Die Welten des Klaus-André Eickhoff - ein gelungener Abend in der Johanneskirche

Der Künstler - live
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Bisher war er noch nie in Meitingen, doch die Johanneskirche war gut gefüllt, als Klaus-André Eickhoff nach einer Begrüßung durch den Hausherrn, Pfarrer Markus Maiwald, am vergangenen Samstag, den 29.9.2007 um 19 Uhr 30 die “Bühne” betrat. Ohne ein Wort der Einführung setzte er sich ans Klavier. Er spielte ein kurzes Intro und sang die ersten Worte: “Vorhang auf - ein erhebendes Gefühl.” Wie geht es einem Sänger, wenn er das erste Mal auf einer Bühne steht. Das Lampenfieber stellt sich ein. Wird es klappen? “Premiere” eben, so der Titel. Das Lied blieb nicht beim Künstler und seinem Alltag, sondern das wahre >>Stück heißt “Leben”<< und wir Menschen haben >>Sehnsucht nach dem Regisseur<<. Am Ende dieses Stückes singt er: “Premiere - was bleibt, was zählt? Was bleibt, was hält, wenn der letzte Vorhang fällt?” Jetzt wandte der Liedermacher sich ans Publikum und freute sich, endlich auch mal in der “Kleinkunstmetropole Meitingen” auftreten zu dürfen. Sein nächstes Lied ging um “unser aller Lieblingsthema”. Dieses sollte erraten werden. Klar, das Publikum kam schnell drauf. Das Wetter - “November in a-Moll.” Eigentlich will er ja Trübsal blasen “voll Selbstmitleid, Melancholie und Groll”, doch die Sonne scheint mitten im November. “Im Licht verschwinden alle Schatten.” Mit diesem Lied taute auch das Publikum auf. Klar war das Konzert am vorletzten Tag des Septembers, aber er hätte das Lied auch im April gesungen. Vieles mehr gibt es, für das der Mensch dankbar sein kann. “Die kleinen Dinge” sind es vor allem, die man allzu häufig übersieht - Titel des nächsten Lieds, zum Beispiel dass man sein Frühstücksei nicht selber legen muß. Das genaue Gegenteil gibt es natürlich auch - Dinge, über die man sich ärgert. Ein solche Sache besingt er in seinem “Spam-Song”- Spams, eine Plage, die jeder Internetuser in Massen erhält. Gegen die Spams sind die Spam-Filter. Oder man kann sich ihrer mit einem Mausklick entledigen. Bei anderen Dinge des Lebens geht das nicht so leicht. Sie rinnen wie “Feines Gift” in alle Poren - so der nächste Titel: Der Mensch ist “nicht gefeit vorm nächsten Sturz” in die Tiefe, wenn er sich zum Beispiel sehr oft vergeblich um eine neue Arbeit bemüht und denkt: “Mich braucht keiner.” Das Leben hält eben nicht nur Höhenflüge bereit, sondern ist wie eine “Achterbahn”, auf deren Fahrt sich jeder Mensch einen verläßlichen Begleiter wünsche - der nächste Song. Für ihn als Liedermacher ist es ein Wunder, dass er an den ihn begleitenden Gott glaubt. Es fällt ihm schwer, seinen Glauben zu erklären: “Frag mich nicht” - sein Glaubenslied als Gespräch zwischen Ungläubigem und Glaubenden. Doch zu jedem Glauben gehört der Zweifel dazu, doch trotzdem schafft der Glaube Raum zum Atmen, “voll Zuversicht und Mut”. Zurück ging es jetzt wieder von den großen Fragen zu den kleinen Schritten. Eigentlich wollen die Männer ja ihren Frauen ein möglichst angenehmes Leben bereiten, so die Theorie. In der Praxis sieht das anders aus - “Nüchternes Liebeslied”. Ehrlich sagte er, “dass er seine Frau “ - ziemlich - liebe.” Offen sei, was dieses “Ziemlich” bedeute. Es habe verschiedene Nuancen und Schattierungen, je nach Kontext und Betonung. Eickhoff bleibt mit seinen Lieder immer ganz nah am Alltag der Menschen, auf Augenhöhe mit dem Publikum. Er hat den Blick für die Menschen. Er ist ein nüchterner und sensibler Betrachter des Alltags und ist dabei am Puls der Zeit. So zart und leise hat er auch das Meitinger Publikum erobert. Er hat es dann aber auch zu Begeisterungsstürmen hingerissen. Beim nächstenLied “Ein X für ein U” wurde er seinem gesellschaftskritischen Auftrag als Liedermacher gerecht - ein Lied über die Politik und die Politiker: Sie gaukeln den Menschen im Wahlkampf oft falsches vor. Nach der Wahl sieht alles ganz anders und wird auch anders gemacht: Aus dem X wird ein U. Kritisch werden die Wahlversprechen und die wirkliche Politik der aktuellen Regierung unter die Lupe genommen. Natürlich kann er sich als Liedermacher mit einem kritischen Lied die schwierigen und brenzligen Themen vom Leib halten. Das wolle er nicht. Nach diesem Lied gab er zwei Versprechen. Es sei sein letztes Lied vor der Pause. Und er werde ein Rekord in diesem Lied aufstellen, den Schnellsingrekord. Mit 4,01 Wörtern pro Sekunde stellt er ihn auf in “Meine Masche”, der Versuch einer eigenen psychologischen Abhandlung, warum er sich als Liedermacher zu den schwachen Dingen hingezogen fühle. Auch in der Pause war er ein Künstler zum Anfassen. Für alle hatte er ein offenes Ohr und behielt alles im Herzen, so dass er im zweiten Teil auch auf die Wünsche des Publikums einging. Nach einem längerem Klaviervorspiel kam “Sprich nicht von Sieg”, ein Lied, das jegliche Form des Krieges als Scheitern entlarvt, denn jeder Krieg ist ein Sieg über die Menschlichkeit und ein Bombengeschäft - sein Lied aktuell gegen den Irakkrieg und jeden Krieg. Das Leben ist eben kein Wunschkonzert. Als Liedermacher will er sich mit weltpolitischen Themen auseinander setzen, sie nicht von sich fern halten. Ganz im Gegenteil: Er will sich nicht einlullen lassen, sondern wach bleiben für das Schwere. Er will es an sich ranlassen, auch wenn das “Nichts als Zweifel” - der zweite Song nach der Pause - in ihm auslöst. Klaus-André Eickhoff verarbeitet den frühen, tragischen Tod seines Bruders, dem er gleichzeitig ein Denkmal setzt und gleichzeitig die Hoffnung ausspricht, dass das Leben auf der Erde nur eine “Durchgangsstation” ist, dass es seinem Bruder “jetzt gut geht”. Wie sieht diese Ewigkeit? So Eickhoff ́s Frage ans Publikum. Seine Antwort: Das besonders Schöne hier auf Erden gibt uns eine Ahnung auf die Ewigkeit. Im “Der perfekte Augenblick” besingt er eben die Momente seines Lebens, in denen ein Abglanz der Ewigkeit zu spüren war: “Der Augenblick wird weit. Er ahnt die Ewigkeit.” Es sind die zarten Tönen, die diesen zweiten Teil des Konzerts prägen. Doch jetzt gewann das Konzert wieder an Fahrt und der Spitzbube trat wieder in der Vordergrund im Lied “Operation Schönheit”. In der Einführung zu diesem Lied haderte er mit seinem Aussehen. Er habe noch keinen Durchbruch geschafft ins große Business, die Massenmedien. Er wolle schön, groß, reich und berühmt werden, weswegen er sich unter das Messer des Schönheitschirurgen begebe. Er rechnet ab mit dem heutigen Schönheitskult mit dem letzten Satz des Liedes: “Der schöne Körper lenkt ab von jedem Scheiß-Charakter.” Diese Lied wurde immer wieder vom lauten Lachen der Zuhörer begleitet. Mit frentischem Applaus wurde Eickhoff́s Abrechnung mit dem modernen Schönheitsideal belohnt. Er bedankte sich beim schön kuscheligen Meitinger Publikum, das immer mehr auftaute. Mit dem nächsten bitterbösen Lied “So viel gute Laune (Musikantenstall)” schielte er noch einmal nach dem Massenmedien. Gekonnt persiflierte er den Musikantenstadel. Er stellte fest, “für die Einschaltquote ist halt jeder Schwachsinn recht.” Er bleibe lieber bei seinen “Kleinen Brötchen” und ermutigte auch das Publikum dazu, weiterhin kleine Schritte zu wagen und an seinen Träume, auch wenn sie noch so klein sind, festzuhalten. Bei seinem letzten Lied “Seite Zwei” beschrieb er das Leben als Erinnerungsalbum. Jeder gerade erlebte Tag ist die Nummer eins, taufrisch und brandneu. Gestern ist nur noch die Seite 2. So schnell ließen ihn die Meitinger nicht gehen. Zugaberufe schallten durch die Kirche. Die erste Zugabe nutzte er zu einer kleinen Premiere. Er stellte am Ende des September sein neues musikkabarettistisches Weihnachtsprogramm “Ach, Du fröhliche” vor mit einem “Wunschlied an das liebe Christkind”. Er wünschte den Mutlosen Mut und unserer neidvollen Zeit weniger Neid. Das Christkind solle in dieser kommerziellen Zeit, in der sich alles ums Geld dreht, das wirkliche Verlangen nach Menschlichkeit stillen: “Liebes Christkind, mach mich zu einem Helden der Menschlichkeit.” Auch der zweite Versuch, sich zu verabschieden, scheiterte. Er sang für Lukas sein Wunschlied “Wie wir uns nennen”, eine Lied über die Kosenamen, die sich Liebende geben und eigentlich nicht die eigenen vier Wänden verlassen sollten. Ganz schwungvoll ging das Konzert mit der dritten Zugabe “Die Sache mit der deutschen Sprache” zu Ende. Ein letztes Mal zeigte er seine Wortkunst und seinen Wortwitz. Resümee: Eickhoff plauderte ungezwungen mit dem Publikum. Er schuf eine warme, eben kuschelige Atmosphäre, in der auch bitterböse, kritische Töne und Worte möglich waren. Dieser Stimmung, die sich auf das Publikum übertrug, korrespondierte auch sein warmes und gefühlvolles Klavierspiel: Klaus-André Eickhoff - ein Liedermacher der Mitmenschlichkeit, ein Held des Alltags zum Anfassen. Mal sehen, ob sich Pfarrer Markus Maiwald noch einmal traut, ihn nach Meitingen einzuladen. Das Publikum hofft schon, denn es war nämlich ein wunderbarer Abend.

Bürgerreporter:in:

Markus Christian Maiwald aus Augsburg

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