfarrer dem Schicksal entgegenzuleben, mit 22 Jahren ein Greis zu sein", unerträglich erschien. Aber der strenge Vater gestattete kein umsatteln, und schließlich bestand er, nachdem er eigentlich nur ein Semester energisch für sein Fach gearbeitet hatte, ein gutes Examen.

Mit 18 Jahren bestieg er am 17. Sonntag nach Trinitatis im Jahre 1832 die Kanzel der kleinen Kapelle des Siechenhofes vor Weidenhausen (heute "Bei St. Jost") und hielt seine erste Probepredigt über die „Einigkeit im Geiste des Christentums“ (Bibeltext: Epheser 6, Verse 3-6). Am 10. Dezember 1834 bestand er das Examen vor der Fakultät "cum laude". Damit endete sein frisches und frohes Studentenleben in Marburg.

Fortsetzung folgt

Meine weiteren Beiträge zu Franz Dingelstedt

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Bürgerreporter:in:

Horst Becker aus Wohratal

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