Pro & Contra - Statements aus dem myheimat-Team
Bauernproteste - Verständnis oder Verhängnis

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Pro von Natascha Rödel:
Die Bauernproteste haben in den letzten Jahren in Deutschland an Bedeutung gewonnen. Insbesondere aktuell spalten die Sparmaßnahmen der Bundesregierung wieder die Gesellschaft. Von vielen Seiten bekommen die Protestler Gegenwind, aber es gibt zahlreiche Aspekte, die für diese Bewegung sprechen.

Ein Hauptpunkt auf Seiten der Bauernproteste ist die Sorge um die Existenzgrundlage der Landwirte. Viele Bauern sehen sich mit steigenden Betriebskosten und sinkenden Einnahmen konfrontiert. Die Forderungen nach angemessenen Preisen für landwirtschaftliche Produkte spiegeln die Notwendigkeit wider, die Lebensfähigkeit landwirtschaftlicher Betriebe zu sichern. Gäbe es nicht noch weitere Punkte, die für die Bauernproteste sprechen, würde dieser Aspekt meines Erachtens schon ausreichen, denn niemand sollte um seine Existenz fürchten müssen.

Ein weiteres zentrales Anliegen der Landwirte ist die Ablehnung von bürokratischen Hürden und regulatorischen Auflagen. Die Landwirte argumentieren, dass übermäßige Vorschriften ihre Produktionsmöglichkeiten einschränken und wirtschaftliche Belastungen verursachen. Natürlich ist auch bei diesen Protesten, wie so oft der Zivilist der Geschädigte, aber nichtsdestotrotz ist es wichtig, dass die Landwirte auf die Notwendigkeit einer ausgewogeneren Regulierung aufmerksam machen.

Ein weiterer Punkt, der für die Bauernproteste spricht, ist die Bedeutung der Ernährungssicherheit. Meines Erachtens ist eine nachhaltige und konkurrenzfähige Landwirtschaft notwendig, um die autarke Versorgung der Bevölkerung mit qualitativ hochwertigen Nahrungsmitteln sicherzustellen. Insbesondere dieser Aspekt gewinnt vor dem Hintergrund globaler Herausforderungen wie Klimawandel und Handelsunsicherheiten immer mehr an Relevanz.

Außerdem fungieren die Bauernproteste als Plattform für den Dialog zwischen Landwirten, Politikern und der Gesellschaft insgesamt. Durch ihre Mobilisierung tragen die Proteste dazu bei, das Bewusstsein für die Herausforderungen im Agrarsektor zu schärfen und fördern einen konstruktiven Austausch über Lösungsansätze.

Fazit
Insgesamt bin ich pro Bauernproteste, weil eine nachhaltige Landwirtschaft nicht nur im Interesse der Bauern selbst, sondern auch im Interesse der Gesellschaft und der Umwelt liegt. Die Forderungen der Landwirte zielen auf eine zukunftsorientierte Ausrichtung der Agrarpolitik ab, die sowohl wirtschaftliche Stabilität als auch Umweltschutz berücksichtigt.

Contra von Ramona Nahirni-Vogg:
Nein, es ist keinesfalls unbegründeter Mist, dass die Landwirtschaft unterstützt werden sollte. Trotzdem bin ich der Meinung, dass die aktuellen Proteste in vielen Punkten unglücklich verlaufen. Als Kleinstadtkind habe ich zahlreiche Haupt- und Nebenerwerbslandwirte im Freundeskreis und haben großen Respekt vor deren Leistung und ein gutes Verständnis, wie sich der Alltag eines Landwirts gestaltet. Dennoch spricht für mich vieles dagegen, die aktuellen Subventionen weiterzuführen und auf diese Art zu demonstrieren.

Wer erntet die größten Kartoffeln?
Die Subventionen sollten meiner Meinung nach  im Kern überarbeitet werden. Wer viel Fläche bewirtschaftet, bekommt viel
Geld aus der ersten Säule. Eine Verteilung nach Hektar fördert unsere Kleinbauern, auf die wir so stolz sind nicht ausreichend. Vor allem nicht, wenn man dem gegenüber die großen Profiteure betrachtet: Großgrundbesitzer, Agrarunternehmen in Konzerngröße. Sie bekommen ein großes Stück vom Kuchen - ungeachtet ihrer Bemühungen für Landschaftspflege oder Tierwohl. Aber gehen diese Unternehmer auch auf die Straße und protestieren? Wohl kaum, das überlassen sie den Sympathieträgern, den Klein- und Mittelstandsbauern. Ich fände es sinnvoll, dass aber einer gewissen Ertragsgröße Subventionen gestrichen werden. Ein Agrarbetrieb in Konzerngröße ist ein Wirtschaftsbetrieb, der sich selbst erhalten sollte.

Der richtige Empfänger
Ein inzwischen in den sozialen Medien zigfach geteilter Jungbauer sagt: "Wir wollen für unsere Leistung bezahlt werden, nicht von Subventionen leben." Daher stelle ich die These auf, dass die aktuellen Proteste an den falschen Empfänger gerichtet werden. Planen Sie eine Protestaktion gegen die großen Lebensmitteleinkäufer. Der Markt wird von vier Playern dominiert - hier kann ein echter Mehrertrag generiert werden. Natürlich: Lebensmittel müssen erschwinglich bleiben. Da jeder Marktteilnehmer aber wiederum seinen Umsatz im Blick hat und nicht teurer, als die Konkurrenz sein will, dürften die Preiserhöhungen für Endkunden moderat bleiben. Die meisten Unterstützung betonen ja auch, wie wertvoll regionale Lebensmittel sind. Dann beweisen Sie Ihre Wertschätzung und kaufen beim Direktvermarkter oder, falls keiner in der Nähe ist, auch im Supermarkt die Produkte von regionalen Erzeugern.

Das Richtige belohnen
Warum sprechen wir überall von modernen Antrieben, lassen Diesel-Pkw nicht mehr in die Innenstädte und fördern dann Diesel für die Landwirtschaft? Zeitgemäße Antriebstechnologien gibt es bereits für schwere Nutzfahrzeuge und können für die Landwirtschaft weiterentwickelt werden, wenn die Motivation da ist. Zukunft ist Umweltschutz - wer sich hier stark engagiert, sollte auf jeden Fall noch besser gefördert werden. Die Fördertopf für Nachhaltigkeit und Umweltschutz, der sogenannten zweiten Säule, ist aber deutlich kleiner, als der der "ersten Säule". Die Nutztierhaltung ist ebenso ein hartes Thema. Ich bin fest davon überzeugt, dass man dem Verbraucher die Möglichkeit nicht mehr geben darf, sich gegen Tierwohl zu entscheiden. Die Regeln müssen verschärft werden, ein dichteres Kontrollsystem ist notwendig. Das kostet Geld und tierische Produkte werden teurer. Aber hier sind auch Verbraucher in der Pflicht: Proteste unterstützen, klatschen und dann das billigste Stück Fleisch vom Discounter holen, ist einfach unanständig. Ja, es gibt lästige Regularien, die den Landwirten Mühe und Zeit kosten - aber wir können es uns nicht erlauben, nicht umweltschonender zu wirtschaften. Gerade weil das Mühe und Zeit kostet, muss es verpflichtend sein, sonst wird es nicht im großen Stil umgesetzt.

Anständig bleiben
Das Recht zu demonstrieren ist wichtig. Doch die Aggressivität in der Wortwahl auf vielen Plakaten ist schockierend. Bedroht werden Grünen-Politiker. Warum? Die letzten Jahre wurden die Landwirtschaftsminister bis auf Renate Künast und Cem Özdemir von anderen Parteien gestellt. Viele der "lästigen" Regeln werden in Brüssel im Europa Parlament entschieden. Wer näher hinschaut, findet einige Parolen aus der rechten Szene und afd-Anhängern wieder. Die Mehrheit der Landwirte ist sicher nicht rechtsradikal eingestellt, aber "die Rechten" haben einen Weg gefunden, sich unterzumischen und die Stimmung anzuheizen. Das muss mit aller Kraft unterbunden werden - so betont es auch der Deutsche Bauernverband. Denn auch das ist kein Geheimnis: Die afd zum Beispiel, widerspricht mit ihrem spontanen "Rettungsplan für Landwirte" ihrem eigenen Programm und Abstimmungsverhalten. In ihrem Grundsatzprogramm auf der Homepage schreiben sie in der Rubrik "Bürokratie abbauen ..." klar und deutlich: "Die AfD lehnt Subventionen generell ab."

Fazit
Als Fazit kann ich für mich zusammenfassen, dass die Proteste in eine falsche Richtung laufen. Statt Kommunikationsangebote anzunehmen, haben Aggressoren Wege gefunden, Stimmung zu machen. Andere Interessensgruppen wie Klimaschützer, Pflegekräfte ... werden übertönt - ihre friedlichen Proteste sind schnell vergessen und ohne Erfolge. Die Regel darf nicht sein, dass die Lautesten den größten Erfolg für sich verbuchen.

Bürgerreporter:in:

myheimat Redaktionsteam aus Augsburg

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