kleine Geschichte f. Trauernde
Das Christkind und seine Helferlein

Das Christkind und seine Helferlein
(Der Versuch einer kleinen Weihnachtsgeschichte für Menschen, die Familienmitglieder zu Grabe tragen mussten)

Der Weihnachtsmann hat bekanntlich Rentiere, Elfen, Gnome, Wichtel und möglicherweise auch neuerdings Hobbits als fleißige Helferlein in seinem verschneitem Weihnachtsdorf. Habt ihr aber schon einmal darüber nachgedacht, wer dem Christkind hilft? Gut, es ist nun nicht so international im Einsatz wie der dicke, bärtige Mann vom Nordpol, aber immerhin im Süden Deutschlands und vermutlich auch in vielen Teilen Österreichs. Nachdem das Christkind zwar auf Zack ist und sicherlich einige Geschenke schon verteilt hat, während der Weihnachtsmann erst noch sein „Hohoho“ zu Ende brummt, benötigte es im Laufe der Zeit trotzdem zuverlässige Helferlein. Die Erkenntnis bekam das Christkind vor langer Zeit, lange vor dem Begriff Fachkräftemangel, und zwar zu dem Zeitpunkt, als die Menschheit immer weiter wuchs und das Christkind sah, dass die Wege, die binnen kürzester Zeit zu meistern waren, zu weit wurden. Damals saß das Christkind im Oktober schon ganz mutlos auf seinem Wolkenbettchen, sein kleines Lockenköpfchen in die zarten Hände gestützt und immer wieder laut seufzend nach Lösungen suchend.
Rentier-Haltungen waren im Süden Deutschlands nicht üblich und der Weihnachtsmann hatte sowieso das alleinige Recht zur Benutzung als Fortbewegungsmittel darauf. Ochsen, Esel, Schafe und Hütehunde waren schon als Sicherheitsdienst rund um die Uhr bei der Krippen-Aufsicht eingeteilt und fielen daher sämtliche als potentielle Unterstützer in der himmlischen Weihnachtswerkstatt und im weihnachtlichen Logistikzentrum aus.
Der liebe Gott sah das ratlose kleine Christkind und wusste wie er ihm helfen konnte. In seinem Reich hatte er so viele Verstorbene aufgenommen, denen die ewige Ruhe zu ruhig, das ewige Frohlocken manch bayrisch-südländischem Naturell sowieso widersprach und denen eine Abwechslung für ein paar Wochen im Jahr herzlich willkommen sein sollte.
So geschah es, dass ganz viele Verstorbene sich beim Christkind meldeten und ihre Hilfe für die Weihnachtsaison anboten. Die alten Großmütterchen versammelten sich und fingen an Socken, Schals und Mützen zu stricken und Kleidung zu nähen, die alten Größväterchen schwangen Hammer und Nägel und bastelten Spielzeugautos und -schiffchen, jüngere Erwachsene schnappten sich bunte Tücher und Schnüre, um die Geschenke schön zu verpacken, und die kleinsten Verstorbenen, die sog, Sternenkinder, die durften mit dem Christkind hinab auf die Erde reisen, um die Gaben bei den Menschen in die Wohnzimmer zu legen.
Das Christkind und seine Helferlein waren nach getaner Arbeit allesamt glücklich, zusammen so viele Menschen beschert zu haben. Einigen Erdenbewohnern hinterließen das Christkind bzw. die Sternenkinder nicht nur Materielles, vielmehr bekamen manche Liebe, Zuversicht und Hoffnung zurück. Und bei anderen Trauernden brach an heilig Abend plötzlich ein Lächeln durch den Tränenschleier und zwar genau dann, als ihnen unerwartet eine wunderbare Erinnerung an den Verstorbenen einfiel. Auch bei Sternenkind-Familien, deren Kinder nie das Licht der Welt erblicken durften, gab es Erinnerungen, die den Sternenkind-Angehörigen am Weihnachtsabend einfielen, z.B. der positive Schwangerschaftstest, der erste Ultraschall, der erste Bauchtritt.

So war das damals, das erste Weihnachtsfest, an dem das Christkind Helferlein bekam und seitdem hat sich daran nichts geändert, es sind nur immer wieder neue Helfer hinzugekommen.

Möge den Menschen auf Erden nie die Zuversicht ausgehen sowie Liebe und Hoffnung stets ein Begleiter sein, der manchmal verlegt zu sein scheint, aber immer irgendwie und irgendwann wieder neu aufkeimt.

Geschichte/Foto: Sternenkinder-Initiative Meitingen
BEIDES DARF AUSDRÜCKLICH GERNE GETEILT UND WEITERERZÄHLT WERDEN

Bürgerreporter:in:

Nicole Kessler aus Meitingen

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