Leseprobe und Neuigkeiten zu meiner Biographie "eine Frau von Ost nach West"

ich habe schon einen Beitrag wegen meiner Biographie verfasst, aber es gibt Neuigkeiten, die ich Euch nicht vorenthalten möchte.
Es gab einen Verlagswechsel, und der hat sich wirklich gelohnt.
zum ersten die Bilder sind jetzt endlich angekommen, und das Interesse steigt, weil diese Biographie auch politisch sehr aktuell ist, obwohl ich sie vor ca. 1,5 Jahren schrieb.
Aber hier ist eine Leseprobe:
Leseprobe
Jetzt muss ich erst einmal weit ausholen, damit ihr versteht, warum wir 2003 nach
Hannover zogen. Denn es geschah auch in Schwedt ein Umbruch, aber leider in eine
zuerst negative Richtung, nicht nur politisch, arbeitstechnisch, sondern auch kulturell.
Das war aber nicht alles, wie ich jetzt erklären und beschreiben werde … Und um das
Ganze zu verstehen, muss man im Osten von Deutschland aufgewachsen sein.
In der DDR gab es für jeden Arbeit, ob er was gelernt hatte oder nicht, die meisten
hatten ja mindestens acht Jahre Schulausbildung hinter sich.
Auch waren die DDR-Bürger – oder jetzt Ost-Bürger genannt – hochqualifiziert, was
für viele jetzt ein Handicap im Beruf wurde. Für mich bedeutete das, dass ich irgendwo
in Frankfurt am Main oder in Hamburg hätte arbeiten müssen. Dies war aber leider mit
Kindern im Schulalter oder Kindergartenalter nicht möglich.
Es kam noch dicker: Jetzt nach der Wende, wo niemand wusste, wo er steht und was
er wirklich kann, kamen die sogenannten „Wessis“ und kauften alles für eine
symbolische DM auf. Alles was sie gut fanden, kauften sie auf – alles, was sie nicht
gut fanden, machten sie, wie nach dem Zweiten Weltkrieg, dem Erdboden gleich.
Wir, als ehemalige DDR-Bürger, ohne eigenes Land, ohne eigene politische Führung,
mussten erst einmal mit uns selbst klarkommen. Ich war ja mit meiner Familie wieder
zurück in Schwedt, aber dort gab es für mich keine Arbeit. Mein Mann teilte das gleiche
Schicksal, denn als Landmaschinen-Schlosser in der Stadt war es völlig sinnlos, eine
Arbeit zu finden. Wir wohnten zwar in einer Wohnung ohne Kohle-Ofen und mit
fließendem Wasser, aber zum Leben war nie viel da …
Sparen konnte man da auch nicht, außer man legte sich eine Versicherung zu, wo
auch mein beruflicher Weg ein kleines Stück ging: erst in der Hamburg-Mannheimer,
später in der grauen Eminenz – aber bei der AWG bei einem sehr berühmten Mann,
der heute mit Frau Verres verheiratet ist, war dann Schluss mit lustig.
„Arbeitslose sind die dritten Klasse der Gesellschaft“ war ein Satz, der mir im
Gedächtnis blieb. Das wollte ich auf keinen Fall, und bäumte mich auf, denn ab da
wusste ich, dass diese Wende und Währungsunion nur zu einem Zweck gemacht
worden war – und mein Feindbild war wieder da, der „stinkende Kapitalismus“, den
Karl Marx in seinem Kapital genauso beschrieben hatte.
Und jetzt sage ich mir: „Was macht man, wenn man frustrierte Langeweile hat?“
Entweder geht man raus und schlägt alles kurz und klein – oder, wie in Schwedt, man
schließt sich zu Gruppen zusammen, die genau so denken wie andere.
Jetzt braucht ihr nur noch eins und eins zusammenzuzählen … so wurde die „rechte
Szene“ nicht nur in Schwedt, sondern in Ostdeutschland überhaupt erst geboren.
Also hat das Buch, welches ich schreibe, ja doch noch aktuelle Themen im Angebot!
Ich sage das gerade jetzt bewusst, weil heute in den Medien darauf hingewiesen
wurde, dass die rechte Szene sehr stark sei.
Angeblich wusste niemand, dass sie so stark ist. Doch warum? Weil man die
ostdeutschen Menschen – so wie mich, wo ich jahrelang behütet aufgewachsen bin –
, einfach aus einem Land deportiert hat, ohne an die Folgen zu denken!
Und das ist nicht nur daher gesagt, denn genauso fühlten wir uns!
Nirgendwo angekommen, nirgendwo gebraucht, einfach vergessen!
Dieses Bild zeigte sich dann auch relativ schnell in Schwedt, denn schon Anfang der
90er Jahre wurde die Stadt ja direkt umgekrempelt. Die ersten Menschen zogen weg,
Wohnungen blieben leer, keine Kinder wurden mehr geboren, weil man aus
Unsicherheit es vorzog, abzuwarten.
(Aus: Eine Frau von Ost nach West von Britta Banowski)

Bürgerreporter:in:

Britta Banowski aus Schwedt/Oder

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