Rezension: Der einzige Dorfbewohner mit Telefonanschluss

Der einzige Dorfbewohner mit Telefonanschluss | Foto: Buchcover ©Milena Verlag
  • Der einzige Dorfbewohner mit Telefonanschluss
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Autor Elias Hirschl aus Österreich, 20 Jahre jung und auf Poetry Slams erfolgreich, schreibt über einen Erzähler (Simon Gruber), der über einen ebenfalls schreibenden Protagonisten (Johann Stieber) schreibt. Als Romanfigur Stieber stirbt durchbrechen die Dorfbewohner die literarischen Metaebenen dieses Werkes, um den allwissenden Erzähler Simon Gruber zu entmachten.

Der Plot ist Blödsinn und der Schreibstil von Elias Hirschl tut sein Übriges dazu. Im Prinzip rezensiert der Autor die Geschichte seines Erzählers und obendrein seine eigene sogar selbst direkt im Buch. Mit jeder Menge Eigenlob, das jedoch durch einen kleinen, lawinenartigen Kritikpunkt ins Gegenteil gekehrt wird.

„Der einzige Dorfbewohner mit Telefonanschluss“ ist ein abgedrehter Nonsens; gewöhnungsbedürftig, befremdlich und einzigartig – kann aber richtig Spaß machen, wenn man sich darauf einlässt. Die „wiederholte unsachgemäße tautologische Verwendung multipler Erzählebenen“ wird im Buch selbst auf die Schippe genommen, ebenso die Irrlogik des Werkes sowie „Zirkelschlüsse in Bezug auf zeitliche Paradoxien“ (S. 30). Auf die Spitze treibt der Autor die Verwirrung mit Fußnoten, in denen die Handlung vorangetrieben wird, sowie mit Schachtelsätzen, in denen er abschweift – sich vollends bewusst, dass er genau das macht.

Sprachlich hochinteressanter Schmarren
Nicht zu vergessen Sinnabschnitte, in denen es um den einzigen Dorfbewohner mit Telefonanschluss geht und in denen fast jedes Substantiv „Telefonanschluss“ lautet und als Synonym für dutzende andere Wörter verwendet wird. Hirschl erläutert dem Leser nicht nur die ganze Irrlogik, sondern zeigt ihm beispielsweise einen juristischen Satire-Brief, den er den Erzähler wiederum ungesehen in den Papierkorb werfen lässt.

Simon Gruber wiederum kommuniziert von der Klapsmühle aus mit seinen verbliebenen fiktiven Romanfiguren und tritt später dem Schöpfer des Paradies', in dem Krapfen zu 70 Prozent aus Marmelade bestehen, gegenüber. Der Schöpfer wiederum fragt ihn auf Seite 135 „Willst du lernen, wie man eine Geschichte mit ein paar einfachen Tricks in die Länge ziehen kann?“, wobei der Autor dieses Wissen exakt in diesem Dialog bereits über mehrere Seiten erfolgreich anwendet.

Insgesamt ist Elias Hirschl mit „Der einzige Dorfbewohner mit Telefonanschluss“ ein bizarres, sprachlich hochinteressantes und zugleich ironisches Erzählkunststück gelungen. Oder eben totaler Quatsch. Beste Stelle: „Wer will denn so einen Scheiß überhaupt lesen? An dieser Stelle haute der Pfarrer dem Elektriker eine in die Fresse.“

Titel: Der einzige Dorfbewohner mit Telefonanschluss
Autor: Elias Hirschl
Informationen: Taschenbuch, 144 Seiten, Milena Verlag
ISBN: 978-3-90295-022-2

Bürgerreporter:in:

Michael S. aus Neusäß

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