"Ich bleib' dann mal daheim" (Teil 83)
Friedberger Stadtteile kennenlernen: Stätzling

Die Pfarrkirche St. Georg in Stätzling: Der eher an ein Schloss erinnernde Bau entstand zwischen 1696 und 1699 | Foto: Dr. Hubert Raab
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  • Die Pfarrkirche St. Georg in Stätzling: Der eher an ein Schloss erinnernde Bau entstand zwischen 1696 und 1699
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Friedberg hat 13 Stadtteile, Stätzling ist einer der größten mit etwa 2400 Einwohnern. Er kann auf eine lange Tradition zurückblicken. Bereits in der jüngeren Jungsteinzeit (ca. 3500–2200 v. Chr.) wurde das Gemeindegebiet von Menschen aufgesucht. Auch die Kelten siedelten hier, wie Gräber der Mittleren Latènezeit (ca. 300 v. Chr.) beweisen. Vor allem aber hinterließen die Römer (15 v. Chr. –450 n. Chr.) hier ihre Spuren. Als von überörtlicher Bedeutung zu nennen ist im Gemeindegebiet eine spätrömische Ziegelei und Töpferei.

Der heutige Ort geht wohl auf eine Ansiedlung eines Stazilo nach der Mitte des 7. Jahrhunderts zurück. Die erste urkundliche Nennung lässt aber bis in die zweite Hälfte des 12. Jahrhunderts auf sich warten. Um 1175 verzeichnet das älteste Urbar des Klosters St. Ulrich und Afra in Augsburg eine Mühle in Stazilingin, von der dem Kloster jährlich ein gemästetes Schwein gereicht werden musste. Im altbayerischen Krieg gegen die Reichsstädte wurde Stätzling 1388 von den Augsburgern eingenommen, geplündert und niedergebrannt, wobei mit Ritter Otto dem Stetzlinger, der am 15. September im Nahkampf fiel, der alte Ortsadel erlosch. Nach dessen Tod folgte eine lange Reihe von Schloss- und Hofmarksbesitzern, darunter Augsburger Patrizier, Grafen und Freiherrn. Es waren hauptsächlich die Adelzhauser, Riederer, Egen, von Argon, Sigmarshauser, Kraffter, Burgau – Deuring und Schäzler. Schließlich tauschte 1857 der Bauer Georg Lachenmaier aus Au seinen Hof gegen das Schlossgut Stätzling, das zuletzt dem königlich bayerischen Kammerjunker Wilhelm Heinrich Freiherrn von Schäzler, Gutsherrn zu Scherneck, Rehling, Pichl und Sulzemoos gehört hatte. Wie alle Orte am Lechrain hatte auch Stätzling im Dreißigjährigen Krieg schwer zu leiden. Nachdem es verwüstet und niedergebrannt worden war, erholte es sich nur langsam. Erst als 1692 die Freiherrn und späteren Grafen von Deuring die Hofmark übernahmen, erlebte Stätzling einen Aufschwung: Gallus Sebastian von Deuring zu Hohenthann, der seit 1671 in Friedberg Landrichter war, hatte 1688 bereits die Loreto-Kapelle in Stätzling erbauen lassen, zwischen 1696 und 1699 folgte der Neubau der Pfarrkirche St. Georg. Der Ort, der sich vor allem entlang der Ach und der Derchinger Straße entwickelt hatte, vergrößerte sich ab der Mitte des 19. Jahrhunderts zunächst nur wenig, besonders entlang der Haberskircher Straße. Als beim verheerenden Bombenangriff in der Nacht vom 25. auf 26. Februar 1944 die Innenstadt von Augsburg weitgehend zerstört worden war und 85 000 Augsburger obdachlos geworden waren, flohen Tausenden von Menschen in die umliegenden Orte. Stätzling soll in den folgenden Tagen und Wochen 20 000 Obdachlose aufgenommen haben. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs kamen Flüchtlinge und Heimatvertriebene ins Dorf. Die Einwohnerzahl schnellte empor. Von 623 Einwohnern im Jahr 1939 wuchs Stätzling auf 1057 Einwohner im Jahr 1950. Und die Zunahme hielt an. Wie in allen Randgemeinden der Großstadt begann ein Bauboom. Auf die St.-Anton-Siedlung folgte die Krautgartensiedlung, dann die Bebauung des Gebiets Sedelfeld und Ameisenberg, schließlich Stätzling-Nord. 1978 wurde Stätzling Stadtteil von Friedberg.

Pfarrkirche St. Georg
Der weithin sichtbare, in seinen äußeren Proportionen eher an ein Schloss erinnernde Bau entstand zwischen 1696 und 1699. Auftraggeber war der Stätzlinger Hofmarksherr und Friedberger Landrichter und Pfleger Gallus Sebastian von Deuring, der einige Jahre zuvor bereits die Loretokapelle an der Straße nach Augsburg hatte erbauen lassen. Er verlegte die Pfarrkirche aus dem Ort auf einen Bergvorsprung, von wo aus sie als Demonstration katholischer Präsenz weit hinüber in die protestantische Reichsstadt ausstrahlte. Der blockhafte Außenbau zeigt keinen für eine Kirche typischen Chor. Nur der schlanke, für den mächtigen Bau fast zierliche Kirchturm verrät den sakralen Charakter. Im Innern ist man überwältigt vom großartigen, auswuchernden Akanthusblattwerk auf blauem Grund am Tonnengewölbe und im Chorraum der Wessobrunner Schule. Am Chorbogen schlagen Putten einen Vorhang zurück und geben dadurch gleichsam den Blick frei auf die Altarbühne, wo über dem Hochaltar der Heilige Georg den Drachen besiegt. Zum Chorraum hin öffnen sich Oratorien, die für den Hofmarksherrn und seine Familie reserviert waren. Der mächtige Hochaltar fügt sich passend in die Architektur. Die Altarblätter werden dem Friedberger Johann Reismiller (1697) zugeschrieben. Die Geschichte der Fresken ist etwas länger. Es war schwierig, in dieses schwere Akanthuslaub treffende Bilder zu malen. Deshalb wurden in der Nazarenerzeit, in der der Barockstil als Zopfstil verschrien war, im Jahr 1873 von Josef Kober die alten Fresken ersetzt. Nach dem Krieg wurde vieles aus der inzwischen verpönten Nazarenerzeit wieder entfernt. Der Gögginger Maler Hummel schuf neue Fresken, die dem „modernen Zeitgeschmack“ entsprachen. In den letzten Jahrzehnten erfolgte eine Rückbesinnung. Bei der letzten Kirchenrestaurierung wurden 2003 die noch nicht alten Fresken durch neue von Franz Kugelmann ersetzt, die an die barocke Tradition anknüpfen.

Zachäuskirche
Am 19. April 1998 wurden die Zachäuskirche und das neue evangelische Gemeindezentrum mit Pfarrhaus in der Pfarrer-Bezler-Straße eingeweiht. Udo Graefe (Landeskirchenamt) war der Architekt. In seinen Gedanken zur Planung schreibt er u.a.: „Neben der räumlichen Gestaltung ist wohl das Licht der entscheidende Faktor für die optische Wahrnehmung und das Erleben des Raumes. Altarwand und die gegenüberliegende Wand haben, außer zwei kleinen Öffnungen an der Ostseite, große Fensteröffnungen. Die künstlerische Gestaltung von Altar, Kanzel und Taufstein sowie der Fenster in der Altarwand wurden von Werner Mally geschaffen.“
Text: Gabriele und Dr. Hubert Raab
Fotos: Dr. Hubert Raab

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Joachim Meyer aus Friedberg

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