Erzähl doch mal … Was war dein schönstes Weihnachtsgeschenk? Wie ich meine erste elektrische Eisenbahn bekam.

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Irgendwann in der Vorweihnachtszeit, es ist schon Jahrzehnte her und ich muss ungefähr sieben Jahre alt gewesen sein, erwischte ich meinen Vater mit zwei Broschüren, in denen Lokomotiven und Eisenbahnwagen abgebildet waren. Das war nicht weiter verwunderlich, denn schließlich war mein Vater ja Eisenbahner. Bald führten wir “Fachgespräche“, in denen er mir die Unterschiede zwischen einer Rangier- und einer Schnellzuglok, einer Dampf- und einer E-Lok sowie die Wagen erklärte. Interessiert hörte ich ihm zu und stellte viele Fragen zu Schienen, Weichen, Signalen und Prellböcken.

Eines Tages nahm mich mein Vater mit in ein Optikergeschäft in der Marburger Oberstadt. Dort wurden, wie er sagte, neben Brillen auch elektrische Eisenbahnen verkauft, die könnte man sich ja einmal anschauen, denn in den Marburger Lokschuppen durfte ich meinen Vater damals noch nicht begleiten. Ein Mann im weißen Kittel entnahm verschiedene Loks und Wagen, die in Papier eingewickelt waren, aus unscheinbaren Kartons, setzte sie auf Schienen und ließ die Züge, wie von Geisterhand, vorwärts und rückwärts fahren. Obwohl ich nichts berühren durfte, war ich total fasziniert, während sich mein Vater mit dem Mann im Kittel unterhielt, wovon ich allerdings nur Bahnhof und Weihnachten verstand. Auf dem Heimweg stand für mich dann fest: Wenn ich einmal groß bin, möchte ich auch so eine elektrische Eisenbahn haben!

Fortan wurde über das Thema Eisenbahn nicht mehr gesprochen, denn ich war durch andere Dinge abgelenkt. Bald kam der für Kinder sehnsüchtig erwartete Heiligabend. Nach dem Kirchgang stilles Warten auf das Glöckchen im Wohnzimmer, bis sich endlich die Tür öffnete und den Blick in das festlich geschmückte Zimmer frei gab. Doch bevor wir uns über die Päckchen hermachen durften, mussten meine Schwester und ich den Gesang unserer Eltern auf der Blockflöte begleiten. Mitten in unserer musikalischen Darbietung wurden plötzlich meine Knie weich und meiner Flöte waren nur noch schräge Töne zu entlocken. Kein Wunder, denn ich entdeckte unter dem Weihnachtsbaum eine Dampflokomotive, die dort mit drei Personen- und einem Gepäckwagen gemächlich ihre Kreise zog. Mit allem hatte ich gerechnet – doch nicht einmal im Traum mit einer elektrischen Eisenbahn! Alle anderen Geschenke wurden auf einmal zur Nebensache.

So oft wie möglich wurde von nun an, zunächst unter Anleitung meines Vaters, die Bahn aufgebaut, in Betrieb genommen und später wieder im Karton verstaut. Aber es blieb nicht dabei, denn von Jahr zu Jahr zu Weihnachten und Geburtstagen vergrößerte sich mein Fuhrpark, das Schienenmaterial und das Zubehör drum herum, gesponsert von Eltern und Großeltern.

Die Begeisterung für die elektrische Eisenbahn ist, mit Ausnahme von ein paar ausbildungs- und berufsbedingter Zwangspausen, bis zum heutigen Tag erhalten geblieben. Aus der mobilen ist inzwischen eine umfangreiche stationäre Anlage erwachsen, die sich im permanenten Wandel befindet. Doch meine erste Eisenbahn aus den Kindertagen ist immer noch vorhanden und steht als wunderbare Kindheitserinnerung in einer Vitrine. Sogar der Geruch der Druckfarbe der alten Kataloge steigt mir heute hin und wieder noch in die Nase, und dann weiß ich wieder, wie es damals war.

Anmerkung: Bei der Lokomotive handelt es sich um das Original aus meinen Kindertagen , das im Laufe derzeit farblich gealtert, mit echter Steinkohle versehen und mit zahlreichen Zurüstteilen modellmäßig aufgerüstet wurde.

Bürgerreporter:in:

Karl-Heinz Töpfer aus Marburg

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