Die Dunkle Erdhummel

Dunkle Erdhummel mit Varroamilbe
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Der Sommer 2008 war ein Sommer ohne Bienen. Aufgrund des Bienensterbens vom 2008 und einiger Winter davor war die Anzahl der Bienenvölker deutlich reduziert, im Juli 2008 konnte ich in Waldperlach nur insgesamt 3 Bienen beobachten. In den Jahren davor traten sie so häufig auf, dass ich nicht auf die Idee gekommen bin, sie zu zählen. Vergleichbar mit den Spatzen (Sperlingen). Vor 40 oder 50 Jahren waren die so allgegenwärtig, dass sie nicht als etwas Besonderes auffielen. Und in den letzten 10 Jahren? Ich kann mich nicht erinnern, in Waldperlach auch nur einen einzigen gesehen zu haben.

Durch das Fehlen der Bienen entstand eine ökologische Nische beim bestäuben von Blütenpflanzen, genauer gesagt, beim Nektar- und Pollensammeln. Und wie das bei ökologischen Nischen so üblich ist, wurde diese sofort von einer anderen Art ausgefüllt. Hier waren es Hummeln, die ja selbst zur Familie der echten Bienen gehören und praktisch den selben Lebensraum besiedeln. Von den etwa 250 Arten weltweit leben 70 in Europa, davon 36 in Deutschland.

Hummeln sehen zwar alle ähnlich aus, dennoch kann man die einzelnen Arten oft schon anhand ihres Pelzes unterscheiden. Diese hier hatten eine auffällig weiße Hinterleibsspitze. Damit konnte es nur eine Gartenhummel (Bombus hortorum) oder eine Dunkle Erdhummel (Bombus terrestris) sein. In freier Natur ist das nicht ganz so leicht zu unterscheiden, besonders, wenn man schlecht sieht. Auf einem Foto dagegen ist es ein Kinderspiel. Man muss nur die gelben Ringe zählen: 3 gelbe Ringe, zwei am Brustsegment, einer am Anfang, der andere am Ende, getrennt von schwarzem Pelz, und einer über dem ersten Tergit am Hinterleibssegment, dann ist es eine Gartenhummel. 2 gelbe Ringe, einer am Anfang des Brustsegments, der andere am Hinterleibssegment, und es ist eine Dunkle Erdhummel.

Man könnte sie noch mit der Hellgelben Erdhummel (Bombus lucorum) verwechseln, aber die ist hinten schwarz, nicht weiß. Etwas irritierend finde ich die Tatsache, dass die Helle Erdhummel dunkler ist als die Dunkle Erdhummel und umgekehrt. Aber wer weis schon, was sich Linnaeus damals, Mitte des 18. Jahrhunderts, bei der Namensgebung gedacht hat. (Möglicher weise kann er auch gar nichts dafür und die hießen vorher bereits so. Linnaeus hat sie nur beschrieben und ihnen lateinische Namen verpasst. Egal. Wie auch immer.)

Wenn sie bei Bild1 genau hinsehen, erkennen sie auf dem gelben Ring des Hinterleibssegments einen braunen Fleck. Zoomen sie in das Foto hinein, und aus dem Fleck wir eine Varroamilbe (Varroa destructor). Wer hätte das gedacht – sie befällt also nicht nur Honigbienen sondern auch Hummeln. Tatsächlich handelt es sich hier um einen speziellen Fall von Probiose, um Phoresie. Das ist eine vorübergehende Transportgesellschaft, in der sich ein Tier, der Phoret, hier die Milbe, von einem anderen Tier, dem Phorent, hier der Hummel, mitnehmen lässt, ohne den Wirt (ernsthaft) zu schädigen.

Was ist dann so gefährlich an den Varroamilben? Diese Milben vermehren sich nicht auf den erwachsenen Bienen oder Hummeln, sondern in deren Brut. Daher handelt es sich bei der Varroose, so der Name dieses Parasitenbefalls, um eine Brutkrankheit. (Brut, mit ‚r’, nicht Blut mit ‚l’. Bin da schon ein paar mal missverstanden worden. Was vermutlich daran liegt, dass ich gelegentlich ein wenig nuschle.) Und wie läuft der Parasitenbefall ab? Die Varroamilben nisten sich in die Brutwaben ein, speziell in die der Drohnen. Man vermutet, dass die Milben auch Viren übertragen, die Bienenvölker dadurch schwächen und anfällig machen für weitere Infektionen.

Da Bienen gerne schwächere Bienenstaaten überfallen, dabei selbst von den Milben befallen werden, breitet sich die Varroamilbe schnell in größeren Gebieten aus. Die westliche Honigbiene ist auf die Milbenattacken nicht vorbereitet, ihr mehr oder weniger schutzlos ausgeliefert. Ganz im Gegensatz zu den östlichen Honigbienen. Die sind in der Lage, befallene Brutzellen zu erkennen und aus ihren Bau zu entfernen. Sollte der Befall zu stark sein, verlassen sie ihr Nest und siedeln sich woanders neu an. Die westliche Honigbiene hat diese Fähigkeiten nicht.

Wie kommt das? Ganz einfach: Die Varroamilbe kommt aus Asien. Die dortigen Bienen standen daher über lange Zeiträume unter dem evolutionären Druck, sich anzupassen, sprich, sich Methoden gegen die Milben ‚einfallen’ zu lassen, oder auszusterben. Die westlichen Honigbienen hatten das Problem nicht, da die Milbe in Europa nicht vorkommt. Nicht vorgekommen ist. Denn jetzt ist sie ja hier. Und das nur, weil ein paar Schmackos vom Bieneninstitutes Oberursel sie 1977 eingeschleppt haben, als sie zu Forschungszwecken (infizierte) asiatische Honigbienen in ihr Institut holten.

Ursprünglich wurde die Milbe für Varroa jacobsonii gehalten, erst 2000 erkannten Anderson und Trueman, dass es sich um eine bisher unbekannte Art handelt. Sie nannten sie Varroa destructor (zerstörerische Milbe). Zur Ehrenrettung der Milbe muss man allerdings dazu sagen, dass sie nicht der alleinige Grund für das Bienensterben ist, sondern nur ein Kofaktor.

Zählungen von fotografierten Hummeln ergaben, dass 2008 in Waldperlach etwa eine von 20 Hummeln eine Varroamilbe trug. Die Schätzung ist jedoch nicht sehr genau, da sich einzelne Hummeln nicht als Individuen identifizieren lassen, sich die selbe Hummel unter Umständen mehrfach zählen lies.

Im übrigen ist nicht jeder Fleck auf einer Hummel gleich eine Milbe: In Bild2 sehen sie im weißen Teil des Hinterleibs ein dunkles Objekt. Das ist keine Milbe, sondern ein Staubgefäß einer Blüte des Runden Lauchs (Allium rotundum), einem mittlerweile auf der Roten Liste der Farn- und Blütenpflanzen stehendem Amaryllisgewächses. Sollten sie eine solche Pflanze im Garten stehen haben: Lassen sie die Samen ausreifen, ernten sie sie ab und verstreuen sie sie an Wegrändern. (Im nehme zwar stark an, dass das verboten ist, weil in Deutschland bekanntlich alles verboten ist, was nicht ausdrücklich erlaubt ist, aber was soll’s. Der Runde Lauch ist in Europa heimisch, also soll er auch hier wachsen.) Der Runde Lauch bevorzugt übrigens mäßig trockene, nährstoffreiche Löß- Lehm- oder Tonböden…

Dunkle Erdhummel mit Varroamilbe
Dunkle Erdhummel auf Rundem Lauch
Bürgerreporter:in:

B Göpfert aus München

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