„Wir sind die Mitte der Gesellschaft“: Ein Interview mit OB-Kandidat Eric Lembeck (Piratenpartei)

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Die Piratenpartei entert auch Landsberg. myheimat unterhielt sich mit OB-Kandidat Eric Lembeck über die politische Verortung der Piratenpartei, neue Ansätze in der Kommunalpolitik und eine vernünftige Verkehrspolitik.

myheimat: Herr Lembeck, vielen Bürgern ist die Piratenpartei erst seit kurzem bekannt – vor allem nach den Wahlen zum Abgeordnetenhaus in Berlin. In der Kommunalpolitik stellen sich die „Piraten“ jetzt zum ersten Mal zur Wahl. Wie wollen Sie die strukturellen Nachteile im Vergleich zu den etablierten Parteien in so kurzer Zeit aufholen?

Lembeck: Das können wir gar nicht. Wir waren vor 5 Monaten in Landsberg noch nicht wirklich präsent und doch hat sich seither unsere Mitgliederzahl im Landkreis von etwas über 20 auf über 70 mehr als verdreifacht. Wir verfolgen einen politisch basisdemokratischen Ansatz, in dem die Bürger nicht nur die Themen selber benennen, sondern auch bei der Lösung mitarbeiten und bei der endgültigen Entscheidung teilhaben sollen.

myheimat: Viele Wähler können die Piratenpartei noch nicht so richtig einschätzen und suchen nach Orientierung. Wenn Sie Ihren Platz im politischen Spektrum beschreiben müssten: Mit welchen Adjektiven würden Sie das tun: konservativ, sozial oder liberal?

Lembeck: Wir sind die Mitte der Gesellschaft. In unserer Partei gibt es überwiegend Mitglieder, die noch nie einer Partei angehörten, aber auch ehemalige Mitglieder der CSU, der SPD oder der Grünen. Hier in Landsberg sind die Piraten von unserem bekannten Klischee sehr weit weg. Das einzige passende Adjektiv wäre 'bürgerlich engagiert'.

myheimat: Noch umgibt die „Piratenpartei“ die Aura des Neuanfangs und des „Andersseins“ wie die Grünen zu Beginn der 1980er Jahre. Wie wollen Sie verhindern, dass Sie im Lauf der Jahre in den „Mühlen des Politikbetriebes“ verschlissen werden?

Lembeck: Indem wir den Politikbetrieb verändern. Wir werden die bestehenden politischen Strukturen mit vernünftigen Ergänzungen erweitern, um dadurch die bestehende Kluft zwischen Politik und Bürger zumindest zu verringern. Transparentes Handeln wird helfen, die Verschleißerscheinungen zu mildern und die politische Arbeit durch die Möglichkeit der allgemeinen Teilhabe erleichtern.

myheimat: Sie sprechen im Zusammenhang mit der Finanzaffäre in Landsberg von einem künftigen „Bürgerhaushalt“ und mehr Transparenz. Was konkret meinen Sie mit diesen Begriffen?

Lembeck: Bürgerhaushalt ist ein bewährtes Instrumentarium, das es den Bürgern erlaubt, sich am Haushalt aktiv zu beteiligen. Dies kann natürlich nicht durch den Oberbürgermeister „verordnet“ werden, sondern soll in einem breiten Rahmen diskutiert, erarbeitet und beschlossen werden. Unter Transparenz verstehen wir eine Politik, die sich dem Bürger gegenüber geöffnet hat. Politische Lösungswege und Entscheidungen müssen darin nachvollziehbar sein. Soweit es die rechtlichen Rahmenbedingungen zulassen, werde ich diese ausschöpfen.

myheimat: Kommen wir zu einigen maßgeblichen kommunalpolitischen Fragen in Landsberg. Welche inhaltliche Position nehmen Sie zu den Themen „Hauptplatz-Umbau“, „Fußgänger- und
Radlerbrücke über den Lech“ und Energieversorgung ein?

Lembeck: Diese drei Themen stehen für mich beispielhaft dafür, dass grundsätzliche Themen von Anfang an mit Bürgern dieser Stadt offen diskutiert werden müssen. Ein Umbau des Hauptplatzes benötigt sinnvollerweise ein vorher erstelltes Verkehrskonzept für die Stadt, in dem auch eine zusätzliche Brücke ihren Platz finden wird. Jedoch sollte die Einbindung der Bürger am Anfang erfolgen und nicht erst nach einem Ratsbeschluss. Die Energieversorgung gehört zu den wichtigsten strukturellen Bereichen der Stadt. Um ein sinnvolles und tragfähiges Konzept erstellen zu können, ist eine Erfassung der Verbrauchswerte und vor allem der Verbrauchsspitzen vonnöten. Eine solche Auswertung ist bislang nicht verfügbar.

myheimat: Wie sieht Ihr Konzept für eine vernünftige Verkehrspolitik in Landsberg aus?

Lembeck: In den vergangenen Jahren und Jahrzehnten orientierte sich die Verkehrsplanung, wie fast überall in Bayern und auch im übrigen Deutschland, fast ausschließlich am Autoverkehr. Es ist zwingend ein Umdenken erforderlich. Künftig müssen unbedingt die Bedürfnisse der Fußgänger und der Fahrradfahrer stärker berücksichtigt werden. Dies kombiniert mit einer Erhöhung der Attraktivität des ÖPNV wird eine Reduzierung des Autoverkehrs in Landsberg nach sich ziehen.

myheimat: Sie sind selbständiger Online-Händler in Landsberg und haben ein BWL-Studium an der Universität Augsburg absolviert. Inwieweit könnte die Stadt Landsberg von Ihren Fähigkeiten profitieren, wenn Sie zum Oberbürgermeister gewählt würden?

Lembeck: Als ehemaliger Wertpapierhändler bin ich durchaus mit der Wirkungsweise und den Risiken des Options- und Derivatehandels vertraut. Wären die Verträge öffentlich zugänglich gewesen, wäre sofort ersichtlich gewesen, welche „Zeitbombe“ da tickt und man hätte deutlich früher gegensteuern können. An diesem für die Stadt Landsberg sehr schmerzhaften Beispiel zeigt sich, wie wichtig unsere Forderung nach Transparenz ist.

Bilder: Veronika Laber

myheimat-Team:

Joachim Meyer aus Friedberg

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