„Pfaffenhofen ist lebendiger geworden“: Ein Interview mit Bürgermeister Thomas Herker

Bürgermeister Thomas Herker im Gespräch mit myheimat-Redaktionsleiter Joachim Meyer
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Seit 1. Mai 2008 leitet Bürgermeister Thomas Herker die politischen Geschicke der Kreisstadt Pfaffenhofen an der Ilm. myheimat unterhielt sich mit dem 31-jährigen Rathauschef über neue Wege im Standort-Marketing, die Situation des städtischen Haushaltes und eine Frischzellenkur für den innerstädtischen Einzelhandel.

myheimat: „Pfaffenhofen muss lebendiger werden. Dies gilt in besonderem Maße auch für das wirtschaftliche Leben.“ Diese Sätze stammen aus unserem letzten Interview, das kurz nach Ihrem Amtsantritt stattfand. Inwieweit ist es Ihnen in Ihrer bisherigen Amtszeit schon gelungen, einen Imagewechsel in die Wege zu leiten?
Thomas Herker: Man muss hier zwischen Innen- und Außensicht unterscheiden. Aus der Perspektive der Innensicht verspürt man deutlich, dass sich in Pfaffenhofen etwas bewegt. Die Pfaffenhofener und die Bewohner des Umlandes haben registriert, dass Pfaffenhofen bunter und lebendiger geworden ist. Natürlich dauert dieser Prozess noch an. Ungleich langwieriger ist der beschriebene Prozess, wenn man ihn von der Außenperspektive her betrachtet. Die Resonanz in den überörtlichen Medien nimmt zwar zu und auch auswärtige Besucher nehmen ihre positiven Eindrücke mit und es spricht sich herum, dass sich in Pfaffenhofen etwas bewegt, aber man wird sich noch ein wenig gedulden müssen, bis dieser Prozess auch die volle Durchschlagskraft entfaltet. Ein wichtiger Baustein ist in diesem Zusammenhang die Gründung der städtischen Service-Gesellschaft, die beschlossen wurde und die sich verstärkt um die Außendarstellung des Wirtschaftsstandortes Pfaffenhofen kümmern soll.
myheimat: In welcher Rechtsform wird diese Service-Gesellschaft geführt?
Thomas Herker: Es handelt sich um ein rechtlich selbständiges Konstrukt, eine GmbH, deren Gesellschafter im ersten Schritt zu 100 % die Stadt Pfaffenhofen sein wird. Das ist keine Neuerfindung des Rades. In den norddeutschen Kommunen gibt es dieses Konstrukt schon seit über 20 Jahren. Auch in Bayern haben inzwischen fast alle Städte unserer Größenordnung eine ähnliche Konstruktion. Die Gesellschaft soll unter anderem die Ansiedlung von Unternehmen fördern.
myheimat: Kommen wir zu der Baustelle Hauptplatz. Wie sind Sie mit dem bisherigen Verlauf der Baumaßnahme zufrieden?
Thomas Herker: Zunächst ist eines klar: Wo gegraben wird, da staubt es und wo es staubt, gibt es Ärger. Der Untere Hauptplatz war problematischer, weil es sich um eine Großbaustelle handelte, mit der man sich erst anfreunden musste. Am Oberen Hauptplatz verlief die Baumaßnahme dagegen unproblematischer, was die Reaktionen der Bürger und Gewerbetreibenden anbelangte. Man muss in diesem Zusammenhang berücksichtigen, dass alles hier historischer Baugrund ist. Das hatte natürlich zur Folge, dass archäologische Gesichtspunkte eine wichtige Rolle spielten. Es musste zwar mehr als zehnmal der Bauablauf geändert werden, aber dank der Flexibilität der beteiligten Firmen und der hervorragenden Arbeit der Tiefbauabteilung konnten wir den Zeitplan trotzdem exakt einhalten und am 13. November die Durchfahrt wieder freigeben.
myheimat: Besonders bei Wasserversorgung, Abwasser, Straßenbau und öffentlichen Gebäuden waren bzw. sind Sanierungen unumgänglich. Besonders ist an die Pfaffenhofener Schulen zu denken, die renoviert werden müssen. Für die nächsten Jahre sind dafür rund 70 bis 90 Millionen Euro veranschlagt. Reicht dieses Geld?
Thomas Herker: Der Zeithorizont für die von Ihnen genannten Maßnahmen beträgt in etwa 10 Jahre. Aber diese Aufgaben warten auf uns. Noch sind nicht alle Kosten fixiert. So rechnen wir zum Beispiel bei der Niederscheyerer Schule mit einem Kostenrahmen von 3 Millionen Euro. Ob diese Summe dann am Ende eingehalten werden kann, wissen wir noch nicht. Neu hinzugekommen ist eine Großbaustelle wie das Eisstadion. Auch hier reden wir von Millionenbeträgen. Die Stichwörter Schulzentrum, Abwasser, Straßen, Kläranlage gehören zu den Pflichtaufgaben einer Kommune.
myheimat: Kommen wir zu der Situation des städtischen Haushaltes, der Entwicklung der Gewerbesteuereinnahmen und der Gewerbepolitik. Eine Großstadt wie Augsburg hat einen Einbruch von 29 Prozent bei den Gewerbesteuereinnahmen zu beklagen. Wie hart haben Pfaffenhofen die Einbrüche getroffen?
Thomas Herker: Grundsätzlich muss man wissen, dass in Pfaffenhofen vier Betriebe für ungefähr drei Viertel des Gewerbesteueraufkommens verantwortlich sind. Im Jahr 2008 – das war das zweitbeste Jahr der Geschichte - hatten wir Einnahmen von knapp 16 Millionen Euro zu verzeichnen. In diesem Jahr werden wir wohl bei etwa 14 Millionen Euro landen. Wenn man bedenkt, dass wir im Landkreis Kommunen haben, die mit 80 Prozent Einbrüchen leben müssen, ist die Stadt Pfaffenhofen noch relativ glimpflich davon gekommen. Wir hatten für das Jahr einen Haushaltsansatz von 11 Millionen Euro. Insofern sind wir sogar positiv überrascht. Bei der Einkommensteuer spüren wir dagegen in den letzten beiden Quartalen die Folgen von Kurzarbeit und einer leicht gestiegenen Arbeitslosigkeit. Hier haben wir einen Einbruch von 5 Prozent zu verzeichnen. Als Prognose lässt sich aber stellen, dass sowohl die Einkommensteuer- wie auch die Gewerbesteuereinnahmen im nächsten Jahr sinken werden. Lassen Sie mich aber noch eine generelle Anmerkung zur finanziellen Situation der Stadt Pfaffenhofen machen. Die Stadt hat nach wie vor ein gut gefülltes Rücklagenpolster von ca. 11 Millionen Euro. Demgegenüber stehen 11 Millionen Euro Schulden. Das heißt saldiert, auf dem Papier, sind wir im Prinzip „schuldenfrei“. Wobei ein strukturelles Defizit, das wir für Investitionen in Kauf nehmen, an dieser Stelle nicht verschwiegen werden soll. Aber es handelt sich um notwendige Investitionen, von denen wir langfristig etwas haben werden.
myheimat: Deutschlandweit lässt sich ein trauriger Trend beobachten: die Verlagerung großflächiger Einzelhandelsbetriebe auf die „grüne Wiese“. In den Innenstädten sind dagegen häufig Ladenleerstände und „entkernte“ Zentren zu beobachten. Welche Maßnahmen kann die Politik ergreifen, um diesen Trend zu stoppen?
Thomas Herker: Pfaffenhofen hat eine gute Ausschöpfung der Kaufkraft. Ein Fehler, den man in der Vergangenheit vielleicht gemacht hat, bestand darin, dass man eine Art „Käseglocke“ über die Innenstadt gestülpt und größere Unternehmen abgeblockt hat. Damit verharrte das Stadtzentrum lange Zeit auf demselben Niveau. In der Innenstadt gehen uns ein paar größere Betriebe ab, die das Angebot ergänzen und Lücken schließen.
myheimat: An welche Unternehmen denken Sie da konkret?
Thomas Herker: Es ist ja kein Geheimnis. C&A hat einen Vorvertrag für rund 1.200 Quadratmeter Einzelhandelsfläche unterschrieben. Das ist eine sehr sinnvolle Ergänzung des Angebotes. So ein Unternehmen rechnet selbst mit 1.500 Besuchern am Tag. Viele Besucher werden aus dem Umland kommen und das wiederum hat auch positive Auswirkungen auf die bestehenden Geschäfte. Das könnte die Frischzellenkur für den innerstädtischen Einzelhandel sein.
myheimat: Herr Herker, vielen Dank für dieses Gespräch.

myheimat-Team:

Joachim Meyer aus Friedberg

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