Gelbe Schleifen: Bedingungslose Wertschätzung?

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Nun erreicht sie auch Deutschland: Die gelbe Schleife. Was einst noch im Gewand des Pop-Songs „Tie a Yellow Ribbon Round the Ole Oak Tree“ ganz harmlos daher kam, wird jetzt als Zeichen der Verbundenheit mit deutschen Soldaten in den Kriegen dieser Welt eingesetzt.

Für mich lautet die Frage: Kann Wertschätzung, Respekt und Solidarität Soldaten bedingungslos und pauschal entgegengebracht werden? Auch dann, wenn die Kriege völkerrechtswidrig sind? Oder wenn Soldaten sexistische und rechtsextreme Handlungen begehen? Oder kurz: Gelbe Schleifen bedingungslos?

Die Informationsstelle Militarisierung (IMI) e. V schreibt dazu unter IMI-Aktuell 2017/511 vom 24. August 2017:

Würdigung: Schnelle Kräfte

So wünscht man sich die Heimatfront: Während eine ganze Kompanie des Kommandos Spezialkräfte (KSK) durch sexistische und möglicherweise auch rechtsextreme Handlungen aufgefallen ist (vgl. IMI-Standpunkt 2017/026 "Braune Nostalgie beim KSK - Keine Überraschung"), hängt der Landkreis Marburg-Biedenkopf demonstrativ und „als sichtbares Zeichen unserer Wertschätzung, des Respekts und der Solidarität mit den Einsatzsoldaten“ eine gelbe Schleife auf, wie das in Gießen erscheinende „Sonntag Morgenmagazin“ mit eindrücklichem Bild berichtet.

Das Abzeichen der Division Schneller Kräfte, zu der das KSK gehört, und das einen Greifvogel im Sturzflug darstellt, ist dort schon länger „zwischen den Wappen der Städte und Gemeinden des Landkreises Marburg-Biedenkopf“ angebracht. Nun war das Aufhängen der Gelben Schleife ein weiterer Anlass, zu dem der Kreisrat mit „breiter Zustimmung“ seinen Rückhalt für die Truppe signalisieren könnte.

Etwas andere Töne kommen derweil vom ehemaligen Wehrbeauftragten des Bundestages, Reinhold Robbe, in der Jüdischen Allgemeinen. Er meint hier, dass „bereits die bislang vom Verteidigungsministerium bestätigten Fakten [ausreichen], um festzustellen, dass die geschilderten Rituale und Geschmacklosigkeiten unvereinbar mit den Prinzipien des Staatsbürgers in Uniform und der Inneren Führung sind“. „[W]enn sich die Nazi-Entgleisungen bestätigen sollten“, so Robbe, „hätte das KSK ein richtig großes Problem“. In diesem Zusammenhang erinnert er auch daran, dass „vor 15 Jahren … der KSK-General Reinhard Günzel aus der Bundeswehr entlassen [wurde], weil ihm zur Last gelegt wurde, mit Rechtsradikalen zu sympathisieren.“

Erstaunlich aber ist, dass Robbe sich „erstaunt“ gibt, dass gerade das KSK, das über „exzellent ausgebildete Soldaten mit einem sehr anspruchsvollen Fähigkeitsprofil“ verfüge und „als die Elitetruppe der Bundeswehr bezeichnet“ werde, solche Auswüchse zeige.

Ein anderer Zugang ergibt sich aus einem Bericht des MDR („Zeitreise: Wie rechts ist die Bundeswehr?“) über frühere Erkenntnisse zum Rechtsextremismus bei der Bundeswehr, der auf eine Studie der Bundeswehr aus den frühen 1990er Jahren verweist, die warnte, „dass die neue Hin- und Rückwendung zu vordergründig militärstrategischen Konzeptionen problematisch sei, da sie eine besonders unter Offizieren ohnehin vorhandene Tendenz zur Absonderung, zur Vorstellung einer vom Rest der Gesellschaft getrennten Parallelgesellschaft Militär befördere. Tatsächlich sei „die Führungsebene der Bundeswehr alles andere als ein Spiegelbild der bundesrepublikanischen Gesellschaft“.

Mein Fazit:

Ich lehne Aufrüstung, Waffenexporte und Auslandseinsätze der Bundeswehr ab. Der militärische Auftrag der Division Schnelle Kräfte (DSK) besteht darin, die Auslandseinsätze der Bundeswehr durchzuführen. Dass durch diese Einsätze die Welt sicherer wird, bezweifle ich. Seit der Krieg gegen den Terror 2001 ausgerufen wurde, wurde die Welt nicht sicherer, sondern unsicherer. Die Beispiele Afghanistan, Irak, Syrien und Mali belegen dies eindeutig.

Ich bringe den jungen Männern, die in Kriege geschickt werden, durchaus Wertschätzung, Respekt und Solidarität entgegen. So lange sie sich dies verdienen. Die politische Führung kritisiere ich scharf. Und für Aktionen, die ideell und verbal die Zivilbevölkerung auf die aktive Teilnahme an Kriegen einstimmen, habe ich keinerlei Verständnis.

Bürgerreporter:in:

Hajo Zeller aus Marburg

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