"Hier hat man gespürt, dass uns dieser Krieg nahegeht": Ein Interview mit Bürgermeister Franz Feigl

Große Ehrung: Der Rathauschef durfte Anfang April im Namen des Freistaates Bayern die Medaille für besondere Verdienste um die kommunale Selbstverwaltung in Bronze an Altstadtrat Peter Henkel überreichen. | Foto: Anke Maresch
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  • Große Ehrung: Der Rathauschef durfte Anfang April im Namen des Freistaates Bayern die Medaille für besondere Verdienste um die kommunale Selbstverwaltung in Bronze an Altstadtrat Peter Henkel überreichen.
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myheimat: Herr Feigl, am 24. Februar 2022 begann Russland einen Krieg gegen die Ukraine. Welche Gedanken gingen Ihnen durch den Kopf, als Sie von der Nachricht erfahren haben? Können Sie uns Ihren Gefühlszustand beschreiben?

Feigl: Jetzt hat es Putin tatsächlich gemacht! Nach der Krim und nach ständigen Sticheleien in der Ost-Ukraine folgt jetzt ein militärischer Einmarsch in die Ukraine, in Europa! Es stellte sich bei mir sofort ein echtes Unwohlsein, verbunden mit Aufregung, ein. Ist nicht die Ukraine nur so 850 km bis 1.000 km entfernt? Was kommt da auf uns zu? Welche Auswirkungen wird dieses Ereignis auf uns haben?

myheimat: In Königsbrunn wurden viele Zeichen der Solidarität mit der Ukraine gesetzt. Zu nennen ist eine ökumenische Friedensveranstaltung mit den beiden Kirchen samt Spendensammlung zugunsten des Aktionsbündnisses Katastrophenhilfe. Wie beeindruckt waren Sie von der „Königsbrunner Hilfsbereitschaft“?

Feigl: Es war ein umwerfendes Zeichen für die Hilfsbereitschaft gegenüber den Menschen in der Ukraine. Hier hat man gespürt, dass uns dieser Krieg – im wahrsten Sinne des Wortes – nahegeht. Einige Ukrainer leben seit Jahren in Königsbrunn und der Region. Auch der spontan gesammelte Spendenbetrag belegt diese besondere Verbundenheit mit den Europäern. Schließlich werden bis heute über 180 ukrainische Flüchtlinge in Königsbrunn privat beherbergt.

myheimat: Lassen Sie uns über die Königsbrunner Kommunalpolitik sprechen. Die nächsten zehn Jahre werden für die Brunnenstadt gewaltige Veränderungen mit sich bringen. Es gilt, ein Zentrum neu zu gestalten und eine Stadtidentität zu schaffen. Beginnen wir mit dem Umbau der Bürgermeister-Wohlfarth-Straße. Mehr Aufenthaltsqualität und Attraktivität sind ein wesentliches Ziel der Baumaßnahme. Wie zufrieden sind Sie mit dem Verlauf der Bauarbeiten bis jetzt?

Feigl: Zunächst bin ich sehr froh, dass wir überhaupt eine leistungsfähige Tiefbaufirma gefunden haben, die auch pünktlich mit den Untergrundarbeiten begonnen hat. Die dann erfolgten Verzögerungen basierten auf den Lieferschwierigkeiten für bestimmte Fertigbetonteile. Nachdem die Pflasterarbeiten begonnen haben und sich auch im Baufortschritt bemerkbar gemacht haben, sind diese aktuell wieder ins Stocken geraten. Insofern kann ich zusammenfassen, dass wir sehr zufrieden sind, dass gebaut wird. Das Tempo des Baufortschritts birgt allerdings hohes Steigerungspotential.

myheimat: Für die Bürgermeister-Wohlfarth-Straße wird von einigen Stadträten ein schlüssiges Verkehrskonzept angemahnt. Täglich eine fünfstellige Zahl an Autos, die durch Königsbrunns Zentrum rollt, dürfte nicht der Weisheit letzter Schluss sein. Wie wollen Sie dieses Problem in den Griff bekommen?

Feigl: Wie sich durch die aktuelle baustellenbedingte Sperrung zeigt, kann der Großteil des Verkehrs innerhalb Königsbrunns zwischen Nord und Süd auch über die Umfahrungen abgewickelt werden, ohne dass es zu einem Verkehrskollaps kommt. Durch die länger andauernde Baustelle wird sich hier insofern auch eine gewisse Gewöhnung an alternative Verkehrswege bei den Autofahrern einstellen. Wenn nun künftig die Kraftfahrzeugfahrer im verkehrsberuhigten Geschäftsbereich zwischen der Marktstraße und der Gartenstraße nur noch mit 20 km/h fahren dürfen und bedingt durch die bauliche Ausgestaltung (Längsparker, Anordnung der Bäume, Mittelinseln, Fahrradfahrer auf der Straße etc.) auch nur noch so schnell fahren können, hoffen wir, dass sich auch die Zahl der Kraftfahrzeuge im vierstelligen Bereich einpendeln wird.

myheimat:
Welche Bedeutung hat in der Zentrumsgestaltung das neue Bürgerservice-Zentrum?

Feigl: Das neue Gebäude an der Marktstraße 3 leistet ganz verschiedene Beiträge zur Zentrumsentwicklung. Zum einen werden über 20 Wohnungen geschaffen, die Menschen im bislang eher wenig bewohnten Zentrum ein Zuhause geben und damit zur innerstädtischen Belebung beitragen. Zum anderen werden im Bürgerservicezentrum die publikumsintensiven Bereiche der Stadtverwaltung gebündelt. Dadurch erhöht sich dort der Publikumsverkehr, was für künftige Geschäftsansiedlungen auf der anderen Seite der Marktstraße interessant ist. Daneben wird der Wartebereich kundenfreundlicher gestaltet und es entsteht ein Raum, der durch den erhöhten Publikumsverkehr für Ausstellungen attraktiver wird. Zum Dritten erhält die VHS erstmals in Königsbrunn eigene Räume, was ebenfalls zur Frequenz in diesem Bereich beiträgt. Außerdem wird dieses Gebäude durch die entsprechenden Kurse und Veranstaltungen auch in den Abendstunden etwas belebter sein. Dadurch soll ein erkennbarer Beitrag zur Belebung nahe des neu gestalteten Bereiches der Bürgermeister-Wohlfarth-Straße geleistet werden.

myheimat:
Für die Rathauswiese waren schon vor mehr als zehn Jahren Wohn- und Geschäftshäuser sowie ein künstlicher Wasserlauf angedacht. Es geriet dann aber alles ins Stocken. Es fehlen entscheidende Grundstücke und die hohen Mieten dürften für kleine Läden kaum zu bewältigen sein. Lässt sich auf der Rathauswiese noch etwas zum Positiven bewegen?

Feigl:
Im südlichen Bereich der Rathauswiese, von der Von-Eichendorff-Straße bis zur Bürgermeister-Wohlfarth-Straße, zeichnet sich ganz vorsichtig eine Tendenz ab, die zu einer Bebauung und Entwicklung in diesem Bereich führen kann. Insofern habe ich Hoffnung, dass sich hier zumindest in Teilen etwas bewegen wird. Dabei wird am Ziel einer merkantilen, belebten Mitte mit hoher Aufenthaltsqualität festgehalten. Die hohen Baukosten mit den daraus resultierenden hohen Mieten, das sich unglaublich schnell wandelnde Einkaufsverhalten samt Internethandel führen dazu, dass neue städtebauliche Konzepte sowie innovative Handelsformen notwendig werden. Königsbrunn als naturgrüne Stadt könnte hier, auch vor dem Hintergrund des Klimawandels, eine Marke bilden, auf der aufgebaut werden kann.

myheimat:
Auch der Europaplatz soll ein neues Gesicht bekommen. Wie geht es da weiter?

Feigl:
Auch der Europaplatz gehört der Stadt nicht vollständig. Wenn wir uns mit dem Eigentümer über das weitere Vorgehen verständigt haben, werden wir hier mit einem Architektenwettbewerb für das geplante Gebäude und die Gestaltung des Europaplatzes starten. Durch ein Gebäude mit ergänzenden Angeboten und einen attraktiven Platz soll hier im Zentrum ein einladender Ort des Miteinanders für die Stadtgemeinschaft entstehen.

myheimat:
Eng verknüpft mit dem Thema Zentrumsplanung ist auch der Bereich „Parken & Wohnen“. Wenn man mehr Menschen mit attraktiven Angeboten ins Zentrum locken will, braucht man auch zusätzliche Parkmöglichkeiten. Wo sollen die entstehen?

Feigl:
Wir sind gerade dabei, die Grundstücke südlich des Kinos zu erwerben. Sofen wir die überwiegenden Grundstücke kaufen können, soll zusammen mit dem Wettbewerb für den Europaplatz ein Ideenwettbewerb für einen sog. Mobility-Hub südlich des Kinos erfolgen. Ein sog. Mobility-Hub soll das Parken für PKW und für Fahrräder kombinieren mit einer Pack-Station oder einem Kiosk, einem Café oder ähnlichem und Wohnungen darüber. Damit soll dem Stellplatzbedarf rund um den Europaplatz Genüge getan werden. Im nördlichen Bereich hängt die Stellplatzfrage von den dortigen zukünftigen Entwicklungen ab.

myheimat: Ein kommunalpolitischer Dauerbrenner ist auch die Zukunft des ehemaligen Königsthermen-Areals. Bei den Planungen für das Forum muss zunächst die Frage geklärt werden, ob dort künftig die Gautsch stattfinden soll. Wenn das bejaht wird, müsste der Zeitpunkt des ersten Volksfestes auf dem Areal festgelegt werden. Was passiert dann mit den verbliebenen Resten der Königstherme?

Feigl:
Aktuell wird eine Machbarkeitsstudie für die Entwicklung des Forums erstellt. Ziel ist die Schaffung eines Ortes für Miteinander und Begegnung, für ein auch kulturell lebendiges Königsbrunn – sowohl im Außen- als auch im Innenbereich. Hierfür müssen die verbliebenen Reste der Königstherme nochmals ein Stück zurückgebaut werden. Damit entsteht ein größerer Platz, der Kulturplatz, der auch für eine mögliche Gautschansiedlung notwendig wäre. In den verbliebenen Resten der ehemaligen Königstherme, dem künftigen Kulturhaus, sollen dann nach aktuellem Stand die Stadtbücherei, das Stadtarchiv, ein Café, das neue Stadtmuseum, aufbauend auf dem Lechfeldmuseum, dem Naturmuseum und dem archäologischen Museum, samt deren Depots und Lagerräumen, Büros und Räume für das Kulturbüro, die FSK GmbH mit BVE sowie die Bereitschaft des BRK neuen Platz finden.

myheimat:
Für das Forum ist ein neues Gebäude mit einem Klimakonzept vorgesehen. Wie soll diese Energieversorgung denn aussehen?

Feigl: Der Gebäudekomplex liegt außerhalb des Trinkwasserschutzgebietes. Dadurch bietet sich eine Grundwasserwärmepumpe als effiziente Wärmequelle an, die durch die Nutzung der Abwärme der Eisgeneratoren der Hydro-Tech eisarena, die die ehemalige Königstherme schon genutzt hat, ergänzt wird. Nachdem diese Anlagen mit elektrischem Strom betrieben werden, bieten sich die großen Dach- und Fassadenflächen der Hydro-Tech eisarena zusammen mit dem Restbestand für Photovoltaik an. Auch wird überlegt, kleine Windkraftanlagen für die ergänzende Stromproduktion zu nutzen. Dadurch wird rechnerisch mehr als der gesamte für den Betrieb aller im Forumsbereich geplanter Gebäude samt Hydro-Tech eisarena benötigte Strom selbst produziert. Lediglich tatsächlich wird in zwei bis drei Wintermonaten je nach Witterung Strom dazugekauft werden müssen.

myheimat: Auch der Sport- und Freizeitpark West soll sich in den nächsten zehn Jahren deutlich verändern. Wie sieht Ihre Vision für diesen städtebaulichen Bereich aus?

Feigl:
Die Umgestaltung des Gymnasiumweihers hat bereits begonnen und die Grobmodulierung des Geländes ist gerade abgeschlossen worden. In diesem südlichen Bereich – etwa von der Ulrichshöhe bis zum Gymnasiumweiher – ist der ruhige Bereich des Sport- und Freizeitparks West geplant. Dort werden die Wege allenfalls noch durch das eine oder andere Trimm-Dich-Gerät ergänzt. Im nördlichen Bereich sollen noch der Skate-Park erneuert, eine Pump-Track-Bahn ergänzt und eine Callisthenics-Anlage mit Ninja-Warrior-Parcours errichtet werden. Dort soll auch die von vielen gewünschte Minigolf-Anlage platziert werden. Damit soll der Bereich für Jung und Alt attraktiv gestaltet und nutzbar werden.

myheimat:
Wir haben nun über viele ehrgeizige Projekte gesprochen, die anstehen. Gleichzeitig ist aber davon auszugehen, dass die Gewerbesteuereinnahmen sinken und die Energiekosten für die Stadt steigen werden. Die Energiekrise trifft auch die Kommunen mit voller Wucht. Wie steht es denn um die Finanzierbarkeit all der genannten Projekte?

Feigl:
Die oben genannten Projekte sind der Plan zur Schaffung einer attraktiven Mitte für unsere Stadt Königsbrunn. Wenn die Einnahmen rückläufig sind, werden die Projekte nicht in dem momentan geplanten Zeitkorridor umgesetzt werden können. Dann wird aber trotzdem der Fokus auf Investitionen in energetische Sanierungsmaßnahmen gelegt werden müssen, um die finanziellen Auswirkungen der dramatisch steigenden Energiepreise abzufangen.

myheimat: Die Stadt Königsbrunn investiert viel Geld in bessere Rahmenbedingungen für Schule und Unterricht. Welche Bilanz ziehen Sie im Hinblick auf die Schulsanierungen für das Jahr 2023?

Feigl: Nach der Fertigstellung der Generalsanierung und Neugestaltung der Grundschule Süd werden die neuen Räumlichkeiten gut angenommen und intensiv genutzt. Auch die Kooperation mit unserer Stadtbücherei läuft in guten Bahnen. Bis Ende 2023 werden hoffentlich die noch fehlende Aula samt Küche, Mensa und Heizungsraum wie auch die Generalsanierung des Hortgebäudes der Grundschule Nord fertiggestellt. Somit wäre dann auch die Generalsanierung mit Teilneubau der Grundschule Nord abgeschlossen. Mit den beiden Schulen sind vorbildliche Grundschulen mit Marktplatzkonzepten zur optimalen Umsetzung aktueller pädagogischer Konzepte entstanden. Auch wurde ein Lüftungskonzept konzipiert, das für gute Luftqualität sorgt, aber ohne aufwendige Lüftungstechnik auskommt. Daneben wird aber bereits an der Planung für die Erweiterung der Schule an der Römerallee gearbeitet, um dort in der Zukunft die gesamte Mittelschule Königsbrunn unterzubringen. Gerade auch bei dieser Planung spielt es eine große Rolle, dass die alte Mittelschule einen sehr hohen Energieverbrauch hat, aber aufgrund der Gebäudesubstanz nicht mehr sanierungswürdig ist.

myheimat: Herr Feigl, vielen Dank für dieses Gespräch.

myheimat-Team:

Joachim Meyer aus Friedberg

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