Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Geldsanktionen

Nachdem bisher – von Ausnahmen abgesehen – eine Vollstreckung von im Ausland verwirkten Bußgeldern in Deutschland nicht vorgesehen war, wurde nunmehr der Gesetzesentwurf des Bundesministeriums der Justiz zur Umsetzung des entsprechenden EU-Rahmenbeschlusses im Januar 2010 vom Bundeskabinett verabschiedet und wird nunmehr dem Bundesrat vorgelegt.
Das Umsetzungsgesetz wird zum 01.10.2010 in Kraft treten; der Termin wird aller Voraussicht nach auch eingehalten werden.

Dies bedeutet, dass ab 01.10.2010 Geldsanktionen, die aus Verkehrsverstößen im EU-Ausland resultieren, vollstreckt werden können, soweit die Buße mind. € 70,00 beträgt.
Nach jetzigem Stand wird für die Vollstreckung das Bundesamt für Justiz die zuständige Behörde sein.

Das Deutsche Recht kennt eine Verantwortlichkeit des Halters für Verstöße des – den Bußgeldbehörden unbekannt gebliebenen – Fahrers im fließenden Straßenverkehr nicht, so dass es in diesem Zusammenhang klärungsbedürftige Fragen im Rahmen der Vollstreckung geben wird.
Vor Bewilligung der Vollstreckung wird dem Betroffenen eine Anhörungsfrist von 2 Wochen zu gewähren sein.
Ein an sich zulässiges Vollstreckungshilfeersuchen eines EU-Mitgliedstaates kann abgelehnt werden, wenn der Betroffene im ausländischen Verfahren keine Gelegenheit hatte, einzuwenden, nicht für den Bußgeldverstoß verantwortlich zu sein.

Praxisrelevant ist dies vor allem bei Verstößen in den Niederlanden oder in Frankreich, die eine entsprechende Halterhaftung auch im fließenden Verkehr vorsehen.
In Belgien gibt es beispielsweise eine Tätervermutung zu Lasten des Halters, wenn der Fahrer nicht ermittelt werden kann.

Es ist also davon auszugehen, dass ausländische Sanktionen in Deutschland nicht zur Vollstreckung kommen, wenn der Betroffene gegen den Bescheid Einspruch eingelegt hat mit der Begründung, dass er nicht Fahrer gewesen ist und dieser Einspruch zurückgewiesen wurde.

In diesem Fall ist davon auszugehen, dass das Bundesministerium für Justiz die Vollstreckung ablehnt.

Wichtig ist, dass auch Verkehrsverstöße vollstreckt werden können, die vor dem Stichtag, also dem 01.10.2010 begangen wurden.
Voraussetzung ist, dass die ausländische Behörde ihre Entscheidung erst nach dem 30.09.2010 getroffen hat; hier wird es auf das Datum des Bußgeldbescheides ankommen. Gleiches gilt, falls im Tatortland über den Verstoß gerichtlich entschieden worden ist und diese Entscheidung nach dem 30.09.2010 rechtskräftig wird.

Da die Verfahrenszeiten im Ausland unter Umständen relativ lang sind, ist nicht ausgeschlossen, dass bei nunmehr begangenen Verkehrsverstößen der Bescheid erst nach dem 30.09.2010 erlassen und damit ggf. in Deutschland vollstreckbar wird.

Gerade in Italien, ein beliebtes Urlaubsland der Deutschen, kann zwischen Verkehrsverstoß und Erstellung des Bescheides geraume Zeit vergehen.
Auf das Vollstreckungsrisiko auch hinsichtlich derartiger Fälle ist also deutlich hinzuweisen.

Da der Rahmenbeschluss die Anwendung weiterer zwischenstaatlicher Übereinkommen nicht ausschließt, bleiben natürlich bereits bestehende Vollstreckungshilfeübereinkommen in Kraft; dies gilt insbesondere für Vollstreckung österreichischer und auch niederländischer Bußgeldbescheide.

Bzgl. Geldsanktionen aus Nicht-EU-Ländern ist eine Vollstreckung bis auf Weiteres nicht vorgesehen.

Soweit also Anhörungsschreiben, Bußgeldbescheide etc. aus dem Ausland eingehen, empfiehlt sich umgehende anwaltliche Beratung hinsichtlich der weiteren Vorgehensweise.

Bürgerreporter:in:

Greiner & Kollegen PartGmbB Rechtsanwälte aus Friedberg

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