Ausgrabungen im Markt Meitingen
Bei Ausgrabungen wurden frühmittelalterliche Gräber an der Werner-von-Siemens-Str. entdeckt.

Bei Ausgrabungen wurden an der Werner-von-Siemens-Straße frühalterliche Gräber entdeckt. | Foto: Peter Heider
  • Bei Ausgrabungen wurden an der Werner-von-Siemens-Straße frühalterliche Gräber entdeckt.
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Meitingen. Im Oktober 2022 wurden an der Werner-von-Siemens-Str. im Rahmen einer archäologischen Baubegleitung vier West-Ost ausgerichtete Körperbestattungen freigelegt, die etwa in einer Nord-Süd orientierten Reihe lagen. Bereits im Januar 2023 konnten die schließlich insgesamt fünf Bestattungen archäologisch ausgegraben und dokumentiert werden – teilweise unter widrigen Witterungsverhältnissen. Bei den Bestatteten handelte es sich um zwei Jugendliche zwischen 13 und 18 Jahren, deren Geschlecht nicht bestimmbar ist. Außerdem ein etwa 30 bis 40 Jahre alter Mann und eine 25 bis 30 Jahre alte Frau. Die älteste Person ist ein 40 bis 60 Jahre alter Mann, der sich im Laufe seines Lebens zwei Rippen brach und vermutlich unter starker Arthrose, Karies und Gelenkschmerzen litt. Ebenso weist der jüngere Mann schon Anzeichen einer beginnenden Arthrose und Gelenkabnutzungen auf.
Vermutlich handelt es sich hierbei um einen Familienverband im weitesten Sinne, wobei die Toten nicht zwangsläufig blutsverwandt sein müssen. Dies könnte nur eine DNA-Analyse klären. Der ältere Mann liegt im Zentrum der kleinen Grabgruppe. Er wird eingerahmt von der jüngeren Frau und dem jüngeren Mann. Die Bestattung des Jugendlichen im Norden scheint etwas abseits zu liegen, während im Süden die Grabgrube für den zweiten Jugendlichen das Grab der Frau stört, er starb daher später als die Frau.
Eventuell beziehen sich beide Gräber intentionell aufeinander. Eventuell spiegelt die Position der Gräber zueinander die soziale Position und Hierarchie der Personen zu ihren Lebzeiten. Die bedeutendste Person wäre somit der ältere Mann gewesen. Es wurden nur zwei eiserne Gürtelschnallen als Teile der Tracht in den Gräbern des jüngeren Mannes und eines Jugendlichen gefunden, was ein Hinweis auf dessen Geschlecht (männlich) sein könnte. Die große Zeit der reich ausgestatteten (Reihen-)Gräber der Merowingerzeit mit Waffen, Trachtbestandteilen, Schmuck, Werkezeug, Pferdegeschirr, Hygieneartikel wie Kämme und vieles mehr ist eindeutig vorbei, auch wenn sich die frühmittelalterliche Sitte der West-Ost ausgerichteten Körperbestattungen mit dem Kopf im Westen und dem Blick nach Osten in gestreckter Rückenlage (bis heute) erhalten hat.
Die Grabungsfirma Archäograph datiert die Gräber daher unter Vorbehalt in die späte Merowinger-/frühe Karolingerzeit, d.h. um 700-750 n.Chr. Vermutlich handelt es sich um eine klei-ne Hofgrablege. Im Verlauf der Karolingerzeit im 8. bis 10. Jahrhundert etablierte sich dann die Bestattung bei und in den Kirchen.
In Meitingen sind bereits mehrere frühmittelalterliche Fundstellen bekannt. In einem Neubaugebiet an der Donauwörther Straße, der ehemaligen römischen Via Claudia, wurde vom Arbeitskreis Augsburg unter der Leitung der ehemaligen Kreisheimatpflegerin Frau Gisela Mahnkopf von 2016 bis 2021 eine Siedlung des 7.-9. Jhd. mit zahlreichen Grubenhäusern ausgegraben.

Die Siedlung ist etwa einen Kilometer von der kleinen Grabgruppe entfernt. Vermutlich kannten sich die Bewohner der Siedlung und die Toten zu Lebzeiten, standen vielleicht auch in einer Austauschbeziehung zueinander.
Im Areal der Kiesgrube Deil westlich der Werner-von-Siemens Straße wurde bereits 1956 bei Baggerarbeiten eine Köperbestattung mit einem Schwert und Riemenzungen freigelegt, die merowingerzeitlich datiert, also älter als die neu entdeckte Grabgruppe ist. Vermutlich sind beim Kiesabbau vor 70 Jahren zahlreiche Gräber unbeobachtet zerstört worden. Das Lechtal war und ist ein wichtiger Kommunikations- und Handelsraum, dessen Bedeutung sich gerade in der Verteilung der reichen bronzezeitlichen, römischen und frühmittelalterlichen Fundstellen spiegelt.

Text: Peter Heider

Bürgerreporter:in:

Vivien Negele aus Augsburg

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