Mit dem Abo-Upgrade unterwegs: Die Aktion

Werbung für die Abo-Upgrade-Aktion am Fahrkartenautomaten
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Im September 2021 gab es eine besondere Aktion für Zeitkarteninhaber aus nahezu ganz Deutschland, nämlich die Möglichkeit zu einer deutschlandweiten Nutzung des Nahverkehrs ohne Extrakosten. In diesem Artikel wird die Aktion beschrieben. In weiteren Artikeln folgen Reiseberichte von Stadtallendorf zu verschiedenen Zielen in den Nachbarländern.

Nutzungsmöglichkeiten
Das Abo-Upgrade bot die ganztägige Nutzung der meisten Nahverkehrsmittel in Deutschland. Angebotslücken betrafen wahrscheinlich hauptsächlich Busverkehre außerhalb von Verkehrsverbünden.
Im Gebiet des Heimatverbunds galten die dort üblichen Regelungen zur Mitnahme weiterer Personen oder Fahrradmitnahme. Außerhalb des Heimatverbunds waren Fahrradmitnahme und Mitfahrer ausgeschlossen.

Anlass für die Aktion
Mitte März 2020 führte die Corona-Pandemie erstmalig zu größeren Einschränkungen in Deutschland. Gaststätten und viele Läden wurden geschlossen. Lehr- und Verwaltungstätigkeiten wurden ins Heimbüro verlagert. Im ÖPNV wurde für mehrere Wochen nur ein Notprogramm angeboten. Danach konnte zwar wieder noch Normalfahrplan gefahren werden, aber die Zahl der Fahrgäste blieb natürlich unter dem normal üblichen Wert. Einerseits gab es sicherlich Fahrgäste, die aus Angst vor einer Ansteckung in Bahn und Bus lieber auf PKW oder Fahrrad umgestiegen sind. Andererseits sind auch weiterhin zahlreiche Fahrten entfallen, weil viele Arbeiten daheim statt im Büro erledigt wurden.

Bezüglich Heimarbeit hat die Corona-Pandemie eine unumkehrbare Entwicklung in Gang gesetzt: Vorher wurde Heimarbeit von Arbeitgebern oft nicht angeboten, weil sie noch nicht über die nötige Technik (z.B. mobiler Rechner, passende Kommunikationssoftware) verfügten oder fürchteten, dass Heimarbeit weniger produktiv ist. Durch die Pandemie waren sie gezwungen, die technischen und organisatorischen Voraussetzungen umzusetzen und Heimarbeit in der Praxis zu testen. Da bei vielen Arbeitnehmern der Wunsch besteht, einen größeren Teil der Arbeit von zu hause zu erledigen, wird es für Arbeitgeber schwierig, wieder eine volle Büropflicht durchzusetzen. Zudem reduziert Heimarbeit die Betriebskosten für das Unternehmen. Bei modernen Arbeitsplatzkonzepten wie Büros ohne feste Arbeitsplätze wird weniger Bürofläche benötigt, da nur eine geringere Zahl von Mitarbeitern anwesend ist.

Im Mai 2020 gab es vom Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) einen Vortrag, in welchem die Abo-Upgrade-Aktion vorgestellt wurde. Abonenten haben sich als relativ stabile Kundengruppe erwiesen, deren Bindung man stärken möchte. Daneben war eine politische Wirkung beabsichtigt: "Einmaligkeit zur Kundenbindung unserer treuen ÖV-Kunden und als politisches „Dankeschön“ vor der Bundestagswahl" wurde als Prämisse genannt. Es sei noch erwähnt, dass der letzte Tag der Aktion genau auf den Tag der Bundestagswahl (26. September) fiel.

Ablauf der Aktion
Zur Teilnahme an der Aktion musste man sich bei https://www.besserweiter.de/abo-upgrade.html registrieren. Dies war ab dem 6. September, aber auch noch während der Aktion möglich.
Zur Registrierung waren neben Daten wie Name und Email-Adresse auch der Heimatverbund und eine Nummer zur Identifikation der Fahrkarte (z.B. Nummer vom e-Ticket) anzugeben. Gleich nach dem Abschicken der Formulardaten sollte eine Bestätigungsmail mit einem Link eintreffen. Dieser musste aufgerufen werden, um dann in einer zweiten Mail eine Fahrkarte zu erhalten.

Das Anmeldeverfahren ist allerdings nicht besonders gut implementiert worden. Die Bestätigungsmail ist in meinem Falle erst über zwei Stunden nach der Anmeldung eingetroffen. Als Nutzer erwartet man den zeitnahen Eingang einer Anmeldebestätigung - mehr als drei Minuten sollten es auf keinen Fall sein. Für das Ausstellen der Fahrkarte hingegen ist eine größere Wartezeit akzeptabel.

Die Fahrkarte bestand aus einer PDF-Datei, die eine kleine Fahrkarte in der Mitte einer A4-Seite enthielt. Auf der Fahrkarte waren außer Name und Ticketnummer keine weiteren benutzerspezifischen Angaben. Die Fahrkarte sollte bei Kontrollen in ausgedruckter Form oder auf einem Bildschirm vorgezeigt werden, und zwar zusammen mit der zugehörigen Verbundfahrkarte.

Der RMV hat in dem Zeitraum, in dem die Registrierung möglich war, das Angebot in seinem Webangebot beworben. Dort konnte fand man einen Link zur Angebotsseite und ein PDF mit den Beförderungsbedingungen.

Während des Aktionszeitraums vom 13. bis 26. September konnten mit einem Aktionsticket alle Nahverkehrzüge genutzt werden. In den Verkehrsverbünden war normalerweise das komplette Angebot nutzbar. Angebotslücken gab es in Gebieten ohne Verkehrsverbund. Unter https://www.besserweiter.de/abo-upgrade.html#upgra... war eine interaktive Karte zur Gültigkeit verfügbar, in der die Gebiete eingezeichnet und drei Kategorien zugeordnet waren:
- Freie Fahrt im gesamten Nahverkehr
- Freie Fahrt in Nahverkehrszügen und auf bestimmten Buslinien
- Freie Fahrt ausschließlich in Nahverkehrszügen
Die Karte war aber nicht sehr benutzerfreundlich. Die Farben für die drei Kategorien unterschieden sich sehr wenig, und die Karte enthielt keine Information außer den eingefärbten Flächen. Beim Überfahren von Verbundgebieten mit dem Mauszeiger gab es ein Tooltip mit dem zugehörigen Verbundnamen, und ein Klick öffnete ein kleines Fenster, das neben einem Foto nur den Hinweis enthielt, dass man für weitere Infos die Webseite vom Verbund besuchen soll. Diese war über eine Schaltfläche erreichbar. Anhand der Karte konnte man kaum feststellen, in welcher der Flächen ein ausgewähltes Ausflugsziel liegt.

Nach dem Ende der Abo-Upgrade-Aktion konnte man noch - wenn man dem vorher zugestimmt hatte - an einer Umfrage per Fragenbogen teilnehmen.

Technische Aspekte
Für das Angebot musste eine Möglichkeit geschaffen werden, die Gültigkeit einer Fahrkarte für die Abo-Upgrade-Aktion außerhalb des eigenen Verbundgebiets zu prüfen. Zu lösende Probleme sind dabei:
- Das Personal kennt die Ticketangebote für Verbünde außerhalb es eigenen Einsatzgebiets wahrscheinlich nicht.
- Bei der Kontrolle eingesetzte Technik muss keine Karten unterstützen, die nur außerhalb des Einsatzgebiets gültig sind.
- Nicht bei jeder Fahrkarte lässt sich festellen, ob sie zu einem Abo gehört oder nicht.

Durch das gewählte Verfahren, nach einer Registrierung ein Zusatzticket zu erstellen, lassen sich viele Probleme lösen:
- Bei der Kontrolle muss nur das Zusatzticket erkannt werden. Bei der zugehörigen Zeitkarte muss nur die Nummer auf Übereinstimmung geprüft werden.
- Es muss nur einmal geprüft werden, ob ein für die Aktion gültiges Abo vorliegt.

Bei der Kontrolle würde es nicht reichen, sich auf das Abo-Upgrade-Ticket zu beschränken. Ansonsten wäre bei übertragbaren Fahrkarten eine Doppelnutzung möglich (Person 1 nutzt Abo-Upgrade-Ticket, Person 2 nutzt Zeitkarte im normalen Gültigkeitsbereich). Zudem können auf der Zeitkarte vorhandene Informationen bei der Prüfung herangezogen werden, um gefälschte Abo-Upgrade-Tickets zu entdecken.

Für die Umsetzung wurden folgende Funktionalitäten benötigt:
- Möglichkeit zur Registrierung
Die umgesetzte Lösung war allerdings mangelhaft, da die Zeit bis zum Erhalt einer Bestätigungsmail viel zu lang war. Eine kurze Antwortzeit ist leicht umsetzbar, da lediglich die Benutzerdaten gespeichert werden müssen und alle komplexen Operationen erst im nächsten Schritt ausgeführt werden müssen.
- Prüfung der Berechtigung
Hierfür wurde eine Schnittstelle zu allen Verbünden oder Organisationen benötigt, die Zeitkarten herausgeben. Neben reinen Verbundkarten gibt es dabei auch Angebote wie das Landesticket für Angestellte des Landes Hessens, welches mehrere Verbünde ganz oder nur teilweise umfasst. Es ist vorstellbar, dass dies nicht in allen Fällen umgesetzt werden konnte und dann die Abo-Karte ohne vollständige Prüfung gewährt wurde.
- Erstellung der Abo-Upgrade-Karte
Auf den Abo-Upgrade-Karten befanden sich Angaben zu Name, Kartennummer, Heimatverbund und Gültigkeitszeitraum. Laut VDV-Vortrag war eigentlich noch ein Barcode zur automatischen Prüfung vorgesehen.

Für eine sichere Prüfung wäre es nötig gewesen, dass auf der Karte eine über Prüfgeräte einlesbare Information vorhanden ist (üblich sind QR-Codes), mit der über ein Online-Verfahren der Name des Berechtigten und seine Zeitkartennummer abgefragt werden können.
Bei dem aktuellen Format hätte man auf die folgende Weise die Berechtigung vortäuschen können:
1. Ein berechtigter Nutzer gibt eine Datei mit seinem Abo-Upgrade-Ticket weiter.
2. Der Empfänger kauft sich eine RMV-9Uhr-Monatskarte Preisstufe 1 (40€) für September auf einem eTicket.
3. Der Empfänger trägt im Abo-Upgrade-Ticket seinen Namen und seine eTicket-Nummer mit einem passenden Grafikprogramm ein.

Zu dem vorgestellten Fall ist noch anzumerken, dass es auch legal gegangen wäre:
1. günstigste Jahreskarte kaufen
2. Abo-Upgrade anfordern
3. zum Monatsende kündigen
Mit der Fälschung hätte möglicherweise auch eine Wochenkarte oder ein Tagesticket auf dem eTicket ausgereicht. Das hängt davon ab, welche Informationen bei einer Kontrolle angezeigt werden.

Umsetzungsprobleme
Für die Abo-Aktion mussten viele Aufgaben in wenigen Monaten erledigt werden. Dafür hat die Zeit wohl nicht immer ausgereicht. Ein Beispiel dafür war der laut VDV-Vortrag vorgesehene Barcode auf dem Abo-Upgrade-Ticket. Ein anderes Beispiel war ein beim RMV verfügbares PDF mit dem Titel Beförderungsbedingungen und Beförderungsentgelte des Aktionsangebots „Abo-Aktions-Wochen Deutschland“.

Unter 5.5. ist zu lesen:
Etwaige Zusatznutzen der Abonnements Tickets wie etwa die Personen oder Fahrradmitnahme sind im Rahmen des Deutschland-Abonnements ausgeschlossen bzw. gelten nur im Heimatverbund. Die Abonnement-Tickets sind nicht.
Im ersten Satz fehlen zwei Bindestriche, und der zweite ist unvollständig.

In den Abschnitten 5.1 bis 5.4 sind neben Fehlern auch Wiederholungen und falsche Anordnung von Inhalten zu bemängeln. Hier ist zunächst einmal der Originaltext:
5.1 Zur Nutzung der Nahverkehrsmittel der beteiligten EVU, Landestarife und Verbünde ist bei der Fahrkartenkontrolle sowohl die digitale Fahrtberechtigung und auch die zugrundeliegende Zeitkarte des „Heimat-EVU“, „Heimat-Landestarifs“ oder „Heimat- Verkehrsverbundes“ vorzulegen. Die Ausgabe von besonderen Tickets entfällt. Die digitale Fahrtberechtigung und das Abonnement-Ticket bilden die Fahrtberechtigung. Die Fahrtberechtigung wird kostenfrei ausgegeben.
5.2 Da es sich bei der Fahrtberechtigung um eine persönliche Fahrkarte handelt, ist auf Verlangen die Identität des Nutzers mithilfe eines amtlichen Lichtbildausweises nachzuweisen.
5.3 Die per E-Mail zugesendete Fahrtberechtigung ist entweder als digitales Ticket auf dem Smartphone, oder als Papierausdruck der PDF-Datei bei der Fahrt mitzuführen.
5.4 Die Fahrtberechtigung gilt ausschließlich für den Nutzer selbst. Sie ist nicht übertragbar.

Einge Mängel sind:
- Der Satz "Die digitale Fahrtberechtigung und das Abonnement-Ticket bilden die Fahrtberechtigung." ergibt keinen Sinn.
- Der Begriff "digitales Ticket" ist wenig präzise
- Zur Kontrolle des Aktionstickets reicht es, wenn dieses als Ausdurck oder auf einem Display vorzeigbar ist. Es gibt also keinen Grund, den Druck auf Papier oder die Anzeige auf einem Smartphone zu fordern. Man könnte das Ticket beispielsweise auch gut auf einem Laptop vorzeigen.
- In 5.2 steht: "Da es sich ... um eine persönliche Fahrkarte handelt", während in 5.4 ausgesagt wird, dass es eine persönliche Fahrkarte ist. Die Reihenfolge dieser Aussagen macht also keinen Sinn.

Hier ist zum Vergleich eine verbesserte Version:
5.1 Zur Nutzung der Nahverkehrsmittel der beteiligten EVU, Landestarife und Verbünde wird per E-Mail ein Aktions-Ticket zugesendet.
5.2 Das Aktions-Ticket gilt ausschließlich für den Nutzer selbst und ist nicht übertragbar.
5.3 Bei einer Fahrkartenkontrolle sind sowohl das Aktionsticket als auch die zugrundeliegende Zeitkarte des „Heimat-EVU“, „Heimat-Landestarifs“ oder „Heimat- Verkehrsverbundes“ vorzulegen.
5.4 Das Aktions-Ticket muss als Ausdruck oder auf dem Display eines mitgeführten Geräts vorgezeigt werden.
5.5 Die Identitität des Nutzers muss auf Verlangen mithilfe eines amtlichen Lichtbildausweises nachgewiesen werden.

Links
Alle Artikel zur Abo-Upgrade-Aktion: https://www.myheimat.de/themen/abo-upgrade-aktion....

Bürgerreporter:in:

Sören-Helge Zaschke aus Stadtallendorf

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