Spitko siegt zum Abschied

Blumen vom BBV
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Über 1200 Zuschauer wollten das letzte Länderspiel des Herbertshofer Badmintonprofis Roman Spitko in der Augsburger Sporthalle live miterleben. Wie viele davon der 31-Jährige persönlich kennt? “Ein paar. Meine Eltern schauen zum Beispiel zu – die kenne ich ganz gut.”

Seine Karriere hat er bereits im Sommer beendet. Aus gesundheitlichen Gründen war nach 43 Länderspielen und zwei deutschen Meisterschaften im Doppel aber Schluss. Keine Länderspiele mehr, keine Bundesliga mehr, überhaupt kein Badminton mehr. “Mein Körper macht das Training auf diesem Niveau nicht mehr mit. Und ohne entsprechendes Training kann man gewisse Ergebnisse nicht mehr erreichen”, begründet Spitko seine Entscheidung.

Spitko greift gegen Spanien nochmal zum Schläger

Aber weil das EM-Vorbereitungsspiel gegen Spanien am 26. Januar in seiner Heimatregion stattfindet, hat sich das einstige Talent aus Herbertshofen noch einmal extra für sechs Wochen gequält. Und es lohnt sich schon beim Einzug der Mannschaften in die Halle. Zuerst die Schiedsrichter, dann die Spanier, dann die Deutschen. Alle Spieler werden vorgestellt – mit Namen und Disziplin. Einer fehlt. Der Name Spitko taucht nicht auf. Aber wer aufmerksam aufgepasst hat, merkt, dass Peter Käsbauer sein Doppel momentan alleine spielt. Was folgt, ist der Einzug eines Mannes, der dem Publikum frenetischen Beifall entlockt. “Das ist ein super Abschluss für mich”, so der Lokalmatador. Auf seinen Einsatz auf dem Spielfeld muss er aber noch über zwei Stunden warten.

Zunächst richten sich die Augen der Menge auf das Mixed. Josche Zurwonne und Johanna Goliszewski besiegen Carlos Longo und Haidee Ojeda im ersten Satz mit Ach und Krach, im zweiten recht deutlich. Doch dieser Auftakt ist wahrlich keine Werbung für den Badmintonsport. Im Gegensatz zum Dameneinzel.

Laufwunder stiehlt Jahrhunderttalent die Schau

Karin Schnaase darf versuchen, sich bei der 17-jährigen Carolina Marin für ihre Niederlage im Dezember zu revanchieren. Damals schied die Lüdinghausenerin in der ersten Runde der Irish Open gegen das spanische Jahrhunderttalent aus, Marin gewann ihr erstes internationales Aktiventurnier. Mit Dynamik, Athletik, klaren und doch sehr variablen Schlägen widerlegen beide Spielerinnen eindrucksvoll, dass Dameneinzel wenig spannend sind. Schnaase überzeugt mit hervorragend platzierten und sehr gefühlvollen Cross-Drop-Schlägen und einer extrem intensiven Laufarbeit. “Brutal schnell, die Kleine”, sind sich die fachsimpelnden Zuschauer einig.
Das parallel stattfindende Herreneinzel zwischen Fabian Hammes und Ernesto Velazquez geht nahezu unter. Selbst die Spanier, die nachher noch spielen, sind so gefesselt vom Dameneinzel, dass sie ihre Kuchenstücke schnellstens verputzen, um sich besser auf die Partie vor ihrer Nase konzentrieren zu können. Marin diktiert das Spiel, Schnaase glänzt durch unglaubliche Laufbereitschaft.

Immer wieder sucht sie nach einem Ballwechsel den Blickkontakt zu Spitko. “Sie war immer zu spät gegen die druckvolle Gegnerin. Da habe ich ihr gesagt, sie soll die Waage verschieben, um den Ball früher zu treffen”, erklärt Spitko und verdeutlicht seine Worte mit aufschlussreichen Gesten. “Ich soll klar sein für frühe Treffpunkte, denn lange Bälle tun ihr weh”, bestätigt Schnaase nach dem Match die taktischen Anweisungen. “Karin, Schläger hoch!”, habe er ihr immer wieder zugerufen, so die blonde Athletin. “Ich bin gut mit ihm auf dem Feld klargekommen. Er hat als Trainer gute Qualitäten, hat mich gepusht”, erläutert Schnaase weiter und sieht in dem groß gewachsenen Kollegen einen Trainer, dem mit seiner Erfahrung als Spieler die Zukunft gehört.

Doch siegen kann die 24-Jährige nicht. 19:21, 21:13, 19:21 steht es am Ende aus deutscher Sicht. “Sie ist schon sehr, sehr abgezockt und hat sehr gute Anlagen”, attestiert Schnaase der blutjungen Spanierin. Beinarbeit, Kraft im Arm und präzise Schläge, listet sie auf. “Sie weiß, was sie kann, ist selbstbewusst und zeigt Präsenz”, findet die Bundesligaspielerin und bestätigt damit die Eindrücke des fachkundigen Teils auf der Tribüne.

Dreisatzkrimi vor toller Kulisse

Weil auch Hammes äußerst knapp im dritten Satz mit 19:21, 21:18, 18:21 verliert, geht das Team von Trainer Uwe Ossenbrink mit einem 2:1-Rückstand in die Pause, in der die Showtanzgruppe der Augspurgia ihren Auftritt hat. Die meisten Badmintonbegeisterten interessieren sich jedoch mehr dafür, wie sich Spitko einspielt oder versuchen, Schnaase für ein Fanfoto abzufangen.

Eine “tolle Atmosphäre”, findet Spitko. “Jetzt hoffe ich noch, dass am Ende ein Sieg herausspringt.” Er hat es selbst in der Hand. Goliszewski und Carola Bott setzen sich im Damendoppel gegen Marin und ihre Partnerin Ana Maria Martin durch, während Käsbauer und Spitko den ersten Satz abgeben. Darf die schwierigen Bälle zunächst der Rosenheimer übernehmen, findet der Lokalmatador im zweiten Satz doch noch ins Spiel – und zwar so richtig. 21:15 – Deutschland ist zurück in der Spur.

Die Halle gleicht einem Hexenkessel, Longo und Pablo Abian können das Spiel im dritten und entscheidenden Satz ausgeglichen gestalten. Spitko hat es in seinem 44. Länderspiel in der Hand, ob die Bilanz seiner Nation gegen die Südländer makellos bleibt. Die Ballwechsel werden immer länger, härter und damit spektakulärer – bis die Menge lautstark jubelt. 21:18 gewinnt das deutsche Herrendoppel den dritten Satz und Deutschland mit 3:2 das Spiel. Spitko verabschiedet sich mit einem Triumph endgültig als Aktiver vom Leistungssport und nimmt den Schläger künftig nur noch in die Hand, um seinen Badminton-Schützlingen etwas zu demonstrieren.

Bürgerreporter:in:

Michael S. aus Neusäß

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