“Der Demonstrant” ist die Person des Jahres

Jedes Jahr wählt das Nachrichtenmagazin „Time“ eine Person des Jahres. Für dieses Jahr wurde allerdings keine bestimmte Person ernannt, sondern gleich eine ganze Menschengruppe: die Demonstranten.

Und das ist gut so, denn weltweit war noch nie von einer so großen Anzahl von Demonstranten zu sehen, zu hören und zu lesen wie in diesem Jahr. Das Schönste dabei: teilweise hatten sie mit ihren Anliegen sogar Erfolg. Zumindest haben sie es geschafft, die Welt auf ihre Sorgen, Nöte und Ängste aufmerksam zu machen – und auch dies ist ja schon ein großer Erfolg.

Sie versammelten sich 1989 in den Städten der ehemaligen DDR und dieses Jahr in Tunesien, Libyen, Syrien und Ägypten, um gegen ihre diktatorischen Regime zu protestieren; in Madrid und New York wurde mit der „Occupy Wall Street“-Bewegung gegen die Machenschaften der Finanzwelt demonstriert; die machtvollen Demonstrationen gegen „Stuttgart 21“ sind sicher noch in Erinnerung und auch in Russland ist es den dort regierenden Zaren bisher noch nicht passiert, dass so massiv gegen sie rebelliert wird.

Die Protestbewegung hat sich praktisch vom Nahen Osten bis nach Europa und in die USA ausgeweitet, die globale Sicht der Politik verändert und die Macht des Volkes aufgezeigt. Und das Volk scheint auch keine Angst mehr vor Repressalien zu haben, denn ungefährlich sind die Demonstrationen in diktatorisch geführten Ländern nach wie vor nicht.

Zwar steht noch längst nicht fest, ob die Demonstranten ihre Ziele tatsächlich erreicht haben oder erreichen werden, aber alleine, dass auch gegen den Willen der Regierungen demonstriert wird, ist schon erfreulich. Sicher, wirkliche Demokratien nach unserem Verständnis gibt es in den nordafrikanischen Ländern nach wie vor nicht, ist vielleicht von den Demonstranten auch gar nicht gewünscht worden, und auch die Spanier haben trotz einer neuen Regierung noch keine, die Veränderungen in ihrem Sinne verspricht.

Auch in Russland wird es noch lange dauern, bis dass man dort wirklich von demokratischen Verhältnissen sprechen kann. Aber alle Anzeichen deuten zumindest auf leichte und positive Änderungen hin.

Es ist auch gar nicht so wichtig, dass alle Ziele der Demonstranten erreicht werden. Das wäre auch illusorisch und die Volksabstimmung zu „Stuttgart 21“ hat ja gezeigt, dass der Wille der Demonstranten nicht unbedingt der Wille des ganzen Volkes sein muss. Aber dass es immer mehr Menschen – und dies gerade auch in Diktaturen – gibt, die sich trauen, öffentlich kundzutun, dass sie sich nicht mehr alles gefallen lassen, finde ich sehr begrüßenswert. Denn sich selbst und bewusst entscheiden zu können, ob man für oder gegen etwas ist und dies auch unter Gefahren öffentlich zeigt - das ist doch was.

Bürgerreporter:in:

Horst-Peter Horn aus Erkrath

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