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Als der Zug aus Prag durch Rethen fuhr

25 Jahre Deutsche Einheit,

es war ja nicht nur ein Zug, aber einer davon sollte nach Hannover kommen, wir wussten, dass er kam, aber nicht genau wann, doch durch Zufall waren wir zwischen den Laatzener Ortsteilen Gleidingen und Rethen unterwegs, und plötzlich sahen wir ihn und wussten sofort, das er es war, er sah aus, wie man ihn beschrieben hatte, schier endlos lang rollte er langsam vorbei Richtung Messebahnhof,

die Menschen blieben stehen, Autos hielten, es war ganz still, einige winkten fast zaghaft, gesehen hat es im Zug wohl keiner, dazu war er zu weit entfernt, und als er hinter den Häusern verschwunden war, schauten wir uns an, etwa 150 Menschen waren versammelt, und alle verband ein unglaubliches Glücksgefühl, einige, wir auch, fuhren zum Messebahnhof, um die Ankunft zu erleben, als wir dort eintrafen, hatten viele schon den Zug verlassen, und saßen in einer großen Messehalle, wo sie mit Kaffee und Kuchen empfangen wurden,

überall waren Beamte der Bundespolizei, der damals noch Grenzschutz hieß, um ordnend einzugreifen, falls es nötig wäre, aber das war es nicht, viele konnten noch gar nicht begreifen was geschehen war, die Menschen aus dem Zug waren erschöpft, nicht so sehr von der langen Bahnfahrt, die Erkenntnis, dass das unmögliche wahr geworden ist musste verarbeitet werden, und ein älterer Herr, der hoffte, Verwandtschaft von ihm sei im Zug, meinte: "Hoffentlich glaubt hier keiner, man müsse ihnen erklären, wie man mit Messer und Gabel isst", und er lächelte ein bisschen dabei, gemeint hatte er es nicht so, und geschehen ist es ja auch nicht,

doch in einem hatte er Recht, zumindest was mich anbelangte, denn es gab einige Berührungserlebnisse, auf die ich nicht gefasst war,

da war die Wettermeldung im Radio, ich hörte sie im Auto, zunächst wie gewohnt Hannover 20°, Hamburg 19°, jetzt kam auf einmal dazu Magdeburg 21° Rostock 20° Schwerin 19°, es waren Minuten, die man nicht beschreiben kann,
dann gab es den Tag der offenen Tür beim NDR und wohl tausende von Menschen vor allem aus Sachsen-Anhalt kamen nicht nur deshalb nach Hannover,

wir sahen in der Markthalle ein jüngeres Ehepaar mit zwei Kindern, die Frau sah die Auslagen der Händler, nach einigen Schritten brach sie weinend zusammen, sie suchte Halt bei ihrem Mann, der selbst völlig fertig war, ich nahm ein paar Tafeln Schokolade von einem der Thresen und schenkte sie den Kindern, eine verzweifelte hilflose Geste, doch was anderes fiel mir in diesem Moment nicht ein, ich bin heute noch dankbar, dass die Schokolade angenommen wurde,

und da war die Fahrt durch Bad Harzburg, rechts von uns tauchte ein Schild auf, "Noch 150 Meter bis zur Grenze", ich nahm es nicht wirklich zur Kenntnis und fuhr weiter, und plötzlich war da ein Zaun, der links und rechts von der Straße wegführte, offen war nur die Straße, und ich fuhr hindurch auf einen freien Platz, und erkannte erst jetzt, es war nicht irgend ein Zaun, es war DER Zaun, blaugrau versperrte er bis auf besagte Lücke den Weg in den Westen, kein anderes Auto, überhaupt kein Mensch war auf diesem Platz, einer unbefestigten Sandfläche, ich fühlte mich wie von der Welt abgeschnitten, ich wendete, und fuhr zurück durch diese Lücke, in die Sicherheit der Bundesrepublik,

das konnten die Menschen in der DDR über Jahrzehnte hinweg nicht, da gab es keine Lücke, sondern Maschinenpistolen, die sie bedrohten, mich hat niemand bedroht, da standen keine Grenzer mehr, ich hatte mich vor einem toten Löwen verjagt, kein Ruhmesblatt in meinen Erinnerungen,

doch Erinnerungen kann man nicht schön reden, die Erlebnisse, auf denen sie beruhen, hätte man manchmal besser gestalten müssen, doch was soll's, andere werden auch Erinnerungen haben an die Zeit vor 25 Jahren, denn vergessen kann sie keiner, der sie erlebt hat.

Jetzt kommen wieder viele Menschen nach Hannover, um 25 Jahre Wiedervereinigung zu feiern, Politiker werden schöne Reden halten, und das sei ihnen auch gegönnt, und niemand will ihnen ihre Leistung von damals aberkennen, aber ausgelöst wurde dieser Tag durch die Menschen in der ehemaligen DDR, das sollten wir hier im Westen nicht vergessen.

Scorpions "Wind of change"

Gerd Szallies

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Erinnerungenvor 25 JahrenWind of changeDeutsche Einheitder Zug aus Prag

15 Kommentare

Warum so ein wichtiger Tag einfach gestrichen wurde, hat wohl keiner nachvollziehen können... (aber wenn sogar die Kirche Buß&Bettage verhökert... *achselzuck* ;))

dem ist nichts hinzu zu fügen :))

> "Es wurde kein einziger Feiertag gestrichen. Sie werden allerdings nicht mehr als gesetzliche Feiertage staatlich vorgeschrieben und bezahlt."

Also sind es keine gesetzlichen, arbeitsfreien Feiertage mehr.
Also doch gestrichen.

> "Die zweiten Weihnachts-Oster-und Pfingsttage stehen auch noch zur Disposition"

Ja, diese Feiertage wollen manche seltsamen Grüppchen abschaffen...
Irre, aber die Wirtschaft freuts sicher... (und dürfte hinter manchen Grüppchen stecken?!)

> "Für ein mehr an Urlaubstagen sind die Gewerkschaften zuständig."

Für Feiertage aber nicht. Schon gar nicht gesetzliche, arbeitsfreie und ggf. "stille". Das ist Angelegenheit des Staates, also Bürgers.

Ausserdem bestimmt der Staat auch über die Arbeitswelt - sogar von den Gewerkschaften gewollt (z.B. Kündigungsschutz, Mindestlohn, Urlaub, usw.) - da kann man als Bürger und Gewerkschafter z.B. auch fünf gesetzliche Weihnachtsfeiertage einführen wollen und einführen.

> "Gedenken kann ich am Arbeitsplatz,im Schwimmbad oder auf Reisen. Der Kern liegt doch wohl im Erinnern an die Geschehnisse und Bedeutung dieses Tages."

Kann man, aber erstens hilft ein "Herausreißen" aus dem Alltag schon mal beim Erinnern, Gedenken, Bewusstmachen... und zweitens ist so Zeit und Gelegenheit für Aktionen, Ausleben, etc.

> "Die kirchlichen Feiertage waren über Jahrhunderte die einzigen Ruhe- und Erholungstage für das fronende Volk, ob Klerus und Adel dies wollten, oder nicht, ist unwichtig. Mittlerweile leben wir im 21.Jahrhundert.Diese Bedeutung der kirchlichen Feiertage ist entfallen. Der gesetzliche Mindesturlaub ,der angehoben werden sollte(5 Tage), für abhängig Beschäftigte,hat diesen Sinn der kirchlichen Feiertage abgelöst."

Nö. Frei ist frei. Nach der Logik müssten wir auch die geschützten Sonntage abschaffen und auch das individualisieren.

Gemeinsame Zeitinseln wie Feiertage und Wochenenden sind aber für das Sozialleben wichtig. Nicht nur, dass z.B. Familien Gelegenheiten haben, sich an den Wochenenden zu sehen, sondern auch dass Familien sich an Feiertagen im Großen treffen können usw.
Auch ausserhalb der Familien ist das sozialer Kitt - besonders, wenn z.B. bei religiösen Feiertagen das Traditionelle sich auch ausserhalb der religiösen Gemeinschaften ausbreitet (z.B. Weihnachtsbaum, Lichterglanz, Ente und Geschenke auch bei Nichtchristen) und so mehr Gemeinschaftsgefühl entstehen kann.

> "Warum sollen die großen christlichen Kirchen mit gesetzlichen Feiertagen priviligiert werden? Die islamischen, jüdischen und anderen Gemeinschaften aber nicht."

Eben. Es spricht ja nichts dagegen, den anderen Religionen ähnliches zu ermöglichen.

> "Darüber wird in meiner evangelisch-lutherischen Landeskirche offen und kontrovers diskutiert. Welchen Weg gehen wir ?"

Schön, aber erstens sollten solche Feiertage eh bundesweit gelten (was nicht heißt, dass sich Bundesländer nicht auch noch zusätzliche Feiertage geben können, wenn die landestypisch sind).

Und zweitens - wer ist die "Landeskirche"? Soll sowas mickriges über alle Bundesbürger bestimmen? Schon über alle Christen wäre dreist...
Die steht nicht mal für alle Evangelen in Deutschland, sondern nur für die im Bundesland - und auch nur die, die im Verein sind...
Es hätte sicher auch kein Nichtreligiöser was dagegen, wenn so ein kleiner Verein für ihn einen arbeitsfreien Feiertag ermöglicht... aber umgekehrt, wenn ein Winzverein allen anderen was nimmt, wäre es schon dreist...

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