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Er brachte die sonst so geruhsamen Peiner Bürger fast zur Verzweiflung - dieser dreckige Ostwind

Der Ostwind fegte über die Felder, noch hell und durchsichtig, bis er das Walzwerk erreichte und darin untertauchte.
Untertauchte und wieder empor sprang, durch Hallen und Werkstätten wirbelte, die steilen Wände hinauffegte, den Kalk- und Eisendreck von den feuerspeienden Schlünden der Konverter- Kamine riß und mit ausgerecktem Arm noch den rußigen Qualm rücksichtslos von den langen Schornsteinen herunterschlug.

Als der Wind das Werk verließ, war nichts mehr von seiner vorherigen Helle und Durchsichtigkeit geblieben. Ungestüm fiel er die Stadt in allen Winkeln, Straßen und Höfen an, schlug den mitgebrachten Dreck gegen Hauswände und Fensterscheiben, drang durch offene Fenster in die Räume und ließ seine Schmutzspuren auf Schreibtische und Bettüberzüge zurück. Wie ein ungezogener Junge, der seine halbgewaschenen Dreckpfoten ins saubere Handtuch vergräbt, versucht sich auch dieser Ostwind in der Schwarzweißkunst, wozu ihm die jammernden Hausfrauen auf den Trockenplätzen die sauberen Leinentücher liefern mußten.

Konnte sich ein Bürger in der aufblühenden Industriestadt endlich einmal den Anstrich seines älteren Fachwerkhauses erlauben, erfuhr auch der Ostwind schon davon und fühlte sich veranlaßt, gleich das fertige Werk aus allernächster Nähe zu begutachten.
Kaum hatten die Maler die Gerüste fortgeräumt, fing er an die Arbeit zu kritisieren. Hier zu hell, da zu leuchtend, das ganze Haus paßte nicht mehr in das Bild dieses dunklen, angerußten Straßenzuges. Und schon ließ er seiner Kritik die Abänderungsarbeitenfolgen.

Mit vollen Händen warf er den entführten Dreck gegen die ganze noch farbenfeuchte Fläche, daß kein Stäubchen wieder abfiel und auch dieses Haus einigermaßen wieder in die Umgebung paßte. Malermeister und Hauswirt, die sich soeben an der fertigen Arbeit der Gesellen erfreut hatten, wandten sich schließlich in ohnmächtiger Wut ab.
Die Menschen auf den Straßen gingen ihren Weg mit eingekniffenen Augen, rannten einander an, stotterten "Verzeihung" und schimpften gleich den Hausfrauen, Malermeistern und Hausbesitzer auf den Walzwerkdreck.
Hier und da blieben Menschen in den Hausfluren und an geschützten Stellen stehen, rieben sich den Dreck aus den Augen daß sie dabei rot wurden.
Eine düstere, braune Wolke zog über Peine hin, statt Regen ließ sie Dreck und wieder nur Dreck fallen. -

Quelle : Heimat unterm Rauch, 1949, Erich Hoffmann

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8 Kommentare

Mein Opa als alter Walzwerker erzählte oft davon. Bei uns wurde bei Westwind die Wäsche abgenommen- wenn der Bauer Gülle fuhr...

Also ich kann mich daran erinnern, das in der Südstadt entweder wegen dem Dreck vom Stahlwerk, oder wegen dem Gestank von der Zuckerrübenfabrik geflucht wurde.

Das kann ich mir gut vorstellen.

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