150 Jahre Stadtpfarrkirche Friedberg
Auf den Spuren der Vorbilder für St. Jakob

Stadtpfarrei Friedberg/Bayern - 150 Jahre Stadtpfarrkirche St. Jakob -Jubiläumsfahrt  2024 - Gruppenfoto in der Basilika Sant‘Apollinare in Classe/Ravenna, von der die Anregungen zur künstlerischen Ausgestaltung der Stadtpfarrkirche genommen wurden.
Bildbearbeitung: FSeventfoto | Foto: Steffen Brühl
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  • Stadtpfarrei Friedberg/Bayern - 150 Jahre Stadtpfarrkirche St. Jakob -Jubiläumsfahrt 2024 - Gruppenfoto in der Basilika Sant‘Apollinare in Classe/Ravenna, von der die Anregungen zur künstlerischen Ausgestaltung der Stadtpfarrkirche genommen wurden.
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Gemeinsam mit ihrem Stadtpfarrer Steffen Brühl und Armin Rabl, der die historische Begleitung der Gruppe übernommen hatte, reisten 50 Mitglieder der Friedberger Stadtpfarrei im Rahmen des Jubiläumsjahres „150 Jahre neue Stadtpfarrkirche“  nach Italien, um die Beispielbauten für St. Jakob zu besuchen. Die Gruppe sollte mit überraschenden Erkenntnissen im Gepäck am Ende der fünftägigen Jubiläumsfahrt wieder nach Friedberg zurückkehren.

Der einstürzende Kirchturm zerstörte die damalige Friedberger Stadtpfarrkirche. Vor 150 Jahren bauten die Friedberger ihre Stadtpfarrkirche St. Jakob neu auf. Der königliche Architekt und Oberbaurat Karl Bernatz entwarf mit vielen Eindrücken aus seiner Studienreise durch Italien den Neubau. Es entstand eine für das Wittelsbacher Land völlig unübliche dreischiffige Säulenbasilika im italienisch-romanischen Stil, die bereits damals überregional für Aufsehen sorgte. Das äußere Erscheinungsbild ist eine Nachbildung der ehemaligen Abteikirche San Zeno Maggiore in Verona. Bei der Innengestaltung ließ sich Karl Bernatz von der Basilika Sant’Apollinare in Classe in Ravenna inspirieren.

Erster Halt in der Friedberger Partnergemeinde Völs am Schlern

Auf dem Weg nach Verona hielt die Reisegruppe zunächst in der Friedberger Partnergemeinde Völs am Schlern in Südtirol an. In diesem Jahr feiern beide Kommunen ihre 65-jährige Partnerschaft. Dem gedachte man auch im Gottesdienst in der Pfarrkirche der Erzpfarrei Mariä Himmelfahrt, an dem neben dem Vorsitzenden des Völser Partnerschaftskomitees Gregor Kompatscher auch die ehemalige zweite Bürgermeisterin von Völs, Maria Kritzinger Nössing und der stellvertretende Landrat des Wittelsbacher Landes Manfred Losinger mit seiner Frau Brigitte teilnahmen.

Verona: Frühchristlichen Zeugnisse und Shakespeares „Romeo und Julia“

Die historische Entwicklung der Stadt an der Etsch und die Erkundung frühchristlicher Zeugnisse waren informative Punkte im Besichtigungsprogramm der Friedberger Reisegruppe. Natürlich durfte ein Abstecher zu William Shakespeares berühmten Balkon der Julia nicht fehlen. Seine weltberühmte, fiktive Liebestragödie „Romeo und Julia“ hatte der Dichter in Verona angesiedelt.

Höhepunkt des Besuchs in der venetischen Stadt bildete dann die Basilika San Zeno Maggiore. Unverkennbar griff Bernatz bei seiner Gestaltung der Außenfassade der Friedberger Stadtpfarrkirche auf diese Basilika zurück. Das große Rosettenfenster (das in Friedberg ursprünglich auch ein Fenster war, bis es zugemauert wurde), der vorgelagerte Narthex, ein kleiner Säulenvorbau vor dem Eingang und natürlich der klassische, dreischiffig-basilikale Aufbau des Kirchengebäudes sprechen dafür. Auch die typische zweifarbige Bänderung, die St. Jakob so besonders macht, fanden die Reisenden aus Friedberg an San Zeno - aber auch an vielen anderen historischen Gebäuden der Stadt wieder.

Modell für den Kirchturm St. Jakob: Kirche Sant’Anastasia

Beim Rundgang durch die Stadt bemerkten die Reiseteilnehmer, dass mit ziemlicher Sicherheit der Turm einer anderen Veroneser Kirche für Friedberg Modell gestanden haben muss: Der Kirchturm der Kirche Sant’Anastasia gleicht dem Friedberger unübersehbar. So müssen jetzt die Kirchenführer der Stadtpfarrkirche nun umgeschrieben werden, denn diese Entdeckung sollte Erwähnung finden.

Über Bologna nach Ravenna

Über Bologna, der ältesten Universitätsstadt Europas mit ihren bezaubernden Gassen und Arkaden sowie der wechselhaften Geschichte, ging es weiter nach Ravenna. Die Reisegruppe besuchte das Grabmal Theoderichs des Großen und das Mausoleum seiner Tochter Galla Placidia sowie die Basilika des heiligen Vitalis.

Für die Friedberger Spurensuche erwies sich aber eine andere Kirche in Ravenna als wesentlich aufschlussreicher. Die Innengestaltung der Basilika San Francesco, die um das Jahr 1000 ihre jetzige Gestalt bekam, erinnerte so stark an die heutige Jakobskirche, dass einige der Friedberger Reisenden diese Kirche „unsere ältere Schwester“ nannten. Die Schlichtheit des Raumes, die dreischiffige, durch Säulenreihen getrennte Anordnung mit unterschiedlichen Deckenhöhen, der erhöhte Chorraum und die östliche Apsis finden sich in beiden Kirchen wieder. Wer San Francesco in Ravenna betritt, fühlt sich als Friedberger sofort zuhause.

Basilika Sant’Apollinare: Modell für Friedbergs Stadtpfarrkirche St. Jakob

Karl Bernatz nahm an dieser etwas außerhalb gelegenen, prächtigen und beeindruckenden frühchristlichen Kirche Modell für das stimmige Innere von St. Jakob. Wie die Friedberger Schwester besteht die Basilika Sant‘ Apollinare aus drei Schiffen, die durch zwei Säulenreihen voneinander getrennt sind. Die langgestreckte Kirche ist – wie in der Spätantike üblich – nicht gewölbt, sondern mit einem hölzernen Dachstuhl gedeckt. Die ursprüngliche Kassettendecke ist hier nicht mehr erhalten, anders als in Friedberg. Der Chorraum beider Kirchen ist über eine breite Treppe zu erreichen. Während in Sant‘Apollinare die bildlichen Darstellungen als Mosaike ausgeführt wurden, fertigte der Künstler und Kirchenmaler Ferdinand Wagner für die Friedberger Stadtpfarrkirche Fresken an. Auch die Motive gleichen sich nicht, obwohl in beiden Kirchen der jeweilige Stadtpatron hervorgehoben wird.

Zurück nach Friedberg mit Halt in Bozen

Nach fünf Tagen intensiven Studierens von Geschichte, Architektur, Kunst und Glaubenszusammenhängen machte sich die Friedberger Reisegruppe mit einem Zwischenhalt in Bozen auf den Weg zurück ins Wittelsbacher Land. Die tragende Gemeinschaft der vergangenen Tage, die lebhaften Gottesdienste, in den historischen Kirchen und das sonnig-warme Wetter während der Reise haben bei allen Teilnehmern tiefe Eindrücke hinterlassen.

Neue Erkenntnisse zur Friedberger Stadtpfarrkirche St. Jakob

Zwei neue Erkenntnisse zur Friedberger Stadtpfarrkirche St. Jakob hat diese Fahrt ergeben: Zum einen, dass der Turm der Stadtpfarrkirche eher Sant‘ Anastasia nachempfunden wurde, zum anderen, dass San Francesco für die architektonische Innengestaltung von St. Jakob viel eher Beispiel gebend gewesen sein musste, während Sant’ Apollinare in Classe für die künstlerische Ausgestaltung die Anregungen gab.

So schlugen die Friedberger vor 150 Jahren beim Neubau ihrer Kirche einen großen Bogen bis in die frühchristliche Zeit und überraschten damals mitten im altbairischen Land mit etwas italienischem Flair.

Die Stadtpfarrkirche St. Jakob trägt in alten Aufzeichnungen die gleiche Bezeichnung, wie ihre italienischen Vorbilder, nämlich „Basilika“. Die Teilnehmenden der Reise konnten erfahren, dass sie dies zurecht tut, und sie verdient das Lob des Kunsthistorikers Hyacinth Holland, der 1902 über die Basilika St. Jakob schrieb: Sie sei „ein ganz originelles, im italienisch-romanischen Stile gehaltenes, vielgerühmtes Kunstwerk, welches Ferdinand Wagner mit seinem berühmt gewordenen Freskencyclus schmückte.“

Information:
Text: Stadtpfarrer Steffen Brühl ,SAC - Textbearbeitung; Franz Scherer
Fotos: Originale: Stadtpfarrei Friedberg/Bayern,  Bildbearbeitung: FSeventfoto
Stadtpfarrei St. Jakob Friedberg/Bayern

Bürgerreporter:in:

Franz Scherer aus Friedberg

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